EU-Kommission erhöht Druck bei Rabattverträgen

STUTTGART (hst). Nach Auffassung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EU-Kommission) müssen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland beim Abschluss von Rabattverträgen das Vergaberecht anwenden. Zu diesem Ergebnis kommt die EU-Kommission nach Auswertung des Antwortschreibens der Bundesregierung in dem gegen die Bundesrepublik eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren.

Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik droht

In die Diskussion um die notwendige Verfahrensweise beim Abschluss von Rabattverträgen zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern kommt damit weitere Bewegung. Gleichzeitig steigt der Druck auf die Bundesregierung, die gesetzlichen Vorgaben für den Abschluss von Rabattverträgen zu konkretisieren, weiter. Unterdessen hat die AOK Baden-Württemberg einen Vertragsabschluss für zwei Originalpräparate mit MSD in München bekannt gegeben. Die EU-Kommission hatte im Oktober 2007 vor dem Hintergrund der bundesweiten AOK-Ausschreibung und dem freihändigen Abschluss zahlreicher Rabattverträge ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet und die Bundesrepublik in einem ersten Schritt um eine Stellungnahme zu den rechtlichen Aspekten und den Verfahrensweisen der Krankenkassen gebeten. In dem Verfahren geht es um einen möglichen Verstoß gegen die EU-Vergabe-Richtlinie durch die bisherige Praxis beim Abschluss von Rabattverträgen.

Die Antwort der Bundesregierung vom Februar 2008 konnte die EU-Kommission offensichtlich nicht überzeugen. Die Kommission hat daher nunmehr die zweite Stufe in dem Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und äußert in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme, dass sie das Vergaberecht für anwendbar hält, und stellt fest, dass die gesetzlichen Krankenkassen unterschiedlichste Verfahren für den Abschluss von Rabattverträgen verwenden würden. Diese würden vielfach den vergaberechtlichen Anforderungen nicht gerecht.

Gleichzeitig wird die Bundesrepublik zu einer erneuten Stellungnahme binnen zwei Monaten aufgefordert. Kann die Bundesregierung auch dann die Kommission nicht überzeugen, kann die EU-Kommission eine Vertragsverletzungsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreichen. Der EuGH wird sich allerdings bereits vorher aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf schon Ende 2008 oder Anfang 2009 mit der Praxis der Rabattverträge in Deutschland aus vergaberechtlicher Sicht beschäftigen.

Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) erklärte zu dem Schritt der EU-Kommission, es wäre ein Armutszeugnis für die deutsche Gesundheitspolitik, wenn ein grundsätzlich gutes Steuerungsinstrument so schlecht in die Praxis umgesetzt würde, dass es am Ende vor den Gerichten scheitern müsste. Rabattverträge seien gut, weil sie den Weg zu wettbewerblichen Lösungen im Gesundheitswesen öffneten. Krankenkassen könnten direkt mit Herstellern verhandeln. Zu solchen dezentralen Lösungen stehe der VFA, erklärte Yzer weiter, auch wenn sie sich im real existierenden Dschungel zentraler Regelungen im Gesundheitswesen derzeit nicht voll entfalten könnten. "Für die Zukunft muss gelten: wettbewerbliche Lösungen müssen Reglementierungen ersetzen", fordert Yzer. "Bei Verträgen zwischen Herstellern und Krankenkassen müssen Wettbewerbs- und Kartellrecht sowie Vergaberecht in vollem Umfang zur Anwendung kommen. Sonst ist der nächste rechtliche Betriebsunfall vorprogrammiert," so Yzer abschließend.

AOK Baden-Württemberg schließt Vertrag mit MSD

Die AOK Baden-Württemberg erhält jetzt Rabatte auf zwei innovative Originalpräparate. Nach AOK-Angaben bezieht sich der neue Vertrag mit dem Münchner Pharmaunternehmen MSD Sharp & Dohme auf die Präparate Lorzaar® /Fortzaar® und Fosavance® .

"Wir haben uns für die zwei Medikamente mit überzeugender Datenlage in den Indikationen Hypertonie und Osteoporose entschieden, um die Versorgung unserer Patienten mit innovativen Arzneimitteln zu sichern. Für die Arzneimittel erhalten wir ab sofort einen Preisnachlass. Dadurch können wir mit jährlichen Einsparungen in der Größenordnung von rund einer Million Euro rechnen", erklärte Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvize der AOK Baden-Württemberg am 7. Mai 2008 in Stuttgart.

Die Präparate hätten in ihren Wirkstoffklassen mit das breiteste Einsatzgebiet in der Therapie und die meisten Studiendaten vorzuweisen, so Dr. Tim Husemann von MSD. Die Ärzte in Baden-Württemberg erhielten durch diesen Rabattvertrag die Sicherheit, ihren AOK-Patienten diese hochwirksamen Originalpräparate zur Therapie von Bluthochdruck und Osteoporose wirtschaftlich zu verordnen, sagte Dr. Hermann. Bis dahin hatte MSD mit keiner anderen Krankenkasse einen Vertrag zu den genannten Produkten abgeschlossen. Hermann kündigte an, diese Verträge seien keine Eintagsfliegen. Die AOK Baden-Württemberg gehe davon aus, kurzfristig weitere Indikationen im Originalmarkt einbeziehen zu können..

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