Mit strafferen Strukturen frisch ans Werk

Berlin (ks). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat sich in seiner ersten öffentlichen Sitzung am 17. Juli in Berlin neu konstituiert. Das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von gesetzlichen Krankenkassen, Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Krankenhäusern bestätigte erwartungsgemäß die designierten Mitglieder und den nunmehr hauptamtlichen Vorsitzenden Dr. Rainer Hess.

Der Gemeinsame Bundesausschuss stellt sich neu auf und fasst bereits Beschlüsse

"Bereits in unserer konstituierenden Sitzung haben wir alles getan, um die Organisation handlungsfähig zu machen", erklärte Hess. Notwendig wurde die Neukonstituierung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz. Dieses sieht für den G-BA ab dem 1. Juli 2008 eine veränderte Struktur vor. Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass es seit Monatsbeginn nur noch einen GKV-Spitzenverband gibt. Zudem wollte der Gesetzgeber das wichtigste Entscheidungsgremium für die GKV verschlanken und professionalisieren. So gibt es jetzt statt sechs nur noch ein einziges sektorenübergreifendes Beschlussgremium. Dieses setzt sich neben dem unparteiischen Vorsitzenden aus jeweils fünf Vertretern der Leistungserbringer und der Krankenkassen zusammen. Die Leistungserbringer werden durch je zwei Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie einen Vertreter der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung repräsentiert. Auf Seiten der Kassen sind fünf Vertreter des GKV-Spitzenverbandes vorgesehen. Zudem sind in den öffentlichen Sitzungen fünf, wie bisher nicht stimmberechtigte Patientenvertreter beteiligt.

Neu ist auch, dass der bislang ehrenamtliche Vorsitzende Hess sein Amt ab sofort als hauptamtlicher unparteiischer Vorsitzender ausübt. Unterstützt wird er dabei von den unparteiischen hauptamtlichen Mitgliedern Dr. Harald Deisler und Dr. Josef Siebig. Zusätzlich zu den Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die Unparteiischen den Vorsitz in den nunmehr nur noch acht Unterausschüssen des G-BA (Arzneimittel, Qualitätssicherung, sektorenübergreifende Versorgung, Methodenbewertung, veranlasste Leistungen, Bedarfsplanung, Psychotherapie und Zahnärztliche Behandlung). Hier fand ebenfalls eine deutliche Verschlankung statt: Bislang gab es 23 Unterausschüsse. Die neue Struktur soll nicht zuletzt dafür sorgen, dass die Aufgaben künftig sektorenübergreifend bearbeitet werden. Neu ist auch, dass die Sitzungen des G-BA ab sofort in der Regel öffentlich sind. Ausnahmen gelten etwa dann, wenn das Gremium als Behörde agiert und Verwaltungsakte erlässt. Die neue Öffentlichkeit wurde bei der ersten Sitzung bereits rege genutzt. Vor allem Industrievertreter ließen es sich nicht nehmen, den Entscheidungsträgern bei der Arbeit über die Schultern zu schauen. Hess erwartet, dass die Sitzungen fortan von einer spezialisierten und kritischen Öffentlichkeit begleitet werden. "Das müssen wir noch üben", so der Vorsitzende.

Geschäftsordnung steht

Der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium Dr. Klaus Theo Schröder würdigte die bisherige Arbeit des G-BA und zeigte sich sicher, dass die neuen unparteiischen Vorsitzenden "Garanten" für künftige neutrale Entscheidungen sein werden. Schröder genehmigte zudem die in der konstituierenden Sitzung verabschiedete neue Geschäftsordnung des G-BA als vorläufige Arbeitsgrundlage. Damit konnte die Arbeitsfähigkeit des neu konstituierten Gremiums übergangslos hergestellt werden. Auch die ersten Beschlüsse wurden bereits in der neuen Besetzung getroffen – unter anderem zu Festbeträgen und Vergleichsgrößen.

Patientenvertreter wollen mehr Mitspracherechte

Als Vertreter der Patientenbank zeigte sich Dr. Stefan Etgeton vom Verbraucherzentrale Bundesverband zufrieden mit der bisherigen Zusammenarbeit im G-BA. Zugleich forderte er eine Ausweitung der Beteiligungsrechte der Patientenvertreter. Eine entsprechende Erklärung hatten die im G-BA vertretenen Patientenorganisationen am selben Tag veröffentlicht. Darin fordern sie ausdrücklich keine Mitbestimmung in konkreten Sachfragen – dies sei "einer weiteren Stufe der Fortentwicklung vorbehalten" so Etgeton. Zunächst geht es ihnen darum, ein Stimmrecht in Verfahrensfragen zu erhalten. Dieses beträfe die Geschäfts-, Verfahrens- und Tagesordnung, das Protokoll sowie die Themensetzung. Die Ausweitung der Befugnisse ist aus Sicht der Patientenorganisationen erforderlich, um ihrer gestiegenen Verantwortung gerecht werden zu können. "Wenn wir für Entscheidungen stärker in Haftung genommen werden, müssen wir auch größeren Einfluss auf den Prozess der Beratungen haben", so die Organisationen in ihrer Erklärung. Über den G-BA hinaus fordern die Patientenvertreter eine Einbindung in alle wichtigen Entscheidungsgremien. Mitsprechen wollen sie etwa bei den neuen Versorgungsverträgen, den Vereinbarungen über Vergütung und Qualitätssicherung sowie der Krankenhausplanung auf Landesebene. Dies sei eine gesetzliche Vorgabe, die jedoch noch nicht vollständig umgesetzt sei, so die Verbände..

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