Ärzte verdienen an Privatversicherten

Berlin (ks). Für die Behandlung von Privatversicherten erhalten Ärzte im Schnitt mehr als doppelt so viel Geld wie für ihre Leistungen an GKV-Versicherten. Zu diesem Ergebnis kommen die Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem, Stefan Greß und Anke Walendzik in einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie. Umgerechnet auf die Gesamtheit aller Versicherten summiert sich danach die Vergütungsdifferenz auf 3,6 Mrd Euro im Jahr. Ein massiver Anreiz, Privatpatienten zu bevorzugen, so die Wissenschaftler.

Hans-Böckler-Stiftung sieht Anreize zur Bevorzugung

Die Gesundheitsökonomen bedienten sich für ihre Studie der Daten einer großen Krankenkasse. Die berechneten Unterschiede sind beachtlich: Für eine medizinisch im Grundsatz gleiche Leistung erhält ein niedergelassener Arzt von der Privatversicherung durchschnittlich das 2,28-Fache der Vergütung, die ihm die gesetzliche Kasse zahlt. Bei Radiologen, Internisten, Kinder- und Hausärzten fällt der Aufschlag sogar noch etwas höher aus, bei Augen- oder Hautärzten etwas geringer. Der Grund für die Differenz liegt in den unterschiedlichen Abrechnungsregelungen für GKV und PKV: Bei den Privatpatienten dürfen niedergelassene Mediziner die Sätze der Gebührenordnung für Ärzte deutlich überschreiten. Außerdem sehen die gesetzlichen Regelungen hier keine Mengenbegrenzungen vor – für GKV-Versicherte gelten dagegen Obergrenzen und gesetzlich definierte Budgets.

Die Wissenschaftler verweisen auf Erfahrungen aus dem Ausland, die zeigten, dass eine Angleichung der Vergütungsstruktur eine wesentliche Voraussetzung zur Gleichbehandlung gesetzlich und privat versicherter Patienten ist. Das gelte etwa für die Niederlande, wo die Vergütungen in den beiden Systemen schon Ende der 80er Jahre angeglichen wurden. Auch in Deutschland sei eine Anpassung der Vergütungssysteme möglich – wenngleich sie nicht einfach umzusetzen wäre. Denn die Gesamtsumme, die niedergelassene Mediziner mit der Behandlung von GKV- und PKV-Patienten einnehmen, sollte nach Ansicht der Studienautoren bei einer Umstellung stabil bleiben, um "größere betriebswirtschaftliche Erschütterungen" für die Mediziner zu vermeiden. Deshalb würde eine Angleichung die GKV und ihre Versicherten finanziell mit etwa 3,2 Mrd. Euro belasten – das entspricht etwa 0,34 Beitragssatzpunkten. Die privaten Kassen würden dagegen in gleicher Höhe entlastet. Die Wissenschaftler halten eine Angleichung dennoch für sinnvoll. Zur Gegenfinanzierung schlagen sie vor, die Privatversicherungen in den Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Kassen einzubeziehen..

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