Kompetenzlücken schließen – Ziele erreichen

Engagierte Apothekenleiter und motivierte Mitarbeiter wollen ihre Kompetenzen ständig erweitern. Was aber ist wichtiger: die Stärken noch weiter auszubauen oder die Schwächen zu mildern? Lange Zeit hat sich die Kompetenzforschung auf die Messung der Stärken fokussiert. Zurzeit findet ein Umdenken statt.

Bedarfsorientierte Weiterbildung in der Apotheke

"Ich bin der intelligenteste Mensch von Athen, weil ich alle meine Schwächen kenne" – so der antike Philosoph Sokrates. Immer mehr Personalentwicklungskonzepte bauen darauf auf, dass man den Stärken vertraut, zugleich jedoch die Augen vor den Schwächen nicht verschlossen werden. Um die Demotivationsfalle zu umgehen, sprechen die Personaler allerdings nicht von Defiziten oder Schwächen, sondern von Kompetenzlücken.

Wie können Apotheker ihren Mitarbeitern helfen, ihre Kompetenzlücken zu schließen? Und die eigenen gleich dazu? Am wichtigsten: Es muss festgestellt werden, welche Lücken überhaupt existieren. Und dies ist nur möglich, wenn die Analyse der Kompetenzlücken in Zusammenhang gebracht wird mit den Zielen des Apothekers, die er mit seiner Apotheke verfolgt.

Wie das? Dazu ein Beispiel aus dem Fußball-Sommermärchen 2006: Jürgen Klinsmann hat zur WM ein klares "Unternehmensziel" ausgegeben: "Wir wollen mit begeisterndem Fußball Weltmeister werden!" Daraufhin hat Klinsi die Kompetenzen beschrieben, die seine Mannschaft und seine Spieler haben müssen, um dieses Ziel zu erreichen – und analysiert, welche Kompetenzen und Leistungen sie tatsächlich aufweisen und erbringen.

Er hat eine klassische Schwächenanalyse durchgeführt und die entsprechenden Veränderungsmaßnahmen eingeleitet: Die Spieler insgesamt mussten ihre Fitness erhöhen, der eine Spieler sein Kopfballspiel verbessern, der andere sein taktisches Geschick, ein dritter sein Defensivverhalten. Jede Maßnahme hatte sich bedingungslos in den Dienst der Zielerreichung zu stellen.

Am Anfang steht das Ziel

Die Entwicklung der Apotheke sowie der Kompetenzen von Team und Apotheker muss sich an den Zielsetzungen orientieren. Nur so ist es möglich, diejenigen Kompetenzlücken zu erkennen, die tatsächlich geschlossen werden müssen: nämlich die, durch die die Zielerreichung unmöglich gemacht wird.

Oft zäumt Weiterbildung das Pferd von hinten auf: Mitarbeiter und Apotheker besuchen Schulungen, ohne dass vorher eruiert würde, welche Kurse überhaupt sinnvoll sind. Was jedoch nutzen Weiterbildungen, die Kompetenzen aufbauen, die die Apotheke gar nicht braucht? Und was soll die Mitarbeiterin, die eigentlich ihre kommunikativen Fähigkeiten verbessern müsste, um im Beratungsgespräch mit dem Kunden erfolgreich sein zu können, mit einer Schulung zum Selbstmanagement oder zur Organisationsentwicklung?

Um nochmals die Fußballmetaphorik aufzugreifen: Es ist unsinnig, wenn der Torwart seine Kompetenzlücke "Flankenschlagen" schließt. Und niemand würde vom Stürmer verlangen, stundenlang den Abschlag zu üben.

Soll- und Ist-Profil der Kompetenzen abgleichen

Das weitere Vorgehen schaut so aus: Der Apotheker formuliert sein Ziel, das die Marschrichtung für die zukünftige Entwicklung vorgibt – ein ambitioniertes Beispiel ist: "Meine Apotheke entwickelt sich in den nächsten fünf Jahren zum kundenorientierten ‚Haus der Gesundheit’, meine Mitarbeiter und ich werden zu ‚Gesundheitsfachleuten’. Zudem forcieren wir den beratungsintensiven Verkauf."

Dazu sind mehrere Fachkompetenzen im Präventionsbereich notwendig, vor allem aber sozial-emotionale und kommunikative Fähigkeiten wie Zuhörkompetenz und Gesprächsführung. Wichtig ist, dass immer gefragt wird: Was genau trägt die Kompetenz zur übergreifenden Zielsetzung bei? So ergibt sich ein Zielkatalog mit Soll-Kompetenzen.

Somit verfügt der Apotheker über eine Grundlage: Er weiß, welche Fähigkeiten Voraussetzung (= Soll-Profil) sind, um die Anforderungen zu erfüllen, und kann die Ausprägung dieser Kompetenzen überprüfen und messen (= Ist-Profil). Das Ergebnis: Er kennt die Kompetenzlücken jedes einzelnen Mitarbeiters und legt individuelle Maßnahmen fest, um den Abstand zwischen Soll und Ist zu verringern und zu schließen.

Kompetenzerwerb nach Maß

Gemeinsam erarbeiten Mitarbeiter und Apotheke einen Entwicklungsplan – wir spinnen das genannte Beispiel fort:

  • Um die Kundenfreundlichkeit zu erhöhen, besucht das gesamte Apothekenteam eine entsprechende Maßnahme.
  • Zunächst einmal wird nur der Apotheker zum Gesundheitsfachmann weiter qualifiziert.
  • Mitarbeiter Herbert Müller baut seine Beratungsfähigkeiten im Bereich der Sicht- und Freiwahlprodukte aus – er wird zum "Apothekenberater".
  • Mitarbeiterin Claudia Schmitt erlernt konkrete Verkaufstechniken.
  • Mitarbeiter und Apotheker geben ihre neu erworbenen Fähigkeiten jeweils an das gesamte Team weiter.

Kompetenzen messen

Nach und nach schließen sich die Kompetenzlücken – und der Apotheker kann seine Ziele realisieren. Ein Problem: Zielformulierung und Bestimmung der Soll-Fähigkeiten – dies wird der Apotheker selbst leisten können. Wie aber schaut es mit der Kompetenzmessung aus?

Ein Ausweg liegt in dem Einsatz entsprechender Tools zur Kompetenzmessung. Eine einfache Methode ist die fragebogengestützte Potenzialanalyse, mit der sich der Apotheker einen systematischen Überblick über die aktuelle Situation in seiner Apotheke verschaffen kann. Im Rahmen dieser Analyse stehen auch die Fähigkeiten des Apothekers und des Teams auf dem Prüfstand. Es empfiehlt sich, auf der Grundlage der Zielbestimmung gemeinsam mit einem auf das Thema "Apothekenmanagement" spezialisierten Berater den Fragebogen zu entwickeln, auszufüllen und auszuwerten.

Kompetenzlücken halten sich oft hartnäckig, weil der Apotheker nicht ausreichend in die Weiterbildungsprozesse der Mitarbeiter integriert ist. Die Arbeit eines externen Trainers kann nach Abschluss der Weiterbildungsmaßnahme nicht fortgeführt werden und zieht keine nachhaltigen Veränderungen nach sich. Darum sollte die Kompetenzentwicklung von Apotheker und Team parallel ablaufen und konsequent miteinander verzahnt werden..

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
Schritte zur kompetenzorientierten Weiterbildung
Intention definieren: Abstimmung der Weiterbildungsprogramme auf die Ziele und den Schulungsbedarf des Apothekers und des Teams Apothekenziele festlegen zur Zielerreichung notwendige Kompetenzen bestimmen Kompetenzen mithilfe eines Experten messen Soll- und Ist-Profil der Kompetenzen abgleichen, Lücken feststellen entsprechende Schulungen durchführen Ergebnis: Kompetenzlücken sind geschlossen, Apothekenziele erreichbar

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