Kooperationen statt Ketten

FRANKFURT (diz). Die Pharmagroßhandlung Andreae-Noris Zahn AG (Anzag) gehört definitiv nicht zu den Großhandelsunternehmen, die an der Bildung von Apothekenketten interessiert sind. Dies machte Anzag-Chef Dr. Thomas Trümper in seinem Statement auf der Bilanzpressekonferenz am 27. November 2008 in Frankfurt deutlich. Mit Blick auf die Zahlen musste er berichten, dass sich die Ertragssituation für den Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr weiter verschlechtert hat. Dennoch habe die Anzag die Marktposition halten können. Für das seit September laufende neue Geschäftsjahr hat Trümper jedoch optimistische Prognosen: er erwartet für die Anzag ein Marktwachstum von 4%.
Anzag setzt auf Partnerschaft mit selbstständigen Apotheken

"Unsere Ausrichtung und damit unser Erfolg basieren auf der langjährigen und vertrauensvollen Partnerschaft mit der selbstständigen Apotheke – jetzt und in Zukunft", betonte der Vorstandsvorsitzende. Daher ist die Anzag nicht an Apothekenketten interessiert. Unabhängig von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs setzt das Frankfurter Großhandelsunternehmen auf moderne Kooperationssysteme, bei denen die Partner ihre unternehmerische Eigenständigkeit nicht aufgeben müssen. So sind bei der Anzag-Kooperation "vivesco" die Apotheker als Gesellschafter nicht nur am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt, sondern können auch bei Entscheidungen mitreden. Trümper: "Wir sind fest vom langfristigen Erfolg der selbstständigen Apotheke überzeugt." Was passieren könne, wenn funktionierende Systeme unter dem Deckmantel der Liberalisierung im Interesse rücksichtslosen, kurzfristigen Gewinnstrebens ausgehöhlt würden, führe gerade die weltweite Finanzkrise vor Augen.

Als wesentliche Herausforderung an den pharmazeutischen Großhandel in Deutschland sieht Trümper die zunehmenden Direktbelieferungen durch die Hersteller (Einführung von Exklusivvertriebsmodellen, Direct-to-pharmacy-Distribution – DTP), insbesondere bei margenstarken Spezialpräparaten. Der Hersteller arbeitet hier exklusiv nur noch mit einem Distributeur zusammen. Dieses DTP-Geschäft habe weiter zugenommen und nehme inzwischen fast 17% vom Gesamtmarkt ein. "Mit dem heutigen System der Distributionsvergütung in Deutschland ist DTP schlicht nicht zu vereinbaren", machte der Anzag-Chef deutlich. Die Arzneimittelpreisverordnung für den Großhandel beruht auf dem Prinzip der Mischkalkulation. Der Großhandel ist daher darauf angewiesen, das gesamte Spektrum an Arzneimitteln zu liefern, nicht nur die billigen. Auch die Apotheke würde unter einer weiteren Zunahme von DTP leiden, wenn sie Bestellungen einzeln an verschiedene Hersteller aufgeben müsste. Vor diesem Hintergrund fordere der Großhandel, so Trümper, dass der Gesetzgeber eine neue vom Großhandelsverband vorgeschlagene Vergütungsstruktur umsetzt (93 Cent pro Packung und einen prozentualen Höchstzuschlag von 3% auf den Herstellerabgabepreis). Auf Nachfrage ließ Trümper wissen: Die beiden dafür zuständigen Ministerien (Gesundheits- und Wirtschaftsministerium) seien überzeugt, dass man die heutigen Funktionen des Arzneimittelgroßhandels unterstützen müsse. Er habe gute Hoffnung, dass man hier etwas ändern werde, um die Strukturen zu erhalten. Die Frage, wann und inwieweit die Ministerien auf die Wünsche eingingen, musste Trümper allerdings offen lassen.

Die Anzag hat im Geschäftsjahr 2008 (1. September 2007 bis 31. August 2008) ihren Konzernumsatz gegenüber dem Vorjahr um 3,5% auf 3,8 Mrd. Euro verbessert. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) im Konzern ist jedoch von 30,9 Mio. Euro aufgrund einmaliger Sondereffekte auf 10,9 Mio. Euro gesunken. Die Bruttoerlöse der Auslandsbeteiligungen (in Kroatien und Rumänien) nahmen um mehr als 13% zu – das konnte den Erlösrückgang in Deutschland jedoch nicht kompensieren. Das angestrebte Ergebnis konnte nicht erreicht werden.

Negativ wirkten sich die sinkenden Arzneimittelpreise in wesentlichen Sortimentsbereichen unmittelbar auf die Erträge im pharmazeutischen Großhandel aus. Gleichzeitig habe der Großhandel steigende Aufwände bei Lagerhaltung und Vertrieb zu verzeichnen. Auch sei der Konditionenwettbewerb im Markt weiterhin intensiv.

Trotz des schwierigen Umfelds sei es der Anzag allerdings gelungen, ihre Position im Markt zu behaupten. Als wesentliche Bausteine hierfür sieht der Anzag-Chef das hochwertige Kundenmanagement der Anzag, die klare Positionierung als Partner der selbstständigen Apotheken und innovative Marktlösungen wie beispielsweise das Kooperationsmodell "vivesco".

Das Ergebnis je Aktie beträgt 0,68 Euro nach 3,44 Euro im Vorjahr. Vorstand und Aufsichtsrat der Anzag werden der Hauptversammlung am 17. Februar 2009 vorschlagen, eine Dividende von 1,10 Euro je Stückaktie auszuschütten.

Die Mitarbeiterzahl im Konzern erhöhte sich im Jahresmittel von 2439 um 1,8% auf 2484. In Deutschland blieb sie mit + 0,3% nahezu konstant.

Für das laufende Geschäftsjahr zeigte sich Trümper allerdings optimistisch. Die Anzag erwarte ein Marktwachstum von 4%, der Umsatz im Konzern soll auf 4 Mrd. Euro steigen. .

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.