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ZL-Studie: Gefälschte Arzneimittel aus dem Internet

Mit der Freigabe des Arzneimittelversandhandels hat das Bundesgesundheitsministerium den Verbrauchern einen Bärendienst erwiesen. Zum einen hat die Erlaubnis zum Arzneiversand eine Lawine losgetreten in Richtung Preisverfall von Arzneimitteln mit negativen Folgen für den Umgang mit Arzneimitteln. Billigere Arzneimittel – das mag auf den ersten Blick für den einen oder anderen Bürger natürlich etwas Positives sein. Verbraucherverbände und -magazine im Fernsehen frohlocken. Aber hat es letztlich nicht dazu geführt, dass das Arzneimittel an Seriosität eingebüßt hat und mehr und mehr als Ware angesehen wird wie Brötchen, Wurst und Käse? Der Verbraucher jagt Arzneimittelschnäppchen nach, egal, ob er sie gerade benötigt oder nicht. Das kann zum unkontrollierten Mehrkonsum von Arzneimitteln beitragen.

Kann das Bundesgesundheitsministerium wirklich befürworten, dass der Verbraucher sich hemmungslos und ohne jede Kontrolle z. B. Schmerz- und Abführmittel und andere Präparate bei Versandapotheken bestellen kann, ohne dass er jemals von einem Apotheker gefragt wird, ob er sich der potenziellen Gefahren dieser Präparate bewusst ist? Die Billigangebote der Internetapotheken haben zudem so manche Präsenzapotheke herausgefordert, sich in einen chaotischen Preiskampf zu stürzen, bei dem schon mal die Beratungsleistung auf der Strecke bleiben kann. Auch vor diesem Hintergrund kann die Freigabe des Arzneiversands mittelbar schlechte Auswirkungen für die Einstellung zum Arzneimittel haben.

Die Erlaubnis für den Internethandel mit Arzneimitteln hat aber noch eine zweite Dimension. Da der Kunde bisweilen nicht zu unterscheiden weiß, ob eine Versandapotheke im Internet ein seriöser Anbieter ist oder nur ein dubioser Geschäftemacher (die Rede ist hier nicht von in Deutschland ansässigen Versandapotheken, sondern von den zweifelhaften ausländischen Versendern), besteht die Gefahr, dass er gefälschte Arzneimittel bekommt mit möglichen schädlichen Auswirkungen auf seine Gesundheit. Im harmlosesten Fall bekommt er keine Arzneimittel zugesandt, stattdessen wird sein Kreditkartenkonto belastet. Da einige von ihnen sich auch in deutscher Sprache und Aufmachung auf den Internetseiten präsentieren, fällt es dem Verbraucher nicht immer leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Dass dies keine unbegründete Angstmache ist, sondern ein handfestes Problem, zeigt eine aktuelle Studie des Zentrallaboratoriums (ZL) Deutscher Apotheker (siehe Seite 44 in dieser Ausgabe). Über eine Detektei ließ das ZL bei 19 Versandapotheken das Präparat Propecia bestellen, wobei in einem Fall das Kreditkartenkonto belastet, aber keine Ware geliefert wurde. Nur zwölf der Anbieter übersandten das Produkt. Das ZL untersuchte die eingegangene Ware. Das Ergebnis ist erschreckend: Oft wurde das Präparat ohne vorgeschriebene Verpackung, in Briefumschlägen eingetütet verschickt, mit fremdsprachigen Beipackzetteln – und natürlich ausnahmslos ohne Vorlage eines Rezepts. Die chemisch-analytische Untersuchung ergab, dass die Hälfte der übersandten zwölf Propecia-Präparate gefälscht waren: vier von ihnen enthielten keinen Wirkstoff, zwei wiesen einen deutlichen Mindergehalt des Wirkstoffs Finasterid auf, zusätzlich einen weiteren nicht näher identifizierbaren Stoff.

Diese Untersuchungen müssen in die Öffentlichkeit gebracht werden. Medien wie Stern, Spiegel, Focus, die kritischen Polit- und Verbrauchermagazine im Fernsehen wie Plusminus, Fakt und die Verbraucherzentralen müssen mit solchen Ergebnissen konfrontiert werden, damit sie über diese Gefahren berichten können. Vielleicht setzt nach dieser Studie endlich ein Umdenken ein: Arzneimittel sind eine Ware besonderer Art und Qualität hat ihren Preis. Wer im Internet Arzneimittel bestellt, läuft Gefahr, seine Gesundheit und sein Geld zu riskieren. Wer sich über die Seriosität der Internetapotheke keine Gewissheit verschafft, kann bös reinfallen. Oder als einfache Botschaft: Die Apotheke vor Ort ist und bleibt die sicherste Quelle für Arzneimittel.

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