Pharmaverbände kritisieren Kassen

Berlin (ks). Seit dem 1. Juni müssen gesetzlich Krankenversicherte vielfach wieder tiefer in die Tasche greifen, wenn sie ihr Rezept in der Apotheke einlösen. Aus insgesamt 170 Festbetragsgruppen sind laut BKK-Bundesverband nun nur noch 37 Prozent aller Packungen von der Zuzahlung befreit – am 1. Januar 2008 waren es noch 54 Prozent der Packungen. Diese Entwicklung müssen sich die Kassen selbst zuschreiben, heißt es seitens der Pharma-Verbände.

Kassen sollen selbst für Zuzahlungsfreistellungen sorgen

Schon die jüngste Festbetragsanpassung sind viele Arzneimittelhersteller nicht mehr mitgegangen. Dies hat zur Folge dass die GKV-Versicherten nunmehr für 3100 Packungen aus 59 Festbetragsgruppen zusätzlich zu den Zuzahlungen Aufzahlungen leisten müssen. Ein weiteres Absenken auf die Zuzahlungsbefreiungsgrenzen war für ein Gros der Hersteller schon gar nicht mehr zu diskutieren. "Die Grenze des wirtschaftlich Verantwortbaren ist bei vielen Firmen bereits überschritten", erklärte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Er verwies darauf, dass die Krankenkassen trotz der Warnungen der Industrie bewusst das Risiko eingegangen seien, dass Patienten nun wieder mehr zahlen müssen. Dennoch seien die Kassen die Gewinner, so Fahrenkamp. Sie bekommen nicht nur die Patientenzuzahlung, sondern auch 10-prozentige Generika-Zwangsabschläge, wenn ein Hersteller seine Abgabepreise nicht um mindestens 30 Prozent unterhalb des ausgewiesenen Festbetrages absenke. Darüber hinaus profitierten die Kassen von ihren Rabattverträgen. Pro Generika-Geschäftsführer Peter Schmidt betonte, dass die Kassen allein in diesem Jahr voraussichtlich 7,9 Milliarden Euro durch Generika einsparen würden. Angesichts dieser massiven Entlastungen ist für Schmidt "nicht einzusehen, dass die Kassen nun auch noch ihren kranken Versicherten Geld aus der Tasche holen". Er erinnerte daran, dass das Gesetz auch ihnen die Befugnis einräume, Arzneimittel entweder ganz oder zur Hälfte von der Zuzahlung zu befreien, über die sie Rabattverträge abgeschlossen haben. "Davon müssen sie jetzt endlich auch Gebrauch machen", forderte der Pro Generika-Geschäftsführer.

Beim BKK-Bundesverband sieht man aber offenbar keine zwingende Notwendigkeit, selbst die Zuzahlung zu erlassen. Der Verband verweist darauf, dass es für Arzneimittel, die unter Festbetrag stehen, generell ausreichend viele therapeutische Alternativen in der gleichen Packungsgröße, in der gleichen Darreichungsform (Tablette, Kapsel, Tropfen usw.), mit den gleichen Wirkstoffen/Wirkstoffkombinationen und den gleichen Wirkstärken gebe. Etwas Zuzahlungsfreies dürfte dabei stets zu finden sein.

Frank Spieth, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, sieht die Situation ganz anders: Für ihn ist die Bundesregierung schlicht unfähig, "die Profitgier der Pharmaindustrie in den Griff zu bekommen"..

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