Börsen: US-Notenbank öffnet die Geldhähne

(hps). Was täten wir nur ohne die Leitbörse in New York! Während die Frankfurter Akteure noch wie kopflose Hühner durch die Gegend liefen, setzten die Amerikaner bereits schon zur Trendwende an. Der große Zinsschritt der US-Notenbank (FED) mag gesamtwirtschaftlich fragwürdig sein, an den Börsen kam er jedoch gut an. Auffällig dabei: Die großen Kursschübe beim Dow Jones mehren sich.

Kurzfristig dürfte die große Liquidität den Kursen helfen, langfristig droht ein Bärenmarkt

"Banker sind Schafe", sagt Jean-Marie Eveillard, Chef des First Eagle Global Fonds in New York, "Sie springen bedenkenlos über die Klippe, wenn alle anderen auch über die Klippe springen." Diese Aussage trifft insbesondere auf die Frankfurter Akteure zu. Den Niedergang einer der größten Investmentbanken, der amerikanischen Bear Stearns, und die gleichzeitige Senkung des US-Diskontsatzes hatte der DAX zunächst mit starken Verlusten quittiert. An den europäischen Finanzmärkten war der Eindruck entstanden, dass das ganze US-Finanzsystem wohl am Rande des Kollaps stehen müsse. Ganz anders dagegen die Wall Street. Die schlechte Nachricht von Bear Stearns belastete sie nur kurzzeitig und der Dow Jones drehte noch am gleichen Abend ins Plus (der Dow Jones liebt es geradezu, just nach dem Abpfiff beim DAX die Richtung zu ändern). Großes Verwirrspiel dann in Frankfurt. Die europäischen Börsen folgten der Leitbörse zunächst nur zögerlich nach oben. Als dann die Investmentbank Lehman Brothers, Goldman Sachs und Morgan Stanley die Markterwartungen deutlich schlagen konnten und die FED zur Krönung ihren Leitzins um 75 Basispunkte auf 2,25% senkte, gab es für den Dow Jones kein Halten mehr. Zu der panikartigen Reaktion am heimischen Parkett kann man im Hinblick auf die Leitbörse in New York nur sagen: Der Schwanz sollte nicht versuchen, mit dem Hund zu wedeln. Das wirkt irgendwie lächerlich.

Damit bleibt es bei dem, was an dieser Stelle seit Wochen gesagt wird: Die Finanzmärkte werden der Spur des billigen Geldes folgen. Die drastischen Maßnahmen der FED sind zwar ein waghalsiges Manöver, das möglicherweise sogar in einer Stagflation enden mag. Aber kurzfristig werden die Märkte von billigem Geld regelrecht geflutet. Diesem massiven Liquiditätsschub steht jedoch so gut wie keine Anlagealternative gegenüber. Der Goldpreis? – ein Witz. Anleihen? – viel zu teuer. Und verfolgt man Unternehmen wie Yahoo oder Adobe, die selbst unter den gegenwärtigen Umständen an ihren ehrgeizigen Zielen mit Erfolg festhalten, dürfte es den Marktteilnehmern auch nicht schwer fallen, wieder auf Risikopapiere zu setzen.

Schlechte Nachrichten und steigende Kurse

Der Pool an "Bad News" scheint indes unerschöpflich. In den USA rollt die Entlassungswelle, die stärkste seit dem Platzen der Internetblase im Jahre 2001. Alleine Goldman Sachs wird annähernd 15% seines Personals abbauen. Am Immobilienmarkt sorgt eine Welle von Zwangsvollstreckungen für einen gewaltigen Preisrutsch. Der Index für das US-Verbrauchervertrauen stürzt vor diesem Hintergrund auf den niedrigsten Stand seit der Ölkrise der 70er Jahre. Aber die Aktienkurse steigen.

Unerwartete Schützenhilfe von Jim Rogers

Nachdem die FED ihre Geldhähne massiv geöffnet hatte, berichten inzwischen die US-Investmentfonds, dass sie erste Aktien-Positionen aufbauen. In ihren Kundenmitteilungen empfehlen die Institute, bei Schwäche in den Aktienmarkt einzusteigen. Daher dürften schlechte Nachrichten nur noch kleine Rücksetzer verursachen, die von den Anlegern in der Regel zügig zum Einstieg genutzt werden. Man beginnt wieder mehr auf die Farbtupfer in der trostlosen Landschaft zu achten. So nahm man erfreut zur Kenntnis, dass die Zahl der verkauften Altbauten im Februar erstmals wieder seit Juli 2007 anstieg. Außerdem wächst der Druck auf die Regierung Bush, durch weitere staatliche Eingriffe, wie dem Aufkauf von Schundanleihen und möglicherweise sogar staatliche Garantien für Hausbauer, den Markt zu bereinigen.

Jim Rogers, der allseits anerkannte Analyst und Mitbegründer des legendären Quantum Fonds, zeigte sich vor Kurzem überraschend von seiner optimistischen Seite. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg gab er sich davon überzeugt, dass die kräftigen Zinsreduzierungen den Bankensektor vor dem Zusammenbruch retten werden und prognostizierte der Börse für den weiteren Jahresverlauf sogar eine Rallye. Mittelfristig sieht er dagegen den Bärenmarkt und die Rezession lediglich vertagt, was seiner Ansicht nach schlimme Folgen haben werde, da die Notenbank bis zum "richtigen Crash" das ganze Pulver verschossen haben dürfte.

Strategie

Vernünftigerweise orientiert man sich immer an der Leitbörse New York, will man die Tendenz in Frankfurt prognostizieren. Nachbeben, also die üblichen Übertreibungen, wie man sie an der Börse Frankfurt immer wieder erlebt, sind dagegen kaum beherrschbar, ändern allerdings auch nichts an der Grundtendenz. Der Dow Jones ist inzwischen klar im Aufwärtstrend – und das scheint man nun langsam auch in Frankfurt zu begreifen. Es bleibt daher bei der Aussage, dass der DAX mit Zielrichtung 7250 bis 7500 Punkte unterwegs ist, wobei bei der 7000er Marke zunächst mit einer Pause gerechnet werden muss. Beachtenswert dabei: Lufthansa (16,85 Euro). Seit Anfang Januar wurde nach unten die 15 Euro-Grenze mehrfach erfolgreich angetestet. Die Konsolidierung dürfte daher abgeschlossen sein. Auch bei SAP (32,75 Euro) scheint technisch das Schlimmste überstanden. Fundamental glänzen beide Werte mit guten Prognosen. DAX am 26. März (17.00 h): 6508 Punkte..

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