Elterngeld verspricht Zündstoff

(bü). Im Hause von der Leyens wird das Elterngeld als Erfolg gefeiert. Doch in anderen Haushalten tauchen immer wieder Fragen zum Elterngeldgesetz auf, an die vor der Einführung niemand gedacht hat – oder nicht denken wollte. So zum Beispiel bei der Steuer.
Sozialrichter segnen "unlogische Steuerklassenwahl" ab

Die Höhe des Elterngeldes orientiert sich am durchschnittlichen Nettoverdienst der werdenden Mama der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes (oder des Papas, wenn er die Eltern-Auszeit nimmt). 67 Prozent vom letzten Netto beträgt das Elterngeld. Also: Je mehr netto, desto mehr Elterngeld. Aus diesem (guten) Grund haben Verheiratete – in freudiger Erwartung – den Aufwand nicht gescheut, die Steuerklassen zu wechseln, um sich ein höheres Elterngeld zu bescheren. Und das auch dann, wenn die Wahl an sich nicht logisch war. Das ist anzunehmen, wenn eine gängige Kombination Verheirateter – verändert wird: IV/IV bei etwa gleich hohem Verdienst; V/III bei klaren Gehaltsunterschieden.

Umso erstaunter haben Mama und Papa dann im Bescheid der Behörde gelesen, dass der "Steuerklassentrick" nicht berücksichtigt wurde. Den Sachbearbeitern der Elterngeldzahlstellen wurde nämlich eine (Bundes)-Richtlinie an die Hand gegeben, derartige "ungünstige" Steuerklassenwahlen zu ignorieren und die Eltern so zu stellen, als hätten sie ihre Kombination nicht geändert.

Dem hat das Sozialgericht Dortmund – wie vorher auch schon das Sozialgericht Augsburg (Az.: S 10 EG 15/08) – nun eine Absage erteilt. Die Elterngeldzahlstellen dürften es nicht verweigern, das – per Wechsel der Steuerklassen erreichte – höhere Elterngeld auszuzahlen. Das gelte auch dann, wenn der Wechsel mit Blick auf die Ehegatten-Einkommenssituation "nicht sinnvoll" gewesen ist. Es fehle dazu die Regelung im Gesetz.

Pikant: Nach der Diskussion dieses Punktes im Gesetzgebungsverfahren wurde er bewusst – und mit dem Szenario vor Augen, dass Eltern "umsteuern" werden – offen gelassen. Durch die Hintertür jedenfalls, so das Sozialgericht Dortmund in zwei Fällen, dürften die Elterngeldzahlstellen eine "nachträgliche Einschränkung nicht vornehmen". (Az.: S 11 EG 8/07; S 11 EG 40/07)

Dass der Fall auch vom Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen untersucht werden muss, gilt als sicher.

Es ist zu erwarten, dass die Urteile zunächst offiziell keine Änderung der bisherigen Verfahrensweise bringen. Eltern, die "gewechselt" haben, können aber gegen entsprechende Bescheide innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen – und abwarten. Das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration (MGFFI) des Landes Nordrhein-Westfalen sieht in der Dortmunder Entscheidung (noch) keinen Anlass, aktiv zu werden. "Wir warten ab, was das Landessozialgericht dazu sagt", so eine Sprecherin des MGFFI..

Sozialgericht Dortmund
Ebenfalls – wenn auch für Eltern weniger erfreulich – wurde vom Sozialgericht Dortmund in Sachen "Höhe des Elterngeldes" entschieden:
Der Gesetzgeber sei bei der Einführung der neuen Leistung 2007 "frei gewesen", die Höhe vom tatsächlich erzielten Einkommen und nicht – wie zuvor beim Erziehungsgeld – vom ausgefallenen Gehalt abhängig zu machen. Der grundgesetzlich geschützte Gleichheitssatz werde genauso wenig verletzt wie der ebenfalls im Grundgesetz verankerte Schutz- oder Förderungsgedanke von Ehe und Familie. Mütter (Väter), die wegen der Erziehung eines Kindes in der Zeit vor der Geburt eines weiteren Erdenbürgers keinen Verdienst hatten und denen deswegen nur den Mindestsatz an Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich zusteht, können nicht verlangen, dass das vor der Geburt des ersten Kindes verdiente Geld angesetzt wird.
(Az.: S 11 EG 28/07; S 11 EG 41/07)
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