Apothekenmarketing: Wettbewerbszentrale sieht zu viel Kreativität kritisch

Berlin (ks). Die Wettbewerbszentrale rät Apothekern zur Vorsicht, wenn sie ihre Angebote ausweiten wollen: "Sie sollten bei Veränderung ihres Sortiments darauf achten, dass neue Angebote mit der besonderen Fachkompetenz eines Apothekers im Zusammenhang stehen", erklärt Rechtsanwältin Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale. Im Visier der Wettbewerbshüter stehen derzeit aber auch Schlecker und andere Einzelhändler, die mit Apotheken kooperieren.

Wettbewerbshüter lassen auch Schlecker/Vitalsana-Kooperation gerichtlich klären

Die Gefahr von Wettbewerbsverstößen auf dem Apothekenmarkt steige mit zunehmender Kreativität bei der Ausweitung der Produktpalette von Apotheken, warnte Köber vergangene Woche bei einem Pressegespräch zu den aktuellen Entwicklungen des Wettbewerbs im Gesundheitswesen.

Nach der Beobachtung der Wettbewerbszentrale bewegten sich Apotheken teilweise von ihrem Kerngeschäft weg und riskierten damit eine Kollision mit der Apothekenbetriebsordnung. Die Gerichte sehen die von der Wettbewerbszentrale gerügten Verstöße unterschiedlich. Als zulässig beurteilte beispielsweise das Oldenburger Oberlandesgericht den Verkauf von Weihnachtsengeln und anderen weihnachtlichen Deko-Artikeln in einer Apotheke: Die Arzneimittelversorgung sei durch dieses geringfügige Nebengeschäft nicht tangiert. Anders sah es in einem Fall aus, in dem ein Reiseveranstalter eine Werbegemeinschaft von Apothekern dafür gewonnen hatte, Kataloge mit Gesundheitsreisen in der Apotheke auszulegen. Bei Buchung einer Reise durch Apothekenkunden erhielt der Apotheker eine Provision zwischen 5 und 10 Prozent. Das Landgericht Köln war der Auffassung, der Katalog entspreche nicht den gesetzlich zugewiesenen Aufgaben des Apothekers, da hier ganz normale Erlebnisreisen ohne speziellen Gesundheitsbezug angeboten würden.

Kritik an kostenpflichtiger Beratungshotline

Auf der anderen Seite wollen aber auch Drogerien und andere Einzelhändler ihr Geschäft in Richtung Apotheke ausweiten – und das behagt den Wettbewerbshütern ebenso wenig: "Soweit Einzelhandelsketten in das Apothekengeschäft einsteigen, müssen auch sie die dafür geltenden wettbewerbsrechtlichen Spielregeln einhalten", betonte Köber. Da die Kooperation von Einzelhandelsketten mit Apotheken noch jung ist und neue wettbewerbsrechtliche Fragen aufwirft, lasse die Wettbewerbszentrale im Falle der Kooperation von Schlecker mit der niederländischen Versandapotheke Vitalsana einige wettbewerbsrechtliche Fragen gerichtlich klären. So wird aus Sicht der Wettbewerbshüter aus der Werbung nicht deutlich, dass bei einer Arzneimittelbestellung nicht Schlecker, sondern eine ausländische Versandapotheke Vertragspartner des Kunden wird. Außerdem werde die pharmazeutische Beratung ausschließlich über eine kostenpflichtige Beratungshotline und nur dann angeboten, wenn der Kunde zuvor in die Aufzeichnung des Gesprächs einwilligt. Die einschränkungslose pharmazeutische Beratung gehöre aber zu den wesentlichen Pflichten eines Apothekers, betonte Köber.

Zugabeverbot EU-konform?

Für erhöhten Beratungsbedarf sorgt in der Wettbewerbszentrale auch die Frage, wie weit Arzneimittelwerbung gehen darf. Ende vergangenen Jahres hatte der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass die Europäische Arzneimittelrichtlinie (2001/83/EG) eine Vollharmonisierung im Bereich der Arzneimittelwerbung beabsichtige. Dies, so die deutschen Wettbewerbshüter, bedeute in der Praxis erhebliche Rechtsunsicherheit für Werbetreibende: So enthalte etwa das nationale Heilmittelwerbegesetz – anders als die besagte EU-Richtlinie – das Verbot, für Arzneimittel mit Zugaben zu werben. Im Falle eines Apothekers, der beim Kauf eines apothekenpflichtigen Arzneimittels die Zugabe eines Langenscheidt-Reiseführers versprach, werde das Landgericht Leipzig nun klären müssen, ob das Zugabeverbot den europäischen Regelungen entspricht, so Köber..

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.