Fonds-Gerangel

Er war von Anfang an eine Missgeburt: der Gesundheitsfonds. Unter großen Qualen zustande gekommen, diente er zwischenzeitlich fast als Kittmittel zwischen Schwarz und Rot. Im Gesundheitsfonds konnten sich beide Koalitionspartner wiederfinden mit der Option, ihn in "besseren Zeiten", sprich: wenn sie nach der nächsten Wahl alleine regieren sollten, zum präferierten eigenen Modell (Bürgerversicherung oder Bürgerprämie) umzubauen. Schon vor diesem Hintergrund sind sich wohl die meisten einig, sagen es aber nicht öffentlich: der Gesundheitsfonds ist Murks. Nachdem im vergangenen Jahr erstmal Ruhe eingekehrt war, lebt seit Januar die Diskussion um das umstrittene Machwerk erneut auf. Ein Jahr vor Inkrafttreten prognostizierten Krankenkassen einen Beitragssatz ab 2009 von 15,5%. Die Stimmen, auch aus Politikerkreisen, die für eine Verschiebung oder sogar einen Stopp des Fonds plädierten, nahmen zu. Selbst die große Mehrheit der Kassen sprach sich gegen ihn aus. Der DGB lehnte ihn ab, da er deutlich mehr Eigenbeteiligung der Versicherten verlange. Ersatzkassenverbände wünschten eine Testphase von zwei Jahren. Der Wirtschaftsweise Rürup forderte eine Notoperation am Fonds. Er geht davon aus, dass der Fonds einen "perversen Wettbewerb um Versicherte mit gutem Einkommen" provoziert. Selbst der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach ist überzeugt, man solle kein schlechtes Produkt verkaufen und besser "den Fonds einsa-cken".

Die gängige Meinung zum Gesundheitsfonds: Er löst keine Probleme, sondern schafft neue. Doch die Warnungen scheinen an den Mauern des Ministeriums abzuprallen. Die Bundesgesundheitsministerin bleibt eisern: "Der Fonds steht im Gesetz und kommt." Man kann sie verstehen, dass sie nicht davon abrücken will. Wäre es doch ein Einknicken und Eingeständnis, mit diesem Gesetzesteil (wieder einmal) ein schlechtes und nicht durchdachtes Produkt durchgepaukt zu haben. Jetzt wünscht man sich mutige Koalitionspolitiker, die ihrem Gewissen folgen und öffentlich dem Fonds eine Absage erteilen. Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesversicherungsamt ist vergangene Woche wegen Meinungsverschiedenheiten über zentrale Details des Fonds zurückgetreten. Es soll Uneinigkeiten beim Thema Finanzausgleich zwischen den Kassen gegeben haben. Nicht zuletzt dieser Schritt bewog die Opposition erneut zu fordern, die Fonds-Pläne zu stoppen. Das Gerangel scheint also weiterzugehen. Es ist wieder einmal ein Lehrstück, dass schlecht gemachte Gesetze nicht gut geredet werden können. Da wäre es wirklich besser, den Fonds zu verschieben – bis nach der Wahl …

Peter Ditzel

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