Versandapotheker wollen ABDA für sich gewinnen

Berlin (ks). Die Mitgliedsapotheken des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) wollen sich von ihrer Standesvertretung nicht länger in die "Schmuddelecke" drängen lassen. Während sich die ABDA für ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln stark macht und vor dem Internet als Einfallstor für Fälschungen warnt, bleibt man beim BVDVA überzeugt: Deutsche Versandapotheken sind sicher. Eine solche Aussage kommt ABDA-Vertretern noch nicht über die Lippen. Eine erste Annäherung wurde in der vergangenen Woche dennoch vollzogen, als ABDA-Geschäftsführer Karl-Heinz Resch der Einladung zum BVDVA-Kongress in Berlin folgte.

Deutsche Versandapotheker wollen nicht länger in der Schmuddelecke stehen

Die im BVDVA organisierten Apotheken mit Versandhandelszulassung sind allesamt auch Präsenzapotheken und Mitglieder der Bundesapothekerkammer und der ABDA. Doch die Standesvertreter begleiteten die Aktivitäten der Versender von Anbeginn mit kritischem Blick. Beim BVDVA wünscht man sich indessen, dass man zueinander findet. So schwebt dem BVDVA-Vorsitzenden Christian Buse, (Mit-)Inhaber der mycare-Apotheke, vor, dass die ABDA eines Tages selbst ein Gütesiegel für zuverlässige Versandapotheken einführt, wie es derzeit vom BVDVA vergeben wird. Dass die Gesprächsbereitschaft bei der ABDA so gering ist, führt Buse darauf zurück, dass die ABDA, mit Günther Friese an ihrer Spitze, im Jahr 2003 den Kampf gegen DocMorris verlor: "Der Stachel sitzt noch tief." Buse ist überzeugt: Hätte die ABDA seinerzeit DocMorris nicht immer wieder ins Gespräch gebracht und damit die "beste Werbung" für die holländische Versandapotheke gemacht, wäre das ganze Thema gar nicht erst so hochgekocht. Der Gesetzgeber hätte sich vermutlich nicht im Zugzwang gesehen, vor dem EuGH-Versandurteil zu handeln – mit der Folge, dass es "wahrscheinlich auch heute keinen Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gäbe".

Doch es kam bekanntlich anders – und die ABDA kämpft weiter gegen den Rx-Versand. Ihre Argumentation, der Verbraucher könne seriöse von unseriösen Internetanbietern nicht unterscheiden, überzeugt den BVDVA nicht. Die Patienten seien in aller Regel informiert, welche Apotheken vertrauenswürdig seien, erklärte Buse. Das Gütesiegel des BVDVA helfe dabei. Wer dennoch unsicher sei, sollte seine Krankenkasse fragen, rät BVDVA-Geschäftsführerin Kerstin Kilian. Was Fälschungen betrifft, die über das Internet vertrieben werden, so handele es sich zumeist um Anabolika oder Potenzmittel, die ohne Rezept abgegeben werden – wer sich auf solche Angebote aus dem grauen oder schwarzen Markt einlasse, dem sei auch nicht mit einem Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel geholfen. Keinesfalls sei es realistisch anzunehmen, dass es weniger Fälschungen gäbe, würde der Versand von rezeptpflichtigen Arzneimitteln verboten.

Resch wirbt um Verständnis

Dass sich mit Resch nun ein ABDA-Vertreter der Diskussion mit den deutschen Versandapotheken stellte, sieht Kilian positiv und als "Beginn eines Gesprächs". Der Geschäftsführer für Wirtschaft und Soziales warb vor den rund 80 Teilnehmern des ersten BVDVA-Kongresses für die Position der ABDA. Er erklärte den Grund für die Einführung des Versandhandels mit dem Druck, unter dem die gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2003 standen. 8,3 Mrd. Euro Schulden hatten sie seinerzeit aufgehäuft – "da kam in der Politik Panik auf", so Resch. Nun ist der Versandhandel seit 2004 Fakt. Und seitdem zeigten eine Reihe von Gerichtsentscheidungen, dass damit ein gefährlicher "Rutschbahneffekt" für das gesamte – weithin anerkannte – Apothekensystem ausgelöst wurde; so auch das dm-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Die ABDA kritisiere nicht das System des Versandhandels an sich, sondern weise lediglich auf die Gefahren hin, die sich aus der jüngsten – in sich logischen – Rechtsprechung ergeben. Und da ist Resch überzeugt: "Wir kommen nicht umhin, den Versandhandel zu beschränken, um die fatalen Nebenwirkungen zu vermeiden." Aus seiner Sicht, würde ein Rx-Verbot im Versand auch nicht das Aus für die deutschen Versender bedeuten – schließlich machen sie schon heute 80 Prozent ihres Geschäfts mit rezeptfreien Produkten. Das könnten auch 100 Prozent werden, so Resch.

Absage aus NRW

Politische Unterstützung für das Vorhaben der ABDA gibt es zwar noch – doch an entscheidenden Stellen schwindet sie. So hat das Bundesgesundheitsministerium deutlich gemacht, dass sie keinen Anlass sieht, die Einschränkung des Versandes auf OTC zu diskutieren. Die vom nordrhein-westfälischen Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) ins Rollen gebrachte Initiative für eine solche Einschränkung liegt ebenfalls still, "weil sie sich politisch vermutlich nicht umsetzen lässt". So jedenfalls gab Kilian den für den Kongress angefragten Ministerialrat aus Laumanns Ministerium, Walter Frie, wieder, der seine Teilnahme abgesagt hatte.

Hochzeit statt Kampf?

Und so hofft man beim BVDVA weiterhin, dass die ABDA den – legalen und sicheren – Arzneimittelversand zu ihrem eigenen Thema machen wird. Ein Kongressteilnehmer regte an, sich auf frühere Zeiten zu besinnen: Wenn etwas nicht durch Schlachten gewonnen werden konnte, heiratete man. Resch erklärte, diesen Denkansatz werde er mitnehmen. Immerhin: Als Zeichen des guten Willens sprach Resch eine Einladung an den BVDVA aus, sich in Kürze mit dem Verband der Versandapotheker zusammensetzen zu wollen. Nicht in Erfüllung ging allerdings der Wunsch eines anderen Teilnehmers, die ABDA möge anlässlich des BVDVA-Kongresses eine Pressemitteilung herausgeben, deren Botschaft ist: "Die in Deutschland zugelassenen Versandapotheken sind sicher.".

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