Medco will auf den deutschen Pharmamarkt

(diz). Während das Handelsblatt in einem groß aufgemachten Artikel vom 9. Juli den US-Pharmahändler Medco schon als "Totengräber des Apothekers" sieht, sollte man nüchtern betrachtet wohl eher ein Fragezeichen hinter diese Überschrift setzen. Denn bisher hat sich Medco erst bei der niederländischen Versandapotheke Europa Apotheek eingekauft, die die Abholstellen der dm-Läden beliefert. Und der für Europa zuständige Medco-Manager John Driscoll sagt selbst, dass nicht einfach ein amerikanisches Geschäftsmodell auf den deutschen Gesundheitsmarkt übertragbar wäre.

Der US-Konzern Medco Health Solutions, New Jersey, macht im Pharmahandel einen Umsatz von 45 Mrd. Dollar, hat einen Börsenwert von 25 Mrd. Dollar, beschäftigt 20.000 Mitarbeiter, davon 2000 Apotheker. Das Unternehmen versteht sich als einer der größten Pharmaceutical Benefit Manager, das sind Dienstleistungsunternehmen, dessen Hauptgeschäft darin besteht, im Auftrag von Krankenversicherungen die günstigsten Arzneimittel zu kaufen und direkt an die Patienten zu versenden. Nach eigenen Angaben nimmt Medco mit dieser Dienstleistung und seiner Versandapothekentätigkeit die führende Position in den USA ein. Der Konzern rühmt sich, "the world’s most advanced pharmacy" zu sein, die fortschrittlichste Apotheke der Welt. Von den 2000 Apothekerinnen und Apothekern, die der Konzern beschäftigt, sind 1100 spezialisiert ausgebildet, um die Arzneitherapie spezifischer chronischer Krankheiten zu beurteilen und die Patienten optimal mit Arzneimitteln zu versorgen. Hierfür hat das Unternehmen im vergangenen Jahr die Medco Therapeutic Resource Centers (TRCs) gegründet, in denen die Fachpharmazeuten für chronische Leiden wie Diabetes, Herzerkrankungen, Asthma und neurologische Störungen arbeiten. Diese Apotheker beraten Patienten zu Fragen der Arzneimittelsicherheit, Neben- und Wechselwirkungen, Compliance und informieren über die kostengünstigsten Arzneimittel.

Neben dem Versandgeschäft hat Medco 60.000 Apothekenfilialen in sein Netzwerk eingebunden.

Im April dieses Jahres hat Medco den Sprung über den Teich gewagt und für 120 Mio. Dollar die Mehrheit bei der niederländischen Versandapotheke Europa Apotheek übernommen. Über die Zusammenarbeit dieser Versandapotheke mit den dm-Drogeriemärkten (Abholstellen) hat Medco seine Fühler nun auch nach Deutschland ausgestreckt.

Da Deutschland nach Ansicht der Medco-Manager einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Arzneimittel in Europa ist, vermuten Experten, dass Medco auf eine stärkere Beteiligung am deutschen Arzneimittelmarkt aus ist.

Der für das Europa-Geschäft zuständige Medco-Manager John Driscoll ist sich zwar bewusst darüber, dass sich die Strukturen des amerikanischen und deutschen Gesundheitssystems sehr unterscheiden, die Herausforderungen seien jedoch in beiden Märkten gleich: eine alternde Bevölkerung, deren Zahl rasch wächst und die immer mehr Arzneimittel benötigt, und ein begrenztes Budget für Arzneimittel. Wie er in einem Interview des Handelsblatts anmerkt, bietet der deutsche Markt große Möglichkeiten. Medco habe gut Softwarelösungen für Ärzte und Apotheker, um Sicherheitsstandards zu erhöhen, und eine große Erfahrung bei der Distribution. Aber Driscoll sieht auch, dass das Geschäftsmodell nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar ist: "Eine amerikanische Lösung für ein deutsches Problem wird deshalb nicht funktionieren. Was wir liefern müssen, ist eine deutsche Lösung mit amerikanischen Ideen und amerikanischer Technik."

Die Frage, ob der deutsche Markt darauf gewartet hat und ob Medco tatsächlich zum Zuge kommen wird, dürfte noch gänzlich offen sein – und wird sicher auch mit in Luxemburg entschieden..

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