Was tun bei unsympathischen Kunden?

Ein tolles Beratungsgespräch mit sympathischen Kunden führen – das kann (fast) jeder Apotheker und (fast) jede Mitarbeiterin. Die Herausforderung besteht darin, auch mit dem "Unsympath" zurechtzukommen.
Wie man bei anstrengenden Gesprächspartnern richtig reagiert

Der erste Kundenkontakt am Morgen: Die Kundin zeigt Interesse an den neuen Produkten im Sicht- und Freiwahlbereich, sie stellt Verständnisfragen, der Apotheker und sie funken auf derselben Wellenlänge, man ist sich sympathisch, die Chemie stimmt. Den meisten Apothekern und Mitarbeitern fällt es leicht, bei dieser Ausgangslage eine vertrauensvolle Kundenbeziehung aufzubauen.

Der nächste Kunde: Der Apotheker will nicht so denken, er darf nicht so denken – aber niemand kann sich davon freisprechen: Dieser Gesprächspartner ist ihm zutiefst unsympathisch: "Was für ein Kerl. Und zu dem soll ich eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen? Unmöglich." Der Allerweltstipp, Beziehungs- und Sachebene strikt zu trennen, greift zu kurz. Das negative Bauchgefühl des Apothekers wird immer in das Sachgespräch überlappen und es beeinflussen.

Meistens kann der Apotheker gar nicht begründen, warum ihm der Gesprächspartner so unsympathisch ist – oder so sympathisch. Bereits in den ersten Sekunden des Treffens entscheidet sich, wie die gesamte spätere Beziehung geprägt ist. Dabei spielen Verstandes- und Vernunftgründe eine eher untergeordnete Rolle – vielmehr beeinflussen archaische Triebe die Entscheidung. Häufig berichten Apotheker und Mitarbeiter, dass sie schon nach wenigen Augenblicken wüssten, ob das Gespräch zufriedenstellend verläuft oder nicht.

Nun wäre es unprofessionell, wenn der Apotheker und seine Mitarbeiter den Erfolg grundsätzlich davon abhängig machen müssten, ob ihnen ein Kunde unsympathisch ist oder nicht. Wichtig ist daher, dass sie gerade solche Kundenkontakte als Herausforderung begreifen: "Jetzt beweise ich, wie gut ich schwierige Gesprächssituationen bewältigen kann." Der erste Schritt in diese Richtung besteht darin, die Problematik zu erkennen und zu akzeptieren, dass zwischenmenschliche Beziehungen auf Sympathie und Antipathie gründen.

Wenn Apotheker und Personal diese Grundkonstante menschlicher Beziehungen bedenken, wird sich für sie die Bedeutung der Frage, ob ihnen ein Kunde sympathisch ist oder nicht, relativieren. Sie müssen den Menschen, den sie beraten, nicht unbedingt mögen. Sicherlich erleichtert dies den Zugang – eine "Liebesbeziehung" ist nicht notwendig.

Emotionale Situation nüchtern analysieren

Wer solche Gespräche als Herausforderung begreift, ist in der Lage, sich konstruktiv mit dem Phänomen auseinanderzusetzen und zu fragen, woran es liegt, dass er einen Kunden nicht mag:

"Ich kann den Kunden nicht riechen": Das trifft manchmal wortwörtlich zu. Die Antipathie entsteht durch das quergestreifte Hemd, das Gel im Haar. Das jedoch ist ein zutiefst unprofessionelles Verhalten, das sich der Apotheker abtrainieren muss.

Zumeist jedoch liegen die Gründe tiefer. Äußerliche Merkmale – wie der Gesichtsausdruck oder der lasche Händedruck – und unangenehme Verhaltensweisen des unsympathischen Kunden erinnern den Apotheker an schlechte Erfahrungen, die er mit anderen Apothekenkunden – oder allgemein: mit anderen Menschen – durchlebt hat. Diese Erfahrungen überträgt er auf die aktuelle Situation in der Apotheke. Auf einer unbewussten Ebene läuft ein Programm ab: "Mit Menschen, die einem so die Hand schütteln, bin ich noch nie zurecht gekommen."

Antipathie entsteht häufig, weil der Kunde – aus der Sicht des Apothekers – nörgelt, unbequeme Fragen stellt, sich auf die Argumentation nicht einlässt. Vielleicht aber handelt er so, weil er sich unsicher fühlt und gegenüber dem Apotheker, der ihm einen Zusatzkauf aus dem Sicht- und Freiwahlbereich anbietet, behaupten will. Seine Einwände stellen eine "Waffe" dar, mit der er sich durchsetzen möchte. Der Apotheker muss den Kunden dann stärken, ihm Raum lassen, sich zu profilieren.

Eventuell wird dem Apotheker durch den Kunden unbewusst ein Spiegel vorgehalten: Der Kunde hat dieselben negativen Eigenschaften wie er, und der Apotheker mag diese Eigenschaften deshalb nicht, weil er sie bei sich selbst beobachtet.

Konstruktiv mit unsympathischen Kunden umgehen

Natürlich: Der Apotheker darf nicht zu viel psychologisieren. Allerdings: Ist die Ursache dafür, dass er den Kunden nicht riechen kann, erkannt, sollte er konkrete Gegenmaßnahmen ergreifen. Ein Kunde, der dominant und herrisch auftritt, ist vielleicht nur äußerst selbstbewusst. Dies mag ihn unsympathisch machen – der Apotheker deutet diesen Charakterzug insofern um, als dass er sich bei der Nutzenargumentation ganz besonders anstrengt.

Zuweilen verbergen arrogante Kunden hinter ihrem unsympathischen Gebaren eine tiefe Verunsicherung. Der Apotheker ist in diesem Fall gut beraten, diese Unsicherheit durch sachliche Information und professionelle Gesprächsführung aufzulösen.

Zudem sollte er sich bewusst machen: Je negativer seine Einstellung gegenüber dem Gesprächspartner, desto mehr negative Reaktionen löst er zwangsläufig aus. Er wird nach "Beweisen" für seine Ansicht suchen, was für ein unsympathischer Typ dieser Kunde ist. Es kommt zur sich selbsterfüllenden Prophezeiung. Diese Negativspirale kehrt er ins Gegenteil um, indem er dem unsympathischen Kunden mit einer positiven Einstellung gegenübertritt – die er sich jedoch erarbeiten muss: "Welche sympathischen Seiten erkenne ich an ihm?"

Diese Eigenschaften rückt der Apotheker schließlich in den Mittelpunkt seiner Bewertung des Apothekenkunden. Mehr noch: Beim nächsten Kontakt achtet er bewusst darauf, positive Eigenschaften am unsympathischen Gesprächspartner zu erkennen und auf der Beziehungsebene ein angenehmes Gesprächsklima aufzubauen. Beim sympathischen Kunden stellt sich dieses Klima von selbst ein – beim unsympathischen muss der Apotheker Kreativität entwickeln.

Hinzu kommt: Die negativen Eigenschaften hätten auch noch stärker ausgeprägt sein können. So relativiert der Apotheker die unsympathischen Züge des Kunden – und schätzt sich glücklich: Es hätte schlimmer kommen können!.

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
Ein kleines
Trainingsprogramm
Der Umgang mit unsympathischen Gesprächspartnern lässt sich trainieren:
In Meetings und Mitarbeitergesprächen verdeutlichen, dass Kontakte mit unsympathischen Kunden eine besondere Bewährungsprobe darstellen – für Apotheker und Mitarbeiterinnen Gedankenaustausch zum "Umgang mit schwierigen Kunden" fördern Gemeinsam auf Ursachensuche gehen Gegenmaßnahmen überlegen und in kleinen Rollenspielen einüben

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