DAX: Erschöpft, aber nicht am Boden

(hps). Na also, geht doch. Das deutsche Börsenbarometer hat nun das untere Ende des prognostizierten Zielkorridors bei 6500 DAX-Punkten erreicht. Nachdem man zuletzt den Eindruck hatte, die Händler in Frankfurt hätten den Schuss nicht gehört, übertreffen sich die Akteure jetzt gegenseitig in ihrem Pessimismus. Genau die richtige Zeit, um etwas Zuversicht zu verbreiten.
Dauerzustand: Negativrekorde am US-Immobilienmarkt, steigende Ölnotierungen, Inflation

"Gestern standen wir noch am Abgrund. Aber heute sind wir schon einen Schritt weiter" – das mögen sich momentan die Profis am Frankfurter Parkett sagen, nachdem sie wochenlang die grauen Wolken am Horizont mit Nichtachtung bestraft hatten. Nun ist sie dahin, die Zuversicht. Stattdessen dominieren fast überall Untergangspropheten die Szene. So befürchtet die Royal Bank of Scotland ein Jahrhunderttief an den Börsen. Merrill Lynch sieht eine "außerordentliche Rezession" auf die USA zukommen. Das Münchner IFO-Institut sagt für Deutschland im kommenden Jahr ein Ende des Aufschwungs voraus – und sieht damit die Republik als Schlusslicht in Europa, sogar noch hinter Italien und Frankreich. Da schlagen sich die deutschen Fußballprofis besser.

Und die Lineal schwingenden Charttechniker der Postbank finden die Situation beim DAX schlicht und ergreifend "desaströs".

Die drohende Zinserhöhung durch die EZB und die haussierenden Ölnotierungen sind inzwischen auch im Tagesgeschäft der Unternehmen ein Thema und setzen hierzulande dem Geschäftsklima kräftig zu. Nur: Neu sind diese Probleme alle nicht!

Täglich neue Negativrekorde am US-Immobilienmarkt, immer weiter rückläufiges Konsumentenvertrauen, steigende Ölnotierungen und schlechte Inflationsdaten sind inzwischen an der Börse zu einem Dauerzustand geworden. Zu einem gewissen Punkt kann man auch damit leben – wenn die Aktienkurse nur tief genug im Keller sind.

Als Anleger sollte man das Augenmerk jetzt auf ein paar interessante Nebenschauplätze richten: Da ist einmal der Euro, der einen ausgepowerten Eindruck macht. Die Gemeinschaftswährung kann sich zwar noch über 1,55 Dollar halten, nachdem sich herumgesprochen hat, dass die wirtschaftlichen Probleme der USA auch vor der alten Welt nicht Halt gemacht haben. Nach oben gibt es für den Euro somit kaum mehr Phantasie, zumal eine Zinsanhebung durch die EZB längst eingepreist ist. Dieser Umstand erscheint deshalb so bedeutungsvoll, weil an die Dollarschwäche eben auch die Ölnotierungen gekoppelt sind. So ist es auch beim Schwarzen Gold etwas ruhiger geworden, wobei ein eventueller Angriff auf den Iran natürlich die "Wild Card" wäre.

Dass sich der DAX demnächst etwas Luft verschaffen könnte, legt auch die Charttechnik nahe, die bei Weitem nicht so desaströs erscheint, wie von der Postbank dargestellt. Ein paar Werte scheinen bereits die Kehrtwende zu proben. Dazu zählen beispielsweise Allianz (118 Euro), die bei einem Sprung über die 120-Euro Hürde über ein Kurspotenzial von 10% verfügen würde. Ähnliches gilt für die zuletzt geschundenen Continental (62,20 Euro) oder Siemens (73,40 Euro). TUI (15,40 Euro) zeigt ähnliche Avancen, ist aber wegen den hausinternen Reibereien mit Vorsicht zu genießen. Würde der DAX insgesamt weiter auf Schussfahrt bleiben wollen, wären solche Konsolidierungsansätze bei einzelnen Aktien kaum möglich. An das Ausmaß der Erholung sollte man freilich vorerst keine übertriebenen Ansprüche stellen. Das fundamentale Umfeld bleibt schwach, so dass aus heutiger Sicht Kurse über 7000 DAX-Punkte einen neuen Schwächeanfall auslösen dürften.

Strategie

Man sollte derzeit als Anleger nur sehr kurzzeitig agieren. Der Kursverfall beim DAX dürfte bald eine technische Reaktion hervorrufen, die den Index in die Region zwischen 6800 und 7000 DAX-Punkten führen könnte. Sollten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen indes nicht zum Besseren verändern, dürfte die Erholung wieder zusammenbrechen und beim DAX neue Tiefstände hervorrufen. Dagegen könnten beispielsweise bessere Daten vom US-Immobilienmarkt durchaus wieder die Optimisten auf den Plan rufen, denn allen Moll-Tönen zum Trotz ist an eine solche Option grundsätzlich zu denken, auch das globale Wirtschaftswachstum ist immer noch ein Thema. DAX vom 25. Juni (11.30 h): 6552 Punkte..

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