Gesundheitspolitik

Saarland: Versorgungslücke bei Inkontinenzartikeln

Apotheken springen ein

SAARBRÜCKEN (av/diz). Seit 1. Februar 2008 besteht eine Versorgungslücke mit Inkontinenzartikeln im Saarland. Die Barmer Ersatzkasse hatte entsprechend § 127 Abs. 1 SGB V die Lieferung dieser Hilfsmittel ausgeschrieben. Doch aufgrund rechtlicher Bedenken von dritter Seite konnte bisher noch kein Zuschlag erfolgen. Die Folge: Apotheken dürfen die Barmer-Versicherten nicht mehr mit Inkontinenzartikeln beliefern. Dennoch haben sich die Apotheken im Sinne ihrer Versicherten bereit erklärt, vorerst weiter die Windeln zu liefern.

Seit dem zum 1. April 2007 in Kraft getretenen Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) sollen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln ausschreiben. Folge einer solchen Ausschreibung ist, dass nur noch der Ausschreibungsgewinner die Versicherten beliefern darf. Dritte, damit auch Apotheken, sind dazu dann nicht mehr berechtigt, wenn diese die Ausschreibung nicht gewinnen. Die Barmer Ersatzkasse hat nunmehr bundesweit die Versorgung ihrer Versicherten u. a. mit aufsaugenden Inkontinenzartikeln (insbesondere Windeln für ältere Mitmenschen) zum 1. Februar 2008 ausgeschrieben und den mit dem Apothekerverein bestehenden Hilfsmittellieferungsvertrag gekündigt. Das bedeutet, dass ab dem 1. Februar 2008 keine Verordnungen mehr für Inkontinenzartikel in den saarländischen Apotheken angenommen und mit dieser Krankenkasse abgerechnet werden können.

Mittlerweile hat die Barmer darüber informiert, dass u. a. im Saarland ein Zuschlag für die durchgeführte Ausschreibung nicht erfolgen konnte, da gegen die erfolgte Ausschreibung von dritter Seite rechtliche Bedenken geltend gemacht worden sind. Dies hat wiederum zur Folge, dass aufgrund der Kündigung des Hilfsmittellieferungsvertrages mit den Apothekerverbänden die Apotheken die Versicherten dieser Krankenkasse nicht mehr auf Kosten der Krankenkasse mit Inkontinenzartikeln beliefern dürfen. Die Versorgung der Versicherten kann aber auch nicht durch den Ausschreibungsgewinner erfolgen, da der Zuschlag nicht erteilt werden konnte.

Apotheker springen ein

Um diese unhaltbaren Zustände für die Barmer-Versicherten zu mildern, haben sich die saarländischen Apothekerinnen und Apotheker trotz des gekündigten Vertragsverhältnisses bereit erklärt, die Versorgung dieser Versicherten u. a. mit Inkontinenzartikeln zumindest übergangsweise weiter fortzuführen. In einer Anzeige in der "Bild"-Zeitung Saarland machen sie auf diese Versorgungslücke bei der Belieferung mit Hilfsmitteln aufmerksam – ohne jedoch die Kasse namentlich zu nennen – und stellen die Leistung der Apotheken heraus ("Ohne die Apotheke vor Ort geht es nicht!").

Mit dieser besonderen Leistung der Apotheken wird verhindert, dass insbesondere finanzschwache Versicherte von heute auf morgen ohne Inkontinenzartikel dastehen bzw. in Vorleistung treten müssten.

Der Deutsche Apothekerverband und die Barmer haben sich mittlerweile darauf verständigt, dass bis zur endgültigen Zuschlagserteilung an die Ausschreibungsgewinner die saarländischen Apotheken weiterhin lieferberechtigt sind. Es sollen weiterhin die bundesweiten Festbeträge für aufsaugende Inkontinenzartikel gelten.

Wie die Präsidentin des Saarländischen Apothekervereins, Claudia Berger, und der Geschäftsführer der Apothekerkammer des Saarlandes Carsten Wohlfeil, in einem Rundfax deutlich machen, ist der Anknüpfungspunkt der Kritik nicht die Ausschreibung der Barmer Ersatzkasse per se, sondern vielmehr die gesetzliche Ausgestaltung in § 127 Abs. 1 SGB V. Bei der Ausschreibung handelt es sich um einen gesetzlichen Auftrag an die Krankenkassen, den diese zu erfüllen haben.

Die Politik wurde auf diese sich abzeichnenden unhaltbaren Zustände bereits im Vorfeld zu den entsprechenden gesetzlichen Änderungen immer wieder hingewiesen. Claudia Berger: "Die Politik muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass man es im Gesundheitswesen insbesondere mit kranken und älteren Menschen zu tun hat, deren Versorgung nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf."

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