Rabatte: Wirbel um "Global Apo"

Berlin (ks). Knapp 30 deutsche Apotheker sollen über eine "Tarnfirma" in Österreich Extra-Gelder von Pharmaunternehmen erhalten haben. Wie das Magazin "Stern" letzte Woche berichtete, riefen im Jahr 2006 einige Großapotheker mit einem Mindest-Jahresumsatz von 1,5 Mio. Euro in Wien die Genossenschaft "Global Apo" ins Leben. Mithilfe dieser Konstruktion hätten sich die Genossen die in Deutschland seit 2006 verbotenen Naturalrabatte von Pharmaherstellern über Rückvergütungen zurückgeholt. Global-Apo Chef Werner Gajewski wies den Vorwurf zurück, es handle sich um eine "Tarnfirma". Zwar sei es ein "quergedachtes" Geschäftsmodell, jedoch "rechtlich ohne Fehl und Tadel", sagte er der AZ.

Gesundheitsministerium und ABDA wollen österreichische Genossenschaft genau prüfen

"Stern"-Autor Markus Grill – bekannt durch die Enthüllung des "Ratiopharm-Skandals" – stützt seinen Bericht auf interne Dokumente und Verträge. Diese belegten, dass die "Genossen" über Global Apo in Wien Medikamente bestellen. Diese Aufträge würden sofort an den Stuttgarter Großhändler Gehe weitergeleitet, der die Apotheken dann direkt beliefert. Die Apotheker bezahlten ihre Ware bei Global Apo, die Rückvergütung der Pharmafirmen erhielten sie wiederum über die Wiener Genossenschaft in Form einer jährlichen Ausschüttung. Hinter der Genossenschaft stecken in der Apothekerszene wohlbekannte Gesichter. Neben Gajewski, Gründer des Gehe-nahen Bundesverbandes der innovativen inhabergeführten Serviceapotheken (ISA) und DocMorris-Apotheker, sind Karl-Rudolf Mattenklotz, ehemals Präsident der Apothekerkammer Nordrhein und Beirat der Apothekenkooperation Parmapharm, der frühere Sprecher der Apotheker in Nordrhein, Georg Kuchler, sowie der ehemalige Parmapharm-Beirat Tobias Loder mit von der Partie.

Dem "Stern" zufolge existierten Verträge zwischen Global Apo und den Pharmaunternehmen Betapharm, Merck Pharma, Mylan dura und Axicorp. Demnach erhielt die österreichische Genossenschaft etwa von Betapharm eine Rückvergütung in Höhe von bis zu 27,5 Prozent je nach Umsatzsteigerung der bestellten Arzneimittel. Mylan dura habe eine Rückzahlung in Höhe von bis zu 30 Prozent der zuvor bestellten Rezept-Arzneimittel gewährt. Mittlerweile seien die Verträge bzw. die Zusammenarbeit der Unternehmen mit Global Apo jedoch beendet, heißt es im "Stern"-Bericht. AxiCorp dementierte umgehend, dass es jemals eine Geschäftsbeziehung mit Global Apo gegeben habe. Ein 2006 von Global Apo und AxiCorp ausgehandelter und unterzeichneter Kooperationsvertrag sei nach einer juristischen Überprüfung nie zur Ausführung gelangt. Das Unternehmen räumte zwar ein, dass im März 2008 die Summe von 10.000 Euro an Global Apo geflossen sei – dies sei jedoch im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs geschehen, der in keinem Zusammenhang mit vertraglichen Leistungen gestanden habe.

Die Fleißigen belohnen

Auch Gajewski bestätigte gegenüber der AZ, dass die im "Stern" zitierten Verträge nie gelebt wurden oder spätestens Anfang 2008 ausgelaufen sind. Allerdings habe Global Apo auch heute noch Industriepartner. Die Verträge sähen heute jedoch anders aus. Global Apo biete den Unternehmen verschiedene Dienstleistungen, etwa Marketing- oder Wettbewerbsanalysen. Die hieraus resultierenden Erträge würden in Wien vereinnahmt und einmal jährlich an die Mitglieder der Genossenschaft ausgeschüttet. Gajewski betonte, dass man mit der Entscheidung, den Sitz der Genossenschaft nach Österreich zu legen, nicht an Umgehungen deutschen Rechts dachte – schon gar nicht handle es sich bei Global Apo um eine Tarnfirma. Vielmehr sei die österreichische Genossenschaft ein ganz offiziell zugelassener Großhandel, beschränkt auf den Bürobetrieb. Nachdem die Apotheker in Deutschland zuletzt durch die Rabattverbote in wirtschaftliche Bedrängnis gebracht wurden, habe man geprüft, wo sich für engagierte Apotheker am meisten erreichen lasse, erläuterte Gajewski. Die Wahl sei auf Österreich gefallen, da hier nicht nur deutsch gesprochen werde, sondern es überdies möglich sei, in der genossenschaftlichen Satzung festzuschreiben, dass "der Fleißige belohnt wird". In Deutschland sei eine derartige Verknüpfung wirtschaftlichen Engagements mit dem Geschäftsanteil an der Genossenschaft nicht möglich. Der Apotheker aus dem münsterländischen Steinfurt setzt auch für die Zukunft auf das Global Apo-Konzept. Er plant, sich europäisch aufzustellen. So bahne sich bereits eine Zusammenarbeit mit skandinavischen und holländischen Apotheken an.

Gehe: alles ganz normal

Auch bei der Celesio-Tochter Gehe hält man die Aufregung für unangebracht: Man unterhalte mit Global Apo eine "ganz normale Geschäftsbeziehung", sagte ein Sprecher gegenüber der AZ. Dazu würden Standard-Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, wie sie bei Kooperationen üblich seien. Auch administrative oder technische Dienstleistungen gehörten dazu. So ist das mit zwei Mitarbeitern besetzte Büro von Global Apo am Wiener Firmensitz des österreichischen Pharmagroßhändlers und -dienstleisters Herba Chemosan, der ebenfalls zum Celesio-Konzern gehört, untergebracht.

Fall für den Staatsanwalt?

Im Bundesgesundheitsministerium sieht man die Angelegenheit kritischer. "Auf den ersten Blick ist das eine Sache für die Staatsanwaltschaft", sagte BMG-Sprecher Klaus Vater der AZ. Es bestehe der Eindruck, dass gegen den im Arzneimittelgesetz vorgeschriebenen einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers sowie das im Heilmittelwerbegesetz geregelte Naturalrabatt-Verbot verstoßen wird. Dies müsse nun genau geprüft werden. Bei der ABDA will man den Fall ebenfalls sorgfältig prüfen. Denn auch auf die Standesorganisation macht Global Apo einen "zutiefst unseriösen Eindruck", erklärte Sprecher Thomas Bellartz. Sollte sich zeigen, dass das Modell tatsächlich nicht legal ist, werde man hiergegen vorgehen.

Auf Distanz zu Global Apo geht man auch bei Parmapharm. Aufsichtsrat und Geschäftsführung der Kooperation distanzierten sich "mit Nachdruck von jeglichen Handlungen und Aktivitäten, die im Verdacht stehen, gegen bestehende gesetzliche Regelungen wie das AVWG zu verstoßen". Die Parmapharm habe vereinzelten Angeboten, ähnliche rechtlich bedenkliche Konstrukte in ihr Leistungsportfolio aufzunehmen, sehr deutlich eine Absage erteilt. Individuelle Aktivitäten, die einzelne ehemalige bzw. aktuelle Parmapharm Gesellschafter als selbstständige Unternehmer unternehmen, lägen jedoch nicht im Einflussbereich der Kooperation..

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.