DAX: Crash

(hps). Das Übergreifen der amerikanischen Finanzkrise auf europäische Geldinstitute sowie schlechte Nachrichten von der Unternehmensfront – das war zuviel für die Anleger. Die Weltbörsen rutschten ab. Gute Nachrichten scheinen derzeit Mangelware zu sein. Am Parkett will man sie derzeit auch gar nicht hören.
Börsianer suchen Schutz bei Staatsanleihen

Das US-Rettungspaket wurde abgesegnet, das hatten die Marktteilnehmer auch erwartet. Kein Wunder also, dass sich das Augenmerk der Anleger sofort auf die anderen Krisenpunkte verlagerte. Da sind einmal die schlechten US-Arbeitsmarktzahlen. Und dann natürlich die Probleme im europäischen Bankensektor sowie die anstehende Berichtssaison zum 3. Quartal. Für die Quartalsberichte wird allgemein nichts Gutes erwartet, weil die bisherigen Konsensprognosen als zu hoch angesehen werden. In diese Richtung deuten auch die bereits veröffentlichten Zahlen von Bank of America und ALCOA, die beide deutlich unter den Erwartungen lagen. Die Angst vor einer Rezession und den damit verbundenen rückläufigen Unternehmensgewinnen sitzt tief. Zudem wird der Fall unter die 10.000 Punkte-Marke beim Dow Jones von vielen als Bärenmarkt gewertet. Die Nerven der Akteure liegen blank. Selbst die globale Zinssenkungsaktion verpufft an den Märkten wirkungslos.

Aus der Perspektive der Analysten

Experten der Landesbank Berlin sehen beim DAX derzeit kein Anzeichen für eine Bodenbildung oder gar eine Trendwende, da sich die Finanzkrise mehr und mehr auch auf europäische Geldinstitute auszuweiten scheint. Die DZ Bank wird da konkreter: 4000 Punkte im DAX, sollte es in Deutschland zu einer Rezession kommen. Das mittelfristige Votum der Analysten von der Commerzbank lautet immerhin 6000 Punkte zum Jahresende. Sie gehen davon aus, dass der Aktienmarkt im Winter eine konjunkturelle Erholung vorwegnehmen werde. Das Bankhaus Ellwanger & Geiger aus Stuttgart sieht insbesondere Titel aus den Sektoren Pharma und Versorger bereits heute "nahe an Kaufkursen".

Aktien im Fokus

Sich anbahnende Krisen erkennen, Positionen rechtzeitig abbauen, Bares halten, eventuelle Kursverluste in der Korrektur reduzieren und möglichst nahe am Einstiegkurs abstoßen. So gesehen sind wir jetzt in der nächsten Phase: Kaufen. Aufgestockt werden zunächst Positionen bei Commerzbank und ThyssenKrupp, jeweils zum Schlusskurs des Handels am Mittwoch (8. Oktober). An einen nachhaltigen Aufschwung ist momentan freilich nicht zu denken. Deshalb werden diese Positionen sofort mit einem Verkaufslimit versehen, mit 10% Aufschlag auf den Einkaufspreis.

Es wird auch weiterhin an den Börsen hoch hergehen. Viele konnten bislang nicht verkaufen und werden bei den ersten nennenswerten Pluszeichen Positionen glattstellen. Insgesamt ist der Mark jetzt allerdings ausgebombt, ein paar DAX-Punkte hin oder her.

DAX am 8. Oktober (13.45 h): 5267 Punkte.

Der Fall SAP

Die Zeiten ändern sich. Und das manchmal blitzschnell. Noch am 15. September verkündete SAP-Vorstandsmitglied Brandt: "Ich sehe keinen strukturellen Grund, warum SAP nicht über die Jahre eine bereinigte operative Marge von 35 Prozent erreichen könnte." Und weiter: "Wir haben unseren Ausblick präzisiert: Wir gehen nun davon aus, den oberen Rand unserer Wachstumsprognose zu erreichen." Zu diesem Zeitpunkt notierte SAP bei 37,55 Euro. Die Anleger vertrauten dem SAP-Management und hielten an der Aktie fest, selbst als der DAX zu dieser Zeit bereits unterhalb der 6000 Punkte-Marke lag. Und die sogenannten "Experten" folgten wie Lemminge. Beispiele: 16. September: Credit Suisse setzt SAP auf "Outperform". 19. September: Merrill Lynch, das Bankhaus Hauck und Aufhäuser sowie Sal. Oppenheim setzen SAP auf "Buy" mit Kursziel 45 Euro. 25. September – die Zeitschrift "Der Aktionär" rät Anlegern zum Einstieg mit Kursziel 50 Euro. 30. September – Deutsche Bank setzt SAP auf "Buy" mit Kursziel 54 Euro. 2. Oktober: Experten von "Aktienservice Research geben eine Kaufempfehlung für SAP unter Hinweis auf die relative Stärke der Aktie. Dann, am 6. Oktober, kam die Gewinnwarnung von SAP. Dazu Vorstandssprecher Kagermann: "Leider konnte sich die SAP den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise dann aber nicht entziehen. Wir berichten daher heute Zahlen, die unter unseren Erwartungen liegen." "Abrupt und unerwartet" kam der Abschwung laut Herrn Kagermann. Die Aktie stürzte um rund 25% auf 26 Euro ab. Und was hört man nun von den Experten? Das Schweigen der Lämmer. Und an Herrn Kagermann gerichtet: Geradezu unglaublich, was in gut drei Wochen so alles passieren kann ….

Aus der Sicht des Querdenkers

Die vorsichtige Haltung in der letzten Woche erwies sich als richtig. Es war vorhersehbar, dass von dem Rettungspaket keinerlei positive Signale ausgehen werden. Mit dem letzten Ass, das die Regierung auszuspielen hatte, konnte sich gleichzeitig die ganze Aufmerksamkeit der Akteure auf den Schwelbrand richten, der von den anstehenden Quartalsberichten und der Bankenschieflage ausging. So weit, so gut.
Aber lassen Sie uns die Situation doch einmal nüchtern betrachten: Der Ölpreis liegt bei akzeptablen 90 Dollar, die Inflationsgefahr dürfte also mithin zu vernachlässigen sein. Zudem werden die Notenbanken jetzt die Geldschleusen weit öffnen müssen. Und das stärkste Argument: In China, dem Mittleren Osten und Russland gibt es nach wie vor eine unvorstellbare Menge an Geld. Und genau das unterscheidet diese Krise von allen vorangegangenen. Für diese Investoren aus dem Mittleren und Fernen Osten wäre es ein Leichtes, als Retter in der Not aufzutreten. Diese Volkswirtschaften boomen nach wie vor. Aber die Herrschaften werden sich natürlich nur die Filethäppchen aussuchen. Indes ist dieser ganze Unsinn vom "Tod des Finanzsystems" dilletantisch und lächerlich. Das Geld haben jetzt tatsächlich einfach nur andere. Ermutigend auch: Die US-Hypothekenzinsen sinken jetzt deutlich und die Käufe aus Zwangsvollstreckungen verzeichnen eine bemerkenswerte Zunahme. Natürlich ist eine nachhaltige Trendwende am Aktienmarkt derzeit noch nicht in Sicht. Aber schon alleine die jetzige Volatilität an den Börsen verspricht satte Gewinne. Und – bei allem Respekt vor den anstehenden Quartalszahlen – auf einem Kursniveau von 5000 DAX-Punkten dürfte der ein oder andere Patzer doch wohl schon eingepreist sein. Das Parkett watet im Blut. Sie sollten einsteigen.
Peter Spermann
Peter Spermann ist Dozent für Wirtschaftslehre und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Börse. In der AZ-Rubrik "Querdenker" vertritt er konsequent den Standpunkt des Antizyklikers.

MusterdepotAktiezum KursTipp vomKurs aktuellVeränderung in %StrategieInfinion 5,446.8.6,10+ 12%Verkauft 27.8.SAP 34,4017.7.38,07+ 11%Verkauft 27.8.Lufthansa 14,159.7.15,45+ 9%Verkauft 3.9.Daimler 39,1517.7.42,05+ 7%Verkauft 3.9.Adidas 38,802.7.39,39+ 2%Verkauft 24.9.Bayer 55,446.8.54,20– 2%Verkauft 24.9.Commerzbank 18,852.7.11,00– 20%KaufenAllianz 108,802.7.85,00– 21%HaltenTUI 14,709.7.10,13– 31%HaltenBASF 40,5517.7.29,50– 25%HaltenThyssenKrupp 33,7023.7.17,80– 47%Kaufenzum Vergleich: DAX seit 2. 7.6305,00 5267,00– 16%

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.