BMG: Wettbewerb kommt in Fahrt

bErlin (ks). Die Bundesregierung hält nichts davon, den geplanten Gesundheitsfonds zunächst virtuell zu testen. Ebenso wenig will sie derzeit an den diversen Steuerungsinstrumenten im Arzneimittelbereich rütteln. Sie denkt jedoch offenbar darüber nach, weitere wettbewerbsrechtliche Bestimmungen in die gesetzliche Krankenversicherung einziehen zu lassen. Dies geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor.

Nach 16 Monaten GKV-WSG kann die Bundesregierung keine Umsetzungsprobleme sehen

Wirklich "klein" war die Anfrage der FDP nicht: Mit 77 Fragen hakte die Fraktion nach, welche Probleme es bei der Umsetzung der jüngsten Gesundheitsreform (GKV-WSG) gebe. Die Staatssekretärin im BMG, Marion Caspers-Merk, antwortete auf 34 Seiten – meist allgemein und knapp. In ihrer Vorbemerkung betont sie, dass die Reform das Gesundheitssystem wettbewerblicher und transparenter gestaltet habe. Ein gutes Jahr nach ihrem Inkrafttreten zeige sich, dass der Wettbewerb um eine am Bedarf der Patienten ausgerichtete medizinische Versorgung "Früchte trägt". Dieser Wettbewerb werde mit den weiteren anstehenden Reformschritten – etwa in der Finanzstruktur – "noch deutlich an Fahrt gewinnen". Daher sieht sie auch keine Notwendigkeit, dem Fonds eine Testphase einzuräumen, in der auf einen einheitlichen Beitragssatz verzichtet wird, um zunächst die Auswirkungen des neuen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs, der neuen Ärztevergütung und des neuen Kassen-Insolvenzrechts zu analysieren. Dies würden die Liberalen befürworten, wenn sich der Fonds nicht gänzlich stoppen ließe. Aus Sicht der Bundesregierung werden aber alle Rahmenbedingungen für einen pünktlichen Fondsstart geschaffen.

Weiterhin fragte die FDP-Fraktion nach den Regelungen zur Arzneimittelversorgung. Dazu führte sie 17 Instrumente auf, die durch das Arzneispargesetz AVWG aus dem Jahr 2006 und das GKV-WSG eingeführt bzw. geändert wurden und wollte wissen, ob diese miteinander kompatibel, notwendig und zielführend seien und die Bundesregierung an dieser Vielzahl von Regelungen festhalten wolle. Dazu erklärt Caspers-Merk, dass mit den besagten Regelungen vor allem für mehr Wettbewerb gesorgt wurde. "Eine Entscheidung über die Weiterentwicklung der Vorschriften wäre verfrüht, da noch keine ausreichenden Erfahrungen mit den Neuregelungen vorliegen", schreibt sie. Ob die Steuerungsinstrumente vereinfacht und verbessert werden können, bleibe einer künftigen Diskussion vorbehalten. Keinen aktuellen Handlungsbedarf sieht die Regierung jedenfalls bei den Festbeträgen. Diese zeigten Wirkung und seien auch mit den Rabattverträgen zu vereinen. Die Gefahr, das sinkende Festbetragsniveau könnte zur Folge haben, dass Patienten vermehrt Aufzahlungen für ihre Medikamente leisten müssen, sieht man im BMG nicht. Problematisch sei dagegen die Kostenentwicklung bei Arzneimitteln ohne Festbetrag. Aber auch hier seien bereits neue Handlungsmöglichkeiten (Kosten-Nutzenbewertung, Zweitmeinungsverfahren) geschaffen worden, die allerdings noch von der Selbstverwaltung umgesetzt werden müssten.

Hilfsmittelausschreibung: Keine Bedenken

Was die Hilfsmittelversorgung betrifft, sieht das BMG ebenfalls keinen Anlass zur Sorge. Die Interessen der Versicherten seien durch die Neuregelungen angemessen berücksichtigt worden. Sie könnten alle Vertragspartner ihrer Kasse in Anspruch nehmen – allerdings müsse die Versorgung "in jedem Fall zumutbar" sein. Bei einem im Einzelfall berechtigten Interesse könne der Versicherte zudem ausnahmsweise einen anderen Leistungserbringer in Anspruch nehmen. Dass mittelständische Anbieter vom Markt gedrängt werden könnten, fürchtet das BMG ebenfalls nicht. Eine ausreichende Vielfalt müsse im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs gewahrt bleiben, so Caspers-Merk. Hierauf hätten die Kassen auch bei der Ausschreibung von Hilfsmitteln durch eine sachgerechte Aufteilung der Lose zu achten.

Wettbewerbliches Rahmenkonzept in Arbeit

Ein weiterer Fragenblock betrifft die Frage der Anwendbarkeit des Wettbewerbs- und Kartellrechts in der GKV – nicht zuletzt im Hinblick auf Arzneimittel-Rabattverträge und Ausschreibungen im Hilfsmittelsektor. Hierzu erklärt Caspers-Merk, dass durch das GKV-WSG bereits ausgeschlossen wurde, dass die gesetzlichen Kassen ihre Marktmacht missbrauchen (entsprechende Anwendbarkeit der §§ 19 bis 21 GWB). Allerdings habe die Bundesregierung zugesagt, "eingehend zu prüfen, ob über diese Missbrauchsvorschriften hinaus weiteren Regelungen des Wettbewerbsrechts in der GKV Geltung verschafft werden soll" – umfasst sei damit auch das materielle Kartell- und Vergaberecht sowie Rechtswegfragen. Derzeit erarbeite die Bundesregierung ein wettbewerbliches Rahmenkonzept für die Vertragsbeziehungen zwischen Kassen und Leistungserbringern, heißt es in der Antwort. Ziel müsse dabei sein, einerseits den "differenzierten Bedürfnissen von Krankenkassen und Versorgungseinrichtungen bei ihren sozialpolitischen Aufgaben" und andererseits "dem berechtigten Interesse der Gesundheitswirtschaft an wirksamen wettbewerbs- und vergaberechtlichen Rahmenbedingungen zu genügen". Die Arbeitsergebnisse sollen möglichst rasch in gesetzliche Regelungen einfließen, verspricht das BMG. .

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