Kein Interesse an Zielpreisen

BADEN-BADEN (ks). Für den Vize-Vorstandschef der AOK-Baden-Württemberg, Christopher Hermann, sind Zielpreisverhandlungen keine echte Alternative zu Rabattverträgen. Auch wenn er sie nicht zum "Auslaufmodell" erklären wolle: ökonomisch könnten sie den AOKs nie so viel bringen wie Rabattverträge, erklärte Hermann am 17. April beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) in Baden-Baden.
Wirtschaftsforum: Krankenkassen sehen in Rabattverträgen größeres Einsparpotenzial

Sein Kollege Johannes Vöcking, Vorstandsvorsitzender der Barmer Ersatzkasse, ist mit den Rabattverträgen, die seine Kasse geschlossen hat, so zufrieden, dass Zielpreisvereinbarungen für ihn ebenfalls nicht von Bedeutung sind.

Auch wenn der DAV unermüdlich für sein Zielpreismodell wirbt – die Resonanz bleibt bescheiden. Vöcking sprach von einem "nicht unsympathischen" Modell. Die Barmer habe es auch durchgerechnet – doch dabei kam sie unterm Strich zu dem Ergebnis, dass sie mit ihren Rabattverträgen besser dran ist. Und letztlich entscheiden die wirtschaftlichen Aspekte, räumte der Kassenchef ein. Während sich die Barmer schon eine gewisse Zeit mit ihren verschiedenen Arten von Rabattverträgen eingerichtet hat, muss Hermann noch eine Übergangslösung für seine Kasse finden. 61 Wirkstoff-Ausschreibungen der AOKs wurden Ende Februar gerichtlich gestoppt – mit den bestehenden 22 Rabattverträgen kann das anvisierte Einsparvolumen bei Weitem nicht erreicht werden. Nun hoffte manch einer aus der Apothekerschaft, dass es zu Zielpreisvereinbarungen kommen werde. Doch ein Treffen mit Fritz Becker, dem Präsidenten des LAV Baden-Württemberg, blies der AOK-Vize ab. Und auch seine Kollegen aus den anderen AOKs schlossen in kurzer Zeit fast ausnahmslos Sortimentsverträge mit großen Generikaanbietern ab. Hermann hat solche Abschlüsse für seine Kasse noch nicht offiziell bekannt gegeben. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch er auf diese Variante zurückgreift, bis über die Wirkstoff-Verträge Rechtsklarheit besteht. Hermann macht keinen Hehl daraus, dass Rabattverträge für die Kassen weit lohnender sind: "Was die Firmen an Rabatten geboten haben, hat selbst unsere Fachleute in die Sessel gedrückt", die Luft der Unternehmen sei offenbar "unendlich", so der AOK-Vize. Nun wartet er gespannt auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts, die diesen Dienstag fallen und die Frage des Rechtsweges für Streitigkeiten aus Rabattverträgen klären soll. Nicht ganz unwahrscheinlich ist allerdings, dass auch der Bundesgerichtshof diese Frage noch einmal entscheiden wird – nicht zwingend mit dem gleichen Ergebnis wie die Sozialrichter.

Für DAV-Chef Hermann S. Keller sind die Zielpreise indessen weiterhin eine "echte Alternative" zu Rabattverträgen. Einzig in Rheinland-Pfalz gibt es bereits ein solches Modell. Und dieses läuft Keller zufolge bestens: Die Industrie senke ihre Preise, die Zielpreise könnten damit vierteljährlich nach unten angepasst werden. Mit nur fünf Wirkstoffen habe man in Rheinland-Pfalz 100 Mio. Euro durch die Zielpreise sparen können. Nun werde über eine Neuauflage der Vereinbarung mit neuen Wirkstoffen verhandelt. Im Sommer will man in Rheinland-Pfalz soweit sein. Doch Keller gibt die Hoffnung nicht auf, dass das Modell alsbald auch über die Grenzen seines Landesverbandes hinaus schwappen wird..

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