Arzneimittel und Therapie

Stammzelltherapie

Nie zu früh, aber manchmal zu spät

Im Eduardus-Krankenhaus Köln hat das erste deutsche Klinik-Zentrum für regenerative Medizin seine Arbeit mit adulten Stammzellen aufgenommen. Die DAZ sprach mit den leitenden Ärzten Dr. Dirk Happich, Facharzt für Transfusions- und Labormedizin, und Dr. Peter Nitsche, Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie, darüber, wie dort die Erfolg versprechenden Forschungsresultate in die Therapie neurologischer Krankheiten umgesetzt werden.

DAZ Ethische Probleme mit der Forschung an adulten Stammzellen gibt es weltweit nicht. Kritisch wird jedoch gesehen, dass diese schon heute in die Therapie eingeführt werden, obwohl die Forschung hierfür noch nicht genügend positive Grundlagen geliefert hat. Vermutlich teilen Sie die Argumente Ihrer Kritiker nicht.

Happich: Richtig. Denn zahlreiche Studien und vor allem auch praktische Erfahrungen in aller Welt haben gezeigt, dass die Therapie mit adulten Stammzellen funktioniert. Korrekt aber ist, dass wir in etlichen Bereichen noch intensiv weiterforschen müssen, woran sich auch unser Institut in Köln beteiligt.

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Also, für viele bisher hoffnungslose Krankheitssituationen kommt die Stammzelltherapie nicht zu früh, aber manchmal zu spät.

Happich: So könnte man sagen. Wir sind der Meinung, dass Patienten, die dringend jetzt der Hilfe bedürfen, diese auch jetzt bekommen sollten, vor allem, wenn wir dazu eigentlich schon in der Lage sind. Darüber hinaus nehmen wir nur Patienten an, die alle herkömmlichen Behandlungen bereits absolviert haben.

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Für die also die Stammzelltherapie sozusagen eine letzte Chance darstellt?

Happich: Ja, auf Besserung ihres Leidens und damit ihrer Lebensqualität. Und die eindrucksvollen Erfolge, die wir bereits erzielen konnten, bestätigen uns in unserer Auffassung.

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Worin besteht das Prinzip der Therapie mit adulten Stammzellen?

Nitsche: Adulte Stammzellen findet man auch noch beim erwachsenen Menschen in vielen Geweben und Organen. Wir benutzen die Stammzellen aus dem Knochenmark, weil man weiß, dass diese Zellen noch dazu fähig sind, sich in ganz unterschiedliche Gewebetypen zu differenzieren. Solche adulten Stammzellen funktionieren im Körper als natürliches Reparatur- und Regenerationssystem. Das machen wir uns zunutze.

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Um solche Stammzellen zu gewinnen, müssen Sie also dem Patienten Knochenmark entnehmen.

Nitsche: Ja, wir entnehmen es dem Patienten aus dem Hüftknochen. Wir reinigen und konzentrieren diese körpereigenen Stammzellen anschließend und reimplantieren sie dem Patienten auf verschiedenen Wegen, je nachdem, um welche Krankheit es sich handelt und welches Organ oder Gewebe erreicht werden soll. Die Stammzellen suchen sich dann ihren Weg zu den geschädigten Regionen und beginnen dort mit ihren Reparaturmaßnahmen.

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Welche Voraussetzungen müssen bei einem Kranken für eine Therapie mit adulten Stammzellen gegeben sein?

Happich: Unsere Patienten haben meist schon alle anderen Therapien mit mehr oder weniger unbefriedigendem Ergebnis hinter sich, es gibt also keine weiteren alternativen Behandlungsoptionen mehr für sie. Aufgrund des Gesprächs mit dem Patienten, der Prüfung aller vorhandenen medizinischen Unterlagen und gegebenenfalls noch eigener Untersuchungen entscheidet unser Ärzteteam, ob eine Stammzelltherapie für sinnvoll und erfolgversprechend angesehen wird. Ein weiteres wichtiges Kriterium für den Erfolg einer Stammzelltherapie ist die Qualität des Knochenmarks. Es muss genügend vitale Stammzellen enthalten, um das leisten zu können, was wir von ihm erwarten.

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Wie sieht die Behandlung in der Praxis aus?

Nitsche: Wenn wir uns gemeinsam mit dem Patienten auf eine Stammzelltherapie verständigt haben, erhält der Patient einen Termin für die Stammzell-Entnahme. Wir entnehmen 150 bis 200 Milliliter Knochenmark aus dem Beckenkamm. Nach etwa einer halben Stunde kann der Patient wieder nach Hause gehen. Innerhalb etwa einer Woche bereiten wir die Stammzellen in unserem Labor für die Reinjektion auf. In der Regel erfolgt auch diese ambulant über einen Katheter, den wir in die Leistenarterie einführen – in manchen Fällen angiographisch gesteuert – oder über eine Lumbalpunktion. Bei manchen neurologischen Krankheiten ist unter Umständen eine etwas aufwändigere Operation notwendig, die dann auch mit einem kurzen stationären Aufenthalt in unserer Klinik verbunden ist.

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Und danach?

Nitsche: Zur Nachbeobachtung bleibt der Patient mit uns in Kontakt. Über eine 24-stündige Hotline kann er uns rund um die Uhr erreichen. Abgesehen von einer vorübergehenden Übelkeit oder leichten Schmerzen nach der Behandlung werden keine Nebenwirkungen beobachtet.

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Welche Kosten entstehen dem Patienten und werden sie teilweise oder ganz von den Kassen getragen?

Happich: Derzeit übernehmen die Kassen die Kosten für die Stammzelltherapie noch nicht. Die Behandlung muss also von den Patienten privat bezahlt werden. Je nach Aufwand liegen die Kosten für eine einfache Stammzelltherapie bei 5500 Euro, ist eine Angiographie erforderlich erhöhen sich die Kosten auf ca. 7500 Euro. Bei einer Operation wird es natürlich teurer, man muss dann mit ca. 16.000 Euro rechnen. Bei der Mehr-zahl unserer Patienten genügt aber die einfache Prozedur.

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Diese Ausgaben kann sich dann aber nicht jeder leisten.

Happich: Im Augenblick ist das leider so, aber über unsere XCell-Center-Stiftung, die auch unsere Stammzellforschung unterstützt, versuchen wir auch diesen Patienten die Chance auf eine Stammzelltherapie zu ermöglichen.

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Ärzte welcher Fachrichtungen sind bei Ihnen tätig und welche Erfahrungen bringen sie für die Stammzellentherapie mit?

Nitsche: Unser Ärzteteam besteht aus Neurochirurgen, Transfusions- und Labormedizinern, Internisten und Diabetologen, die alle schon über eine teilweise mehrjährige Erfahrung in der Stammzelltherapie verfügen.

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Arbeiten Sie auch mit anderen Zentren zusammen?

Nitsche: Selbstverständlich arbeiten wir auch national und international eng mit anderen Zentren zusammen und tauschen untereinander unsere Erfahrungen aus.

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Welche Krankheitsbilder werden derzeit bei Ihnen vorwiegend behandelt?

Happich: Vor allem solche, bei denen wir selbst über genügend Erfahrung verfügen und gute Erfolgsaussichten bestehen. Es handelt sich dabei um neurologische Krankheiten wie Hirninfarkt (Schlaganfall), Rückenmarkverletzungen bzw. degenerative Krankheiten wie multiple Sklerose, Morbus Parkinson und Morbus Alzheimer. Ebenso führen wir die Stammzelltherapie bei Krankheiten innerer Organe wie Diabetes mellitus Typ 2 und deren Folgeerkrankungen durch, wie diabetisches Fußsyndrom und erektile Dysfunktion. Aber auch Herzinfarkt-Patienten oder Menschen mit Leberkrankheiten oder Arthrose können bei uns Hilfe finden.

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Herr Dr. Happich, Herr Dr. Nitsche, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

XCell-Center GmbH im Institut für Regenerative Medizin
Custodisstraße 3 -17, 50679 Köln, Telefon: 02 21 - 8 02 50 95,
Fax: 02 21 - 8 02 50 96,

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