Fortbildungskongress

Alopezie

Wenn die Haare schwinden

Haarausfall kann viele Gründe haben. Er kann vorübergehender Natur sein oder aber zur vollständigen Glatzenbildung führen. Prof. Dr. Hans Wolff, München, hat in seinem Vortrag zur Diagnostik und Therapie der Alopezie Möglichkeiten und Grenzen der Behandlung des oftmals sehr belastenden Haarverlustes aufgezeigt.

Das Haar unterliegt einem Wachstumszyklus bestehend aus drei Phasen: In der Anagenphase wächst das Haar, sie kann zwischen zwei und zehn Jahren andauern. Dabei wächst das Haar pro Tag 0,3 mm, pro Monat 1 cm und pro Jahr 12 cm. Abhängig von der Dauer dieser Wachstumsphase ist dann auch die erreichbare Haarlänge. Die Anagenphase ist durch eine hohe metabolische Aktivität gekennzeichnet und ist sehr störungsempfindlich. Noxen wie Zytostatika, aber auch seelische Belastungen oder Stoffwechselstörungen können die Wachstumsphase abrupt beenden. An die Anagenphase schließt sich eine zwei Wochen andauernde Umbauphase an, die katagene Phase, das Haar hört auf zu wachsen. Die katagene Phase geht dann in die telogene Phase, also die Ruhephase über, die nach zwei bis vier Monaten mit dem Ausfall des Haares endet.

Normalerweise verlieren wir zwischen 60 und 100 Haare pro Tag. Überschreitet der Haarverlust diese Werte deutlich, dann sollte nach den Gründen geforscht werden. Ursachenforschung heißt in diesem Fall zu schauen, was vor zwei bis vier Monaten passiert ist. Denn der Prozess, der heute zum Haarausfall führt, ist mit dem Ende der Anagenphase in Gang gesetzt worden. Eindrucksvoll lässt sich das an dem bei vielen Menschen zyklisch auftretenden Haarverlust in den Monaten September/Oktober zeigen. Hier kann in vielen Fällen eine verstärkte Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Wachstumsphase vieler Haare abrupt beendet wurde.

Diffuser Haarausfall lässt sich stoppen

Wenn ein Patient oder eine Patientin über Haarausfall klagt, dann muss unterschieden werden, ob es sich um einen verstärkten Haarwechsel, also um ein Effluvium handelt oder ob eine Alopezie vorliegt, die durch eine sichtbare Ausdünnung charakterisiert ist.

Auch wenn bei vielen Medikamenten im Beipackzettel der Hinweis auf einen möglicherweise verstärkt auftretenden Haarausfall zu finden ist, kommt diese Nebenwirkung, so Wolff, in erster Linie bei einer Heparintherapie oder einer Zytostatikabehandlung zum Tragen.

Weitere wichtige Ursachen einer diffusen Ausdünnung der Haare können ein Eisenmangel, eine Schilddrüsenüberfunktion, eine generalisierte Hautentzündung, aber auch eine Syphilis sein. Sind die Störungen, die zu einer vorzeitigen Beendigung der Anagenphase geführt haben, bekannt und zu beheben, lässt sich auch das Problem Haarausfall und Ausdünnung lösen.

Alopecia areata – Kampf gegen T-Lymphozyten

Ungünstiger ist die Prognose bei der umschriebenen Alopezie, der Alopecia areata. Hier handelt es sich um eine durch T-Lymphozyten ausgelöste Autoimmunerkrankung, deren Prognose um so günstiger ist, je kleiner das betroffene Areal und je kürzer der Krankheitsverlauf ist. Bei prognostisch günstigen Formen bietet sich eine Behandlung mit Zinktabletten in einer Dosierung von zweimal 20 mg oder zweimal 50 mg pro Tag an. Hierbei sollen immunmodulatorische Eigenschaften des Zinks den Angriff der T-Lymphozyten auf den Haarfollikel stoppen. Nach Ansicht von Prof. Wolff ist diese Therapie zwar nicht evidenzbasiert, aber aussichtsreicher als eine topische Cortisonbehandlung. Eine interessante Alternative, für die es jedoch keine Zulassung gibt, ist die topische Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon (DCP). DCP ist ein obligates Kontaktallergen, das, auf die Kopfhaut aufgetragen, zu einer akuten allergischen Reaktion führt. Nach ein bis zwei Tagen klingt die Reaktion ab und mit dem Verschwinden der dafür verantwortlichen T-Lymphozyten sinkt die Zahl der Follikel-aggressiven T-Lymphozyten. Bei 20 bis 30% der Patienten können mit dieser Off-label-Therapie kosmetisch befriedigende Ergebnisse bei Alopecia areata erzielt werden.

Minoxidil: vorübergehend verstärkter Haarausfall

Die häufigste Alopezieform sowohl bei Männern als auch bei Frauen ist die androgenetische Alopezie, bei der sich unter dem Einfluss von Dihydrotestosteron (DHT) die Haarfollikel verkleinern und damit der Haarausfall eingeleitet wird. Im Mittelpunkt der Therapie steht daher auch die Verringerung der DHT-Konzentration. Bei Männern bietet sich hierzu die orale Gabe von 1 mg des 5-Alpha-Reduktasehemmers Finasterid (Propecia®) pro Tag an. Alternativ hat sich die lokale Applikation einer 5%igen Minoxidil-Lösung (Regaine Männer®) bewährt. Mit Minoxidil werden maximale Therapieerfolge nach drei bis sechs Monaten erzielt, mit Finasterid nimmt die Haardichte über zwei Jahre hinweg kontinuierlich zu, dann nimmt sie wieder ab, soll aber nach fünf Jahren in über 80% der Fälle noch höher sein als vor Behandlungsbeginn.

Frauen mit androgenetischer Alopezie können mit einer 2%igen Minoxidil-Lösung (Regaine Frauen®) erfolgreich behandelt werden. Nehmen die betroffenen Frauen ein orales Kontrazeptivum ein, empfiehlt sich die Umstellung auf ein antiandrogen wirkendes Präparat.

Prinzipiell ist bei der an sich gut verträglichen Therapie mit Minoxidil zu beachten, dass nach vier bis sechs Wochen Haare verstärkt ausfallen.

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