Zwei schwierige Jahre für Celesio

STUTTGART (diz). Nicht ganz so locker wie in früheren Jahren präsentierte der Celesio-Vorstandsvorsitzende Dr. Fritz Oesterle die Zahlen seines Konzerns für das zurückliegende Jahr auf der Bilanzpressekonferenz am 12. März in Stuttgart.

Gehe hat in Sachen Marktposition 1,4 Prozentpunkte verloren

Zwar konnte das Gesamtunternehmen Umsatz und Ertrag erneut steigern, aber nicht in gewohntem Umfang. Für 2009 zeigte sich Oesterle jedoch vorsichtig zuversichtlich. Dennoch, der Aktienkurs der Celesio rutschte nach der Pressekonferenz von 35,22 auf 33,85 Euro ab. Zur Erinnerung: Im April 2007 stand er bei ca. 55 Euro.

Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen den Umsatz um 3,6% auf 22,3 Mrd. Euro gesteigert, der Jahresüberschuss stieg um 2,3% auf knapp 436 Mio. Euro. Die gesetzten Ziele habe man zwar erreicht. Aber die Schwierigkeiten des Markts seien belastend für die Entwicklung des Konzerns. 2007 war das erste von mutmaßlich zwei schwierigen Jahren, so Oesterle gleich zu Beginn der Pressekonferenz. Doch in den derzeitigen Veränderungen etablierter Marktstrukturen (der Grund für die Belastungen) sieht er die Basis des künftigen Erfolgs.

Im letzten Jahr habe es einschneidende Veränderungen im Großhandel gegeben, Oesterle nannte hier das Direktbelieferungsmodell eines Arzneimittelherstellers in Großbritannien, der seine Produkte nur direkt an die Apotheken verkauft und einen einzigen Großhändler nur als Logistikdienstleister hierfür einsetzt. Weitere Arzneimittelhersteller wollen diesem Modell folgen. Auch in Deutschland werden solche Modelle, mit denen Hersteller die Lieferkette stärker kontrollieren wollen, bereits diskutiert. Für Oesterle wird es zwar auch weiterhin den klassischen vollsortierten Pharmagroßhandel geben, aber man müsse sich auf die neuen Vertriebsanforderungen der Pharmaindustrie einstellen. Mit "Movianto" habe man daher seit 2004 ein neues Geschäftsfeld für Distributions- und Logistiklösungen aufgebaut. Auch das Einkaufsverhalten der Großhandelskunden ändere sich, es bildeten sich immer mehr Einkaufskooperationen und damit eine andere Nachfragestruktur heraus.

Celesio vorbereitet

In Großbritannien wirkten sich staatliche Eingriffe ab 1. Oktober 2007 auf die Profitabilität des Celesio-Apothekengeschäfts aus, was dazu führt, dass man bis 2010 nicht mehr mit einem durchschnittlich zweistelligen Ergebniswachstum rechnet.

Als weiteren Veränderungsprozess im Markt nannte Oesterle die Liberalisierungstendenzen in europäischen Apothekenmärkten wie Deutschland, Frankreich und weiteren EU-Ländern (Stichwort: die von der EU eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren, siehe Abbildung). "Auf die damit mögliche und von vielen Experten als selbstverständlich erwartete Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes hat sich Celesio mit der Akquisition von ‚Apotheke Docmorris‘ im ersten Halbjahr 2007 vorbereitet", so der Celesio-Chef. Über die Risiken dieses Schritts sei man sich im Klaren gewesen. So hätten die Apothekerverbände Stimmung gegen Celesio gemacht "und Apotheker bewogen, ihre Geschäftsbeziehungen mit Gehe aufzugeben oder einzuschränken", so Oesterle auf der Pressekonferenz. "Wir haben deshalb im zweiten und dritten Quartal in Deutschland Marktanteile verloren", räumte er ein. Gegenüber der Gehe-Marktposition Ende 2006 habe man zum Jahresende 2007 1,4 Prozentpunkte aufzuholen. Er zeigte sich zuversichtlich, dies zu erreichen.

Derzeit beträgt der Marktanteil der Gehe in Deutschland knapp 16%.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ABDA wies die Kritik Oesterles umgehend zurück. "Konzerne wie Celesio sind Rosinenpicker, die nur für gute Ergebnisse Verantwortung übernehmen. Ansonsten sind die Gesundheitspolitik, das Verhalten der Geschäftspartner oder irgendwer anderes verantwortlich. Diese ‚Strategie’ ist ebenso einfältig wie leicht zu durchschauen", konterte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf.

Verhalten optimistisch

Besser verlief das Geschäft in anderen Ländern, wo Celesio bereits Apotheken besitzt, Ende 2007 insgesamt 2273 an der Zahl. In Großbritannien, Norwegen, Irland und Belgien habe man insgesamt 149 neue Apotheken akquiriert. Zur Entwicklung des Großhandelsgeschäfts: Während man in Kroatien und Rumänien verkaufte, habe man Gespräche mit der russischen Protek-Gruppe geführt, allerdings noch ohne Ergebnis.

Für 2008 zeigte sich der Celesio-Chef noch wenig optimistisch. Schuld an dieser Einschätzung gab er vor allem den massiven Eingriffen in die Profitabilität des britischen Apothekengeschäftes und dem schwachen Kurs des britischen Pfunds. "Ergebniswirksame Früchte" erhofft sich Oesterle aus den positiven Effekten der Strukturveränderungen der Märkte erst für 2009. .

Celesio-Bilanz Oesterle (li.) und sein scheidender Finanzchef Zimmermann
Foto: Celesio

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