Enthalten Herstellerrabatte Umsatzsteuer?

Gerichtsurteil wirft Fragen zum Vorsteuerabzug auf

HAMBURG (tmb). Auf die Apotheken kommen möglicherweise Korrekturen ihrer Umsatzsteuererklärungen zu. Dies zeigt die nähere Betrachtung eines umsatzsteuerrechtlichen Urteils vom November, dessen Folgen erst jetzt in Apothekerkreisen diskutiert werden.

Den Hintergrund bildet der Fall eines pharmazeutischen Herstellers, der den Herstellerrabatt als Nettobetrag interpretiert hatte, während das zuständige Finanzamt seinen Vorsteuerabzug um die darin vermeintlich enthaltene Umsatzsteuer gekürzt hatte. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte am 6. November 2007 der Klage des Herstellers stattgegeben und dessen Interpretation bestätigt (siehe DAZ 3). Zugleich hatte das Gericht darauf hingewiesen, dass die Apotheken dementsprechend ihren Vorsteuerabzug berichtigen müssten. Über die möglichen Konsequenzen dieses Hinweises sprach die AZ mit Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums und des Hamburger Apothekervereins.

AZ: Herr Dr. Graue, wie konnte es bei einem so alltäglichen Buchungsvorgang zu einer solchen Unstimmigkeit kommen?

Graue: Das Problem beruht auf der Diskrepanz zwischen den Gesetzen des Umsatzsteuerrechts und des Leistungsrechts.

AZ: Welche Folgen können sich aus der Entscheidung für die Apotheken ergeben?

Graue: Es handelt sich um ein einzelnes erstinstanzliches Urteil. Wir wissen nicht, ob weitere Verfahren anhängig sind. Die Sichtweise des Finanzgerichts hätte Folgen für die umsatzsteuerliche Verbuchung der Herstellerrabatte bei den Apotheken. Als Abnehmer der Lieferungen müssten die Apotheken ihren Vorsteuerabzug entsprechend dem aus dem Nettobetrag errechneten Rabatt berichtigen.

AZ: Würde dies zu einer zusätzlichen Belastung für die Apotheken führen?

Graue: Nach dieser Entscheidung vermindert sich das umsatzsteuerrelevante Entgelt um solche Preisnachlässe, die ein in der Leistungskette beteiligter Unternehmer direkt dem Endverbraucher gewährt. Wenn die Vorsteuer vermindert wird, muss aber auch die Umsatzsteuer entsprechend vermindert werden, was die Belastung für die Apotheke wieder ausgleichen würde. Doch hätten Apotheken, Rechenzentren und auch die Finanzämter große Mühen, weil alle Umsatzsteuermeldungen geändert werden müssten, möglicherweise für etliche Zeit zurück. Konsequenterweise müssten die gleichen Überlegungen auch für die Rabattverträge im GKV-System gelten. Da diese Rabatte aber nicht vorher bekannt sind, wäre es sinnvoller, Rabatte als Nettobeträge ohne Umsatzsteuerpflicht zu interpretieren. Darum muss das Problem politisch gelöst werden. Ich schlage vor, dass sich das Gesundheits- und das Finanzministerium und der Deutsche Apothekerverband treffen sollten, um zu einer praktikablen Lösung ohne unnötige Bürokratie zu finden.

AZ: Vielen Dank für das Gespräch.

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