DAX: Kaufen!

(hps). Da fuhren die Bären wirklich schweres Geschütz auf. Mit dem Gerücht über die Pleite der zwei größten US-Hypothekenfinanzierer kamen die Börsen deutlich unter Druck. Aber ob nun Ölpreishausse oder Aktienbaisse – jede Kursübertreibung ist mal am Ende.
USA: Positive Überraschungen in Sachen 2. Quartal

Stimmungstief bei den Bullen. Selbst das "Totschlagargument" – das niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnis der DAX-Werte – scheint sie nicht mehr aus der Reserve locken zu können. Viele stellen nun die Gewinnprognosen der DAX-Werte infrage und im Eifer des Gefechts sehen manche den DAX sogar schon bei 5200 Punkten. Strategen vom Bankhaus Julius Bär empfehlen sogar, Aktien in den nächsten Monaten generell zu meiden.

Typisch für die Situation ist, dass sich die Experten gegenseitig im Pessimismus zu überbieten suchen. Beim Ölpreis sahen Analysten der Commerzbank letzte Woche 150 Dollar und mehr. Für den Euro erwartete das Bankhaus Metzler einen Sprung über die 1,60er Marke, während die Anleihen laut der Credit Suisse weiter steigen sollten – schließlich drängt so viel Unsicherheit das Geld in den sicheren Hafen der Festverzinslichen.

Das klingt alles ganz logisch, weil die Großanleger ihr Geld auch zwischen Dollar, Öl und Anleihen hin und her schieben. Nur: Was, wenn nur eine der Bedingungen nicht eintrifft?

Bei rund 6200 Punkten im DAX dürften leicht rückläufige Unternehmensgewinne bereits weitgehend eingepreist sein. Außerdem erleben wir in den USA durchaus positive Überraschungen in Sachen 2. Quartal: Das Ergebnis von Intel legt 25% zu gegenüber dem Vorjahr, eBay um 22%, ja sogar im arg geschundenen Finanzbericht kann die Wells Fargo Bank positiv überraschen. Bei Öl und Euro sollte man außerdem nicht vergessen, dass ihre derzeitige Stärke nicht unwesentlich aus der Schwäche der globalen Aktienmärkte rührt. Aber dieser Umschichtungstrend kann sich auch blitzschnell umkehren, so dass schon allein eine Erholung bei den Aktien gleichzeitig schwächere Notierungen bei Euro und Öl nach sich ziehen kann. Das Schwarze Gold zeigt jedenfalls schon deutliche Schwächeneigung.

Sieht man sich den Börsenverlauf der letzten Tage an, muss man einmal mehr zugestehen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, das Rückschlagspotenzial von Kursen in einer von Hysterie, Manipulation und Unvermögen geprägten Marktlage gezielt zu prognostizieren. Wo die Akteure von Panik ergriffen sind, kommt nicht nur so manche irrwitzige Übertreibung zustande. Es entzaubert auch die Profis, die sich ansonsten gerne in guten Börsentagen so versiert und abgebrüht präsentieren, jetzt aber planlos wie kleine Kinder umherirren – wobei sie allerdings einen weit größeren Scherbenhaufen hinterlassen. Es kann also nicht ernsthaft um die punktgenaue Prognose einer Wendemarke gehen, sondern um die Skizzierung eines Kaufniveaus, ein paar Punkte hin oder her. Und diese Einstiegsbasis dürfte jetzt erreicht sein.

Zwei Schreckgespenster namens Fannie und Freddie

Am Finanzmarkt sind sie Titanen. Und trotzdem kennt sie kaum jemand. Die "Federal National Mortgage Corporation", kurz Fannie Mae, und die "Federal Home Loan Mortgage Corporation”, oder Freddie Mac, sind halbstaatliche Banken, die als Hypothekenfinanzierer das Wohneigentum in den USA fördern. Sie stehen auf der Forbes-Liste der 2000 größten Unternehmen der Welt auf Platz 54 bzw. 104.

Gegründet wurde Fannie Mae bereits in den 30er Jahren. Freddie folgte in den 70ern. Die Aufgabe von Fannie Mae war es, mit öffentlichem (und später auch privatem) Kapital Garantien für Hypothekendarlehen zu schaffen. Dagegen besorgte Freddie Mac Garantien für den Bereich Bausparkassendarlehen.

Die dahinterstehende Geschäftsidee ist interessant: Um Hypothekenbanken den Zugang zu Kapital zu erleichtern, geben sie zur Finanzierung Anleihen heraus, die durch Hypotheken besichert sind. Die Garantien für diese Hypotheken übernehmen dabei Fannie Mae und Freddie Mac. Das erleichtert den Handel mit solchen Anleihen und hilft letztlich auch der Kreditvergabe beim Hauskauf. Dabei finanzieren sich Fannie und Freddie ihrerseits durch die Herausgabe von Anleihen und Aktien am Kapitalmarkt.

Heute bewegt sich die Summe aller von Fannie und Freddie besicherten Hypotheken bei ca. 4500 Mrd. US-Dollar. Das ist ca. die Hälfte aller in den USA finanzierten Eigenheime mit insgesamt einem Marktvolumen, das in etwa der Summe aller US-Unternehmensanleihen entspricht. Fallen Fannie und Freddie um, fällt eine ganze Reihe von Banken gleich mit, denn die besicherten Anleihen müssten dann von den Finanzinstituten abgeschrieben werden. Eine offizielle Staatshaftung für beide Institute existiert indes nicht. Aber Fannie und Freddie gelten generell als zu groß, um sie fallen zu lassen. Und so verlässt man sich an der Börse darauf, dass der Staat im Falle eines Falles einspringen wird. Im Klartext heißt das: Der amerikanische Steuerzahler hält bei einer eventuellen Schieflage am Ende den Kopf hin. Kritiker wenden ein, dass die staatliche Aufsicht über Fannie und Freddie zu lax gehandhabt wurde. Zumal sie als halbstaatliche Institute auch nicht den strengen Auskunftspflichten der US-Börsenaufsicht SEC unterliegen. Somit bleibt es beispielsweise auch ein Geheimnis, wie viele der Darlehen schlechter Bonität Marke "Subprime" sind. Durch die sinkenden Preise am US-Immobilienmarkt mussten beide Institute in jüngster Zeit große Wertberichtigungen vornehmen. Dies zog entsprechende Kapitalbeschaffungsmaßnahmen nach sich. Letzten Freitag ging dann das Gerücht um, beide Unternehmen seien insolvent, ausgelöst durch einen Artikel in der New York Times, wonach Fannie und Freddie angeblich planten, die Unternehmen in Folge der finanziellen Probleme verstaatlichen zu lassen. Die Aktienkurse der beiden börsennotierten Unternehmen gingen in den freien Fall über. Als dann am Feitag beide Unternehmen unter Rückendeckung von Finanzminister Paulson bekannt gaben, man verfüge über ausreichend Kapital, um den Verpflichtungen nachzukommen, konnten die Tagesverluste bei beiden Werten weitgehend wieder wettgemacht werden. Die Börsenaufsicht SEC hegt den Verdacht, dass diese Gerüchte gezielt gestreut wurden und ermittelt gegen verschiedene Bankhäuser.

Strategie

Auch wenn in den nächsten Tagen noch ein paar Unternehmensergebnisse aus dem Bankensektor für Störfeuer sorgen können, gibt es an dem ersten Kursziel von 6800 bis 7000 DAX-Punkten nichts zu rütteln. Im Gegenteil. Es ist sogar wahrscheinlicher geworden, dass sich auf diesem anvisierten Kursniveau nur eine kleinere Konsolidierung anschließt. Dies aber noch unter Vorbehalt. Die an dieser Stelle genannten Werte haben sich – von dem (absurden) Ausrutscher der Allianz (106,00) abgesehen, hervorragend geschlagen. Commerzbank (19,66) legte sogar zu, Lufthansa (14,10) notierte praktisch unverändert, Adidas (37,05) und TUI (14,60) gaben leicht nach. Die Richtung stimmt, das Engagement sollte man nun ausbauen. So dürften BASF (40,55) jetzt nach oben drehen, ebenso Daimler (39,15) und SAP (34,30). DAX am 17. Juli (11.45 h): 6230 Punkte..

Die amerikanische Hypothekenbank Fannie Mae – gegründet in den 30er Jahren – ist eine der zwei Titanen am Finanzmarkt. Fallen diese um, fallen gleich eine ganze Reihe von Banken mit ihnen. Der amerikanische Steuerzahler hält bei einer eventuellen Schieflage am Ende den Kopf hin, da der Staat im Falle eines Falles einspringen wird.
Foto: Imago

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.