Die Nerven liegen derzeit blank

(lk). Die vergangene Börsenwoche als katastrophal zu bezeichnen wäre fast noch eine Verniedlichung. Angesichts ständig neuer Hiobsbotschaften aus dem Finanzsektor verfielen die Märkte in regelrechte Panik. Ausgelöst wurde der Kursrutsch an den internationalen Finanzplätzen durch den zu Wochenbeginn bekanntgewordenen Bankrott des amerikanischen Investmenthauses Lehman Brothers.
b Euro Stoxx 50 Kurzbericht (38. Kalenderwoche)

Hatte in ähnlich gelagerten Fällen zuvor jeweils der amerikanische Staat bzw. die Notenbank Fed den Unternehmen rettend zur Seite gestanden, gab es diesmal keine finanzielle Unterstützung. Der Untergang Lehmans war aber nur der Auftakt für eine ganze Reihe schockierender Meldungen aus der Finanzbranche. Kurz darauf wurde bekannt, dass die Bank of America das angeschlagene Investmenthaus Merrill Lynch für 50 Mrd. Dollar übernehmen will und das Fortbestehen des amerikanischen Versicherungskonzerns AIG wurde nur durch eine Finanzspritze der US-Notenbank gesichert. Um dieser Aneinanderreihung schlechter Nachrichten Herr zu werden und um den Absturz der Kurse etwas einzudämmen, sah sich die Europäische Zentralbank dazu gezwungen, die Geschäftsbanken in der Eurozone mit liquiden Mitteln in Höhe von 30 Mrd. Euro zu versorgen. Trotz dieses Schritts ging es für den Euro Stoxx 50 bis Donnerstagabend um 8,4% auf 3001 Punkte nach unten. Abzuwarten bleibt, ob es in den kommenden Wochen weitere Negativhöhepunkte geben wird. Die Nervosität der Anleger ist jedenfalls enorm gestiegen, nachdem mit dem Niedergang von Lehman Brothers zum ersten Mal bewusst geworden ist, dass kein Unternehmen "too big to fail" ist.

In Schwierigkeiten befand sich zudem die britische Hypothekenbank Halifax Bank of Scotland (HBOS). Gerüchte über Liquiditätsprobleme sorgten für einen zwischenzeitlichen Kursrückgang um mehr als 50%. Gestoppt wurde die rasante Talfahrt erst durch die Meldung, dass der Finanzkonzern Lloyds rund 12,2 Mrd. Pfund investiert, um HBOS zu übernehmen. Durch diese Fusion entsteht ein neuer Bankenriese mit einem Marktwert von knapp 38 Mrd. Euro. Damit nimmt das neue Unternehmen eine beherrschende Stellung bei der Baufinanzierung sowie Spar- und Girokonten ein.

Die Schwierigkeiten des amerikanischen Versicherungskonzerns AIG sorgten auch bei europäischen Finanzunternehmen für deutliche Kursrückgänge. Aktien des niederländischen Versicherers Aegon mussten beispielsweise einen Kursverlust im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen und das, obwohl es nach Angaben der Unternehmensführung keinen Grund zur Sorge gibt.

Der Schweizer Personalvermittler Adecco will den britischen Konkurrenten Michael Page nun doch nicht übernehmen. Wie die Unternehmensführung von Adecco mitteilte, will man "finanziell diszipliniert bleiben". Die Aktien von Michael Page brachen daraufhin um mehr als 20% ein.

Spekulationen rankten sich auch um die beiden führenden europäischen Zementhersteller Holcim und Lafarge Am Markt waren Gerüchte aufgekommen, die beiden Unternehmen könnten sich zusammenschließen. Von Seite der beteiligten Unternehmen wollte man sich hierzu allerdings nicht äußern.

Gute Nachrichten präsentierte der französische Spirituosen-Hersteller Pernod Ricard Wie die Unternehmensführung mitteilte, konnte der Gewinn aus dem fortlaufenden Geschäft im vergangenen Jahr gesteigert werden. Optimistisch geben sich die Verantwortlichen auch für das laufende Geschäftsjahr. Sie rechnen mit einem zweistelligen Gewinnanstieg. Die Analysten teilen diese Zuversicht allerdings nicht und sind angesichts der Prognosen eher skeptisch.

Aktien des finnischen Hafen- und Schifffahrtslogistikers Cargotec mussten in der letzten Woche deutliche Verluste hinnehmen, nachdem das Unternehmen seine Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr nach unten revidiert hatte..

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