DAX am Scheideweg

(hps). Die Weltbörsen hoffen auf die erlösende Nachricht aus Washington. Die endgültige Freigabe des Rettungsplans soll für Erleichterung an den Finanzmärkten sorgen. Die Frage ist nur: Was passiert, wenn die US-Regierung ihren letzten Joker ausgespielt hat?

Die Börsianer warten immer noch auf den Rettungsplan

Lange Zeit vertrat man am Parkett die Auffassung, die Kreditkrise sei ein rein amerikanisches Problem, das die europäische Finanzwelt nur am Rande tangieren würde. Seit dem Kollaps der Hypo Real Estate, der niederländischen Fortis und der britischen Bradford&Bingley sehen sich die Anleger nun dieser Illusion beraubt. Die Kreditkrise scheint sich zunehmend in der Realwirtschaft niederzuschlagen. Somit stehen die aktuellen Gewinnschätzungen der Großunternehmen zur Disposition. Das würde indes das schlagkräftigste Argument der Optimisten, Aktien seien derzeit so günstig wie selten zuvor, zunichte machen. Alle Hoffnung richtete sich daher auf die US-Regierung und ihr 700-Milliarden-Paket. Doch die Amerikaner ließen mit ihrem Hin und Her um den Rettungsplan die Finanzwelt im Regen stehen. Gleichzeitig setzte sich unter den Anlegern die Ansicht durch, dass ein – wie auch immer geartetes – Hilfspaket nichts mehr gegen die Verlangsamung der Weltwirtschaft auszurichten vermag.

"Vom globalen Downturn zum globalen Aufschwung", so leuchtet die optimistische Überschrift einer jüngsten volkswirtschaftlichen Analyse von Goldman Sachs im nächtlichen Dunkel der Kreditkrise. Dagegen revidieren die ersten Experten bereits ihre Gewinnerwartungen für das 4. Quartal nach unten. Auch an die Prognosen für 2009 wird nun die Axt angelegt.

Experten der DZ-Bank freunden sich bereits mit 4500 DAX-Punkten an, falls es in Deutschland zu einer Rezession kommen sollte. Charttechniker sehen unterhalb von 5800 Punkten keine nennenswerten Unterstützungen mehr und orientieren sich jetzt an der runden Zahl von 5500 Punkten und an der 5200er Marke, wobei die Gilde der Chartanalysten den derzeitigen Zustand des Marktes als "Ausnahmesituation" bezeichnet, in der auf technische Unterstützungszonen kein Verlass mehr sei. Optimisten scheinen dieser Tage eine vom Aussterben bedrohte Art zu sein. Nur vereinzelt hoffen einige jetzt auf Zinssenkungen durch die EZB oder schöpfen Hoffnung aus der Tatsache, dass sich der DAX bislang noch relativ wacker geschlagen hat.

Adidas und Bayer wurden letzten Mittwoch zum Schlusskurs glattgestellt. Damit wurden knapp 60% des Depots rechtzeitig vor dem Niedergang an der Börse liquidiert. Die restlichen Positionen unterliegen einem sehr schwankungsfreudigen Handel. Die Situation sieht dramatischer aus, als sie tatsächlich ist. Commerzbank etwa dürfte durchaus für 50% Aufwärtspotenzial gut sein. Das Comeback bei den Finanzwerten dürfte allerdings weniger von dem Rettungsplan, als vielmehr von einer Stabilisierung am US-Immobilienmarkt abhängen. DAX am 1. Oktober (11.00 h): 5808 Punkte..

MusterdepotAktiezum KursTipp vomKurs aktuellVeränderung in %StrategieInfinion 5,446.8.6,10+ 12%Verkauft 27.8.SAP 34,4017.7.38,07+ 11%Verkauft 27.8.Lufthansa 14,159.7.15,45+ 9%Verkauft 3.9.Daimler 39,1517.7.42,05+ 7%Verkauft 3.9.Adidas 38,802.7.39,39+ 2%Verkauft 24.9.Bayer 55,446.8.54,20– 2%Verkauft 24.9.Commerzbank 18,852.7.11,00- 20%HaltenAllianz 108,802.7.96,00– 41%HaltenTUI 14,709.7.11,60– 21%HaltenBASF 40,5517.7.33,95– 16%HaltenThyssenKrupp 33,7023.7.21,40– 36%Haltenzum Vergleich: DAX seit 2. 7.6305,00 5808,00– 8%

Aus der Sicht des Querdenkers

Mit dem Rettungsplan der US-Regierung sollte an der Börse die Illusion verkauft werden, die Amerikaner könnten um die schmerzhafte, aber eben notwendige Lektion der Schuldentilgung herumkommen. "Dieser Plan sendet ein starkes Signal an die Märkte weltweit", tönte es noch am letzten Montag von Präsident Bush. Das eigentliche Problem scheint indes zu sein, dass es aufgrund der wirtschaftlichen Lage nun doch zu Rücknahmen bei den Gewinnschätzungen kommen wird. Und gegen fallende Gewinnaussichten will niemand anspekulieren. Anlässlich der Berichterstattung zum 3. Quartal wird an der Börse also noch mal Druck aufkommen. Insoweit ist die derzeitige, relativ stabile Lage beim DAX trügerisch. Richtig interessant wird erst die Zeit nach dem Rettungsplan und der anstehenden Quartalsberichte. Das Kursniveau muss und wird nochmals nachgeben, denn die Ware "Aktien" geht derzeit nur über den Preis. Eine Kehrtwende an der Börse wird mit großer Wahrscheinlichkeit vom US-Immobilienmarkt ausgehen. Ab da wird die Zukunft gehandelt – und das laufende Quartal abgehakt. Aktuell kann also noch keine Entwarnung gegeben werden. Obwohl unser Kursziel von 5700 bis 5800 DAX-Punkten zwischenzeitlich erreicht wurde, liefern die Aktien bis dato technisch keine Umkehrsignale. Devise: Tagesgeld horten und abwarten. Der Börsenmonat Oktober dürfte noch mal Ärger machen.

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