Ein Denkanstoß

Auf dem Apothekertag wurde er bereits angekündigt, auf der Jahresversammlung des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in der vergangenen Woche dann vorgestellt: der Alternativvorschlag des BAH zu den Rabattverträgen und den Zielpreisvereinbarungen der Apotheker. Das Denkmodell nennt sich "zentraler Erstattungspreis" und basiert auf einer Ausarbeitung von Professor Wasem, Uni Duisburg-Essen. Im Prinzip verbirgt sich hinter dem bürokratisch-sperrigen Begriff die Suche nach einer Art "gerechter Preis" für ein Arzneimittel. Und genau das ist der Knackpunkt an diesem Vorschlag, der noch weit davon entfernt ist, bis in seine letzten Details durchdacht geschweige denn erprobt zu sein. Zielvorstellung ist, zunächst alle Generika, dann alle Arzneimittel einer Kosten-Nutzen-Bewertung zu unterwerfen. Es soll letztlich ein Preis gefunden werden, der den Nutzen oder Mehrwert des Arzneimittels in der jeweiligen Gruppe ausdrückt. Dass ein solcher Vorschlag ausgerechnet von einem Industrieverband kommt, verwundert. Aber, wie von Insidern zu hören war, drückt dies den derzeitigen Frust über den Mischmasch an Sparinstrumenten wie Rabattverträgen und Festbeträgen aus, die einer Oligopolisierung Vorschub leisten. Man ist sich bewusst, dass dieses Modell zur Kosten-Nutzen-basierten Bestimmung des adäquaten GKV-Erstattungspreises kein Patentrezept ist – eher der Einstieg in eine Diskussion. Denkt man nämlich das Modell des Einheitspreises weiter und versucht es auf seine Machbarkeit abzuklopfen, wird man schnell an Grenzen stoßen. Die Kosten-Nutzen-Bewertung, die heute schon vom IQWiG versucht wird, ist schwierig genug. Wie sollen da Generika gescannt werden, geschweige denn alle Arzneimittel? Welchen Maßstab legt man bei ihnen für eine Kosten-Nutzen-Bewertung zugrunde?

Das vorgestellte Modell ist noch rudimentär, seine Machbarkeit muss noch geprüft werden. Selbst Krankenkassen zeigen sich skeptisch. Und aus Apothekersicht: wenn denn eine adäquate Preisfindung möglich wäre, könnten wir natürlich mit diesen "gerechten" Preisen leben. Sie könnten sogar der Verramschung des Arzneimittels entgegenwirken. Aber so weit sind wir noch lange nicht und es bleibt fraglich, ob dieses Modell überhaupt Eingang in die Politik findet. Politik und Krankenkassen könnten diesen Vorstoß auf jeden Fall als Denkanstoß nehmen, die heutigen Preisregelmechanismen zu hinterfragen. Nach Festbeträgen und vor allem Rabattverträgen kann es kaum schlimmer kommen.

Peter Ditzel

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