DAX: Pessimisten und Optimisten im Schlagabtausch

(hps). Die Amerikaner ringen um Unterstützung ihrer Automobilindustrie, die Konsumenten treten kürzer und vom Häusermarkt kommen ebenfalls keine guten Nachrichten. Das ruft die Bären auf den Plan und führt unweigerlich zu einem neuerlichen Ausloten der bisherigen Tiefstände an den Börsen dies- und jenseits des Atlantiks. Die Grundvoraussetzung für eine Wende zum Besseren.
An den Börsen steht nun der Test der Jahrestiefstände an

Die Berichtssaison ist zu Ende und das Parkett richtet den Blick verstärkt wieder auf die Konjunkturdaten. Müßig zu erwähnen, dass aus dieser Richtung derzeit nichts Gutes kommen kann. Auf dem Weltfinanzgipfel wurden auch keine konkreten Aktionen beschlossen. Ansonsten mangelt es an Impulsen. Die Investoren hätten das Börsenjahr 2008 im Geiste bereits abgehakt, so ist mitunter zu hören. Aus der Gesamtwirtschaft kommen indes widersprüchliche Signale. Nach Einschätzung der japanischen Nomura Bank ist die Finanzkrise bereits ausgestanden und der Geldverleih unter den Banken

funktioniert wieder. Dagegen warnt die Bank of America vor steigenden Ausfällen im Kreditkartengeschäft. Eine Stabilisierung von US-Häusermarkt und Wirtschaft erwarten die Amerikaner frühestens Mitte nächsten Jahres. Auch an der Unternehmensfront wechseln sich Licht und Schatten ab. Während Hewlett Packard hervorragende Zahlen lieferte und optimistisch nach vorne blickt, reduzierte die hiesige BASF überraschend ihre Gewinnprognose ein weiteres Mal und sorgte zuletzt für einen kräftigen Dämpfer an der Börse.

Die Woche aus der Sicht der Analysten

Weiter abwärts soll es gehen, die andauernde Rezession und die schlechten Unternehmensergebnisse ließen keine andere Richtung zu. Diese Ansicht vertritt das Gros der Analysten. Vor diesem Hintergrund bleiben beispielsweise die Experten der SEB und der Landesbank Berlin im Bärenlager. Auch die Strategen der M.M.Warburg erwarten einen weiteren Abschwung und geben 4200 DAX-Punkte als Kursziel aus, wobei sie allerdings eine Bärenmarktrallye bis auf 5300 Punkte nicht ausschließen wollen. Die Analysten der Bremer Landesbank gehören unterdessen zu den wenigen, die leicht positiv gestimmt sind und dem DAX den Sprung über die 5000er-Marke zutrauen. Als Grund führen sie die günstigen Kurse und das Ende der Berichtssaison an, womit für die Märkte ein Belastungsfaktor wegfiele. Auch die Weberbank hält eine "kurzfristige scharfe Gegenreaktion" aufgrund des vorangegangenen Ausverkaufs für möglich. Eine ganz andere Rechnung macht die Cominvest auf. Hier vermuten die Experten, dass die schlechten Nachrichten in den Kursen schon weitgehend eingepreist sind und die Aktienmärkte bereits im Verlauf des späten Winterhalbjahres eine nachhaltige Konjunkturerholung vorwegnehmen werden. Die Charttechniker sehen für den DAX den Weg nach oben mit Widerständen nur so gepflastert: 4900 Punkte, dann 5070 und 5380 DAX-Punkte – Zonen, bei denen die Gilde mit einer verstärkten Abgabebereitschaft rechnet. Erst mit Überspringen der 6100er Marke sei der Abwärtskanal überwunden und der Weg nach oben frei.

Aktien im Fokus

Das Engagement wurde weiter ausgebaut: Zum Eröffnungskurs am Donnerstag (20. November) wurden ThyssenKrupp erworben. Das DAX-Potenzial insgesamt ist nach wie vor zwischen 5500 und knapp 6000 Punkte anzusiedeln. DAX am 19. November (Schluss): 4342 Punkte..

Aktiezum KursTipp vomKurs aktuellVeränderung in %StrategieInfineon 5,446.8. 6,10+ 12%Verkauft 27.8.SAP 34,4017.7. 38,07+ 11%Verkauft 27.8.Lufthansa 14,159.7. 15,45+ 9%Verkauft 3.9.Daimler 39,1517.7. 42,05+ 7%Verkauft 3.9.Adidas 38,802.7. 39,39+ 2%Verkauft 24.9.Bayer 55,446.8. 54,20– 2%Verkauft 24.9.Commerzbank 9,968.10. 11,00+ 10%Verkauft 9.10.ThyssenKrupp 16,308.10. 18,00+ 10%Verkauft 13.10.Linde 61,2316.10. 67,50+ 10%Verkauft 3.11.TUI 14,709.7. 10,59- 28%Verkauft 5.11.Infineon 2,4630.10. 2,87+ 17%Verkauft 5.11.Commerzbank 18,852.7.6,05- 67%KaufenAllianz 108,802.7. 51,00– 53%KaufenBASF 40,5517.7. 22,20- 45%HaltenThyssenKrupp 33,7023.7. 13,10– 60%KaufenBayer 44,3130.10. 38,50– 13%HaltenTelekom 11,8930.10. 10,90– 8%HaltenRWE 64,0030.10. 63,50- 1%Limit 70 EuroLinde 63,0513.11.58,20- 8%KaufenDeutsche Börse 58,1213.11.53,00- 9%KaufenAdidas 25,0713.11.22,50- 10%Kaufenzum Vergleich: DAX seit 2. 7.6305,00 4342,00- 31%

Aus der Sicht des Querdenkers

Die Situation scheint wenig ermutigend zu sein. Sie kann sich auch nicht anders darstellen, denn mit dem massiven Jobabbau und dem Konsumschwund werden jetzt erst die realwirtschaftlichen Konsequenzen aus der Kreditkrise sichtbar. Die Börsen sind diesen Ereignissen bereits vorausgeeilt, indem die Kurse in den letzten Wochen – gemessen an ihrem historischen Hoch – teilweise bis zu zwei Drittel an Wert verloren haben und damit großteils nur noch mit ihrem Substanzwert an den Märkten bewertet werden. Die schlechten Nachrichten sind also größtenteils eingepreist. Und während nun die einen noch von der ein oder anderen schlechten Nachricht aufgeschreckt werden und panisch verkaufen, rätseln andere bereits, wo denn der wirtschaftliche Wendepunkt liegen könnte. Die Grundregel lautet dabei: Die Börse dreht ca. sechs Monate vor der Wirtschaft bereits wieder nach oben – und damit zwingend mitten im Minenfeld der schlechten Nachrichten. Was der Risikobereitschaft nicht eben förderlich ist. Dennoch wäre es falsch, das Augenmerk auf den – zugegebenermaßen kläglichen – Ist-Zustand zu konzentrieren. Es sieht alles nach einer scharfen, dafür aber eher kürzeren Rezession aus, die nach Meinung vieler Experten nach dem zweiten Quartal 2009 wieder abklingen dürfte. Auch ist es für Anleger wenig hilfreich, bereits heute nach einem stichhaltigen Grund für eine Trendwende zu suchen. Die Börse hat hierfür noch nie einen Grund gebraucht. Meistens reicht schon das Überwinden von charttechnischen Hürden, um Anschlussorders auszulösen, weil am Ende kein institutioneller Investor sich von seinen Anlegern vorhalten lassen will, er habe die Aufwärtsbewegung verschlafen. Eine Zwischenrallye liegt in der Luft, aber man wird schon bald nach der ersten Erholung die Spreu vom Weizen trennen. Autoaktien und Einzelhändler haben ihren Charme vorerst verloren – Hilfspakete hin oder her. Hersteller von Investitionsgütern und Pharma werden wohl in der Anlegergunst vorne liegen. Und auch die Banken, die derzeitigen Prügelknaben Nr. 1, dürften einiges an verlorenem Terrain wieder gut machen. Der Tragödie letzter Teil ist angebrochen, auch wenn die Bären ihren Auftritt noch ein wenig überziehen. Wer länger im Rampenlicht steht, weiß ja meistens nicht, wann es Zeit ist zu gehen.
Peter Spermann
Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.

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