Kasse muss nicht für "Lorenzos Öl" zahlen

Berlin (ks). Nach einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel handelt es sich bei "Lorenzos Öl" weder um ein Heil- noch um ein Hilfsmittel. Vielmehr sei das Produkt entweder ein nicht zugelassenes Fertigarznei- oder ein Lebensmittel – in beiden Fällen, so das Gericht, sei eine Krankenkasse nicht zur Übernahme der Kosten verpflichtet.

BSG bestätigt Rechtsauffassung des G-BA zur Verordnungsfähigkeit Enteraler Ernährung

(Urteil des BSG vom 28. Februar 2008, Az.: B 1 KR 16/07 R)

Das BSG wies damit die Klage eines an einer seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankung, der langsam fortschreitenden Adrenomyeloneuropathie (AMN), leidenden Versicherten gegen seine Kasse ab. Die Kasse hatte die Kosten für die Versorgung des Klägers mit dem Öl ab Anfang 2000 zunächst übernommen. Bei "Lorenzos Öl" handelt es sich um eine Mixtur aus zwei aus Oliven- und Rapsöl extrahierten Fetten, welche die AMN möglicherweise verzögern oder aufhalten kann. Nach anderthalb Jahren lehnte die Kasse eine weitere Kostenübernahme jedoch ab.

Das BSG hat diese ablehnende Entscheidung der beklagten Ersatzkasse nun bestätigt. Wäre das Mittel als nicht zugelassenes Fertigarzneimittel einzustufen, wäre es nicht einmal ausnahmsweise zu Lasten der GKV verordnungsfähig, so das Gericht. Die Krankheit des Klägers sei weder so selten, dass sie sich der systematischen wissenschaftlichen Erforschung entziehe, noch drohe dem bereits schwer betroffenen Kläger zukünftig eine besonders schwerwiegende Erkrankung, die einen arzneimittelrechtlich zulässigen Einzelimport von Arzneimitteln zu Lasten der GKV durch grundrechtsorientierte Auslegung ermöglichen könnte. Vielmehr bestehe bei einem bereits so erheblich geschädigten AMN-Patienten wie dem Kläger eine bloß ganz entfernte Hoffnung auf Besserung durch die Gabe von "Lorenzos Öl".

Kritik an Öffnungsklausel

Ebenso wenig könne der Kläger "Lorenzos Öl" als Lebensmittel beanspruchen. Die Versorgung mit Lebensmitteln gehöre grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der GKV, so das Gericht. Ausnahmen hiervon kennt das Gesetz nur in engen Grenzen. So hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V in Richtlinien festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einzubeziehen sind. Das Öl sei jedoch keine der genannten Substanzen. Daran könnten auch die Arzneimittelrichtlinien, die das Bundesgesundheitsministerium nach einer Beanstandung des Richtlinienbeschlusses des G-BA zur Enteralen Ernährung im Wege der Ersatzvornahme am 25. August 2005 erlassen hat, nichts ändern. Diese Richtlinien verstoßen nach Auffassung des BSG gegen höherrangiges Recht. Sie seien insoweit nichtig, als sie den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Lebensmittel über die engen abschließenden gesetzlichen Vorgaben des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinaus erweitern.

Die Vorinstanzen hatten die Krankenkasse hingegen unter Verweis auf eine Regelung zur Verordnungsfähigkeit von Enteraler Ernährung in der besagten Arzneimittelrichtlinie verurteilt. Die zwischen G-BA und Ministerium höchst umstrittene Regelung erweitert den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Lebensmittel hinaus auch auf solche Lebensmittel, die im Gesetz nicht ausdrücklich genannt sind (sog. "Öffnungsklausel")..

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