Des Gesundheits-schutzes wegen

Wettbewerb geht doch nicht über alles. Jedenfalls nicht beim Europäischen Gerichtshof. Denn der urteilte am vergangenen Freitag nicht nach den Erwartungen der Europäischen Kommission, die gerne den ungezügelten Wettbewerb bei der Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern quer durch Europa gesehen hätte. Wäre es nach den Wünschen der Kommission gegangen, hätte es praktisch möglich sein müssen, dass sich ein deutsches Krankenhaus beispielsweise von einer portugiesischen Apotheke mit Arzneimitteln versorgen lassen darf – weil die portugiesische Apotheke angeboten hätte, die Arzneimittel möglicherweise ein paar Cent günstiger herbeizuschaffen. Woher das deutsche Krankenhaus dann seine rasche Sonderlieferung bekommt, wer dann all die anderen apothekerlichen Leistungen erbringt, die ein Krankenhaus benötigt, wer das Krankenhaus dann in Sachen Arzneimittel berät – das wäre der Kommission einerlei gewesen, Hauptsache: Wettbewerb.

Da spielte der Europäische Gerichtshof nun doch nicht mit. "Aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung", so ein Kernsatz aus dem Urteil, sieht der EuGH die deutschen restriktiven Regelungen zur Arzneimittelversorgung eines Krankenhauses durch externe Apotkeken als gerechtfertigt an. Die Gesundheit und das Leben der Menschen nehmen den ersten Rang ein, heißt es im EuGH-Urteil weiter. Daher können die zu erbringenden Leistungen für die Krankenhausversorgung nur von einem Apotheker in der Nähe des Krankenhauses erbracht werden – für eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der deutschen Krankenhäuser.

Ein Erfolg für die Krankenhausversorgung. Darf man nun Rückschlüsse auf die Einstellung des EuGH zur Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch Apotheken ziehen? Und damit auf einen möglichen Ausgang des Verfahrens zum Fremd- und Mehrbesitzverbot vor dem EuGH? Nein, sagen die einen, denn das Fremd- und Mehrbesitzverbot bei Apotheken, gegen das die EU-Kommission zu Felde zieht, ist rechtlich anders gelagert. Dennoch scheint ein wenig Hoffnung zu keimen. Denn einige lesen aus diesem Urteil eine gewisse Tendenz des Gerichtshofs heraus, nationalstaatliche Beschränkungen im Bereich der Arzneimittelversorgung zu tolerieren – des Gesundheitsschutzes wegen. Die Hoffnung bleibt. Somit könnte es einen Hauch wahrscheinlicher sein, dass der EuGH trotz Wettbewerbshindernisse das deutsche Fremdbesitzverbot toleriert – des Gesundheitsschutzes wegen.

Peter Ditzel

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