Fortbildungskongress

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Die Haut ist am häufigsten betroffen

Fast alle Arzneimittel können kutane Hautreaktionen hervorrufen und oft hängen die kutanen Nebenwirkungen mit dem Wirkprinzip zusammen. Aber sie können auch einen immunologischen Hintergrund haben. Solche Reaktionen lassen sich, so Prof. Dr. Burkhard Kleuser, Berlin, in der Regel nicht vorhersagen.

In der Rangliste der von unerwünschten Arzneimittelwirkungen betroffenen Organe steht die Haut an erster Stelle. Wie häufig unerwünschte Hautreaktionen auf Arzneimittel tatsächlich sind, lässt sich nur schwer abschätzen. Die Angaben liegen zwischen zwei und 40%. Am aussagekräftigsten sind nach Meinung Kleusers die Daten von hospitalisierten Patienten. Die Häufigkeit liegt hier zwischen 2 und 5%. Allerdings unterscheidet sich das Spektrum der verwendeten Medikamente deutlich von dem in der ambulanten Behandlung. Betroffen sind vor allem ältere Menschen. Die Hautreaktionen selber sind von höchst unterschiedlicher Natur. Makulöse und makulopapulöse Arzneimittelexantheme führen die Liste der unerwünschten kutanen Arzneimittelwirkungen an, gefolgt von Urtikaria und Angioödemen, dem fixen Arzneimittelexanthem und der multiformen/toxischen epidermalen Nekrolyse (Tab. 1).

Viele Hautreaktionen lassen sich mit den pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Eigenschaften der Arzneimittel erklären und sind damit vorhersehbar. So beispielsweise bei dem in der Onkologie verwendeten Erlotinib, einem Antagonisten des epidermalen Wachstumsfaktors EGF, der auch das Wachstum und die Differenzierung von Hautzellen beeinflusst. Weitere prominente Beispiele sind Heparine und Glucocorticoide. Diese vorhersehbaren Hautreaktionen treten meist erst nach längerer Behandlung mit dem Arzneistoff auf.

Arzneimittelexantheme haben in der Regel einen immunologischen Hintergrund und lassen sich nicht vorhersagen. Unterschieden werden Soforttypreaktionen von Spätreaktionen.

Die Urtikaria zählt neben dem Angioödem und dem anaphylaktischen und anaphylaktoiden Schock zu den Soforttypreaktionen, die entweder sofort oder innerhalb von 72 Stunden nach Gabe des Arzneimittels auftreten. Wichtige Auslöser sind Penicilline, Analgetika, Röntgenkontrastmittel, Anästhetika, Lokalanästhetika und Volumenersatzmittel.

Zu den Spätreaktionen zählen das makulöse und makulopapulöse Arzneimittelexanthem sowie schwere Verlaufsformen wie das Stevens-Johnson-Syndrom und die toxische epidermale Nekrolyse.

Vielfältiges Erscheinungsbild

Fast für jedes Arzneimittel wurden makulöse und makulopapulöse Arzneimittelexantheme beschrieben. Das Erscheinungsbild ist äußerst vielfältig und reicht von skarlatiniformen, rubeoliformen und morbilliformen Exanthemen bis hin zu den selteneren großfleckigen, gyrierten und großflächigen Ausprägungen. Es lässt keinen Rückschluss auf das auslösende Arzneimittel zu. Besonders häufig werden makulöse und makulopapulöse Exantheme nach Gabe von Ampicillin (in 20 bis 30% aller Fälle) und Aminoglutethimid beobachtet. Sie können sich wie im Fall von Aminoglutethimid im Verlauf der Therapie zurückbilden, sie können aber auch persistieren. Was bei einer erneuten Gabe des Arzneimittels geschieht, kann ebenfalls nicht vorhergesehen werden, die Hautreaktion kann heftiger ausfallen, sie kann aber auch ausbleiben.

Schwerere Verlaufsformen nach längerer Latenzzeit

In der Regel treten leichtere Verlaufsformen des Arzneimittelexanthems nach wenigen Tagen auf, schwerere Verlaufsformen wie das Stevens-Johnson-Syndrom oder die toxische epidermale Nekrolyse erst nach einer bis drei Wochen, das Hypersensitivitätssyndrom nach zwei bis acht Wochen.

Das Hypersensitivitätssyndrom beginnt mit einem rubeoli- oder morbilliformen Exanthem und wird unter anderem begleitet von Fieber, Arthralgien, Hepatitis, Lymphknotenvergrößerungen und hämatologischen Veränderungen. Die Mortalität liegt bei 10%. Häufigste Auslöser sind Carbamazepin und Phenytoin. 75% aller Fälle eines Hypersensitivitätssyndrom lassen sich auf Carbamazepin zurückführen.

Nekrosen der Keratinozyten stehen bei dem Erythema exsudativum multiforme (EEM), dem Stevens-Johnson-Syndrom und der toxischen epidermalen Nekrolyse (früher Lyell-Syndrom) im Vordergrund. Während das EEM in der Regel komplikationslos wieder abklingt, ist die Mortalität beim Stevens-Johnson-Syndrom und der toxischen epidermalen Nekrolyse mit 1 bis 10% respektive über 35% hoch. Zu den häufigsten Auslöser dieser schweren Verlaufsformen zählen Allopurinol, Carbamazepin, Co-trimoxazol, Phenylbutazon, Phenytoin, Piroxicam und Sulfonamide.

Platz drei der kutanen Arzneimittelnebenwirkungen wird von dem fixen Arzneimittelexanthem belegt. Meist handelt es sich dabei um runde oder ovale Erytheme, die bei erneuter Gabe des verantwortlichen Arzneimittels an der gleichen Stelle wieder auftreten. Zu den wichtigsten Auslösern zählen Sulfonamide, Tetracycline, Gyrasehemmer, Barbiturate, Chinin, Trimethoprim und Nifedipin.

du

Foto: "Hautkrankheiten im Blick", WVG

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