Krankenkassen-Information darf keine Apotheken-Werbung sein

CELLE/HAMBURG (tmb). Die bisherige Rechtsprechung gegen die Werbung von Krankenkassen für einzelne Apotheken ist durch einen weiteren Gerichtsbeschluss bestätigt worden. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle wies am 5. Februar eine Beschwerde der BKK Mobil Oil gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Hannover zurück. Dies hatte eine solche Werbung mit einer einstweiligen Anordnung gestoppt.

Bestätigung durch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
(Az.: L 4 KR 16/08 ER)

Das Sozialgericht Hannover hatte der BKK Mobil Oil am 21. November 2007 auf Antrag des Landesapothekerverbandes Niedersachsen im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt (Az. S 19 KR 401/07 ER), ihre Versicherten dahin zu beeinflussen, Arzneimittel bei bestimmten, namentlich benannten Apotheken zu beziehen und dafür zu werben. Zuvor hatte die Krankenkasse in ihren Mitgliederrundschreiben und im Internet auf ihre Kooperationspartner, eine deutsche und eine niederländische Versandapotheke, hingewiesen. In Serienbriefen hatte sie außerdem Zuzahlungsgutscheine verschickt, die einen Bonus von 2,50 Euro pro Arzneimittel boten.

Die Krankenkasse hatte dies als umfassende Information über eine wirtschaftliche Inanspruchnahme des Sozialsystems gerechtfertigt. Das Sozialgericht erkannte darin aber eine unzulässige Werbung, die gegen § 1 Absatz 4 des BKK-Versorgungsvertrages verstoße. Durch die Zuzahlungsgutscheine würden die Versicherten nicht informiert, sondern gezielt beeinflusst. Auch die Kooperationsdarstellung im Internet gehe über eine neutrale Information hinaus. Außerdem sei ein solcher Zuzahlungsverzicht nicht mit der Zuzahlungsregel gemäß § 31 Absatz 3 SGB V vereinbar. Denn der Zweck der Zuzahlungsregel sei nicht allein, den Krankenkassen eine Einsparmöglichkeit zu eröffnen, sondern auch auf die Versicherten einzuwirken, Arzneimittel nur bei echtem Bedarf einzusetzen.

Das Landessozialgericht schloss sich nun der Begründung des Sozialgerichts an und ergänzte, dass die Zuzahlungsregel nicht zugunsten der Krankenkassen erlassen worden sei, sondern die Selbstverantwortung der Versicherten stärken sollte. Auch wenn die Krankenkassen ihre Mitglieder sachlich informieren und vor unberechtigten Preisabsprachen örtlicher Apotheker schützen wollten, könne dies nicht mit Maßnahmen geschehen, die ihrerseits gegen gesetzliche oder vertragliche Rechtsgrundlagen verstoßen.

Übereinstimmung mit Bundessozialgericht

Die Rechtsprechung stützt sich auch auf Beschlüsse des Hessischen Landessozialgerichts vom 9. August 2006 und vom 30. April 2007 (Az. S 21 KR 429/06 ER und L 8 KR 199/06 ER) und des Hamburgischen Landessozialgerichts vom 1. August 2007 (Az. L 1 KR 16/06). In dem ganz ähnlichen Hamburger Fall, der den Hamburger Apothekerverein sieben Jahre lang beschäftigte, hatte das Bundessozialgericht am 15. Januar 2008 eine Entscheidung gegen die City BKK bestätigt (siehe Apotheker Zeitung Nr. 6, S. 2, Az. B 3 KR 25/07 B). Damit wurde der Krankenkasse untersagt, für den Bezug bei einer namentlich genannten Internetapotheke zu werben. Die Gerichte hatten sich dabei auf den Hamburger Arzneiliefervertrag gestützt und die Grenze zwischen zulässiger Information und unzulässiger Werbung von Krankenkassen für einzelne Apotheken aufgezeigt.

Gegenüber der AZ wies Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, auf den engen Zusammenhang zwischen den Streitigkeiten in Niedersachsen und Hamburg hin. Vor dem Hintergrund einer höchstrichterlichen Entscheidung in dem Hamburger Fall sei es folgerichtig, wenn das Hauptsacheverfahren in dem niedersächsischen Fall gar nicht erst eröffnet werde. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mache zudem deutlich, dass Krankenkassen als Körperschaften öffentlichen Rechts zur Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen verpflichtet sind. Nach Einschätzung von Graue dürfte es damit nun für alle Krankenkassen unmöglich sein, für einzelne Apotheken zu werben..

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