Arzneimittel und Therapie

Thromboseprophylaxe

Eingriff in die Blutgerinnung Der Faktor Xa spielt eine ganz zentrale Rolle bei der Blutgerinnung. Wird er durch Rivaroxaban gehemmt, so kommt es nicht zu einer Umwandlung von Prothrombin zu Thrombin, und somit weder zu einer Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin, noch zu einer Thrombozytenaktivierung. Bisherige Antikoagulanzien hatten das Ziel, die Koagulationskaskade herunter zu regulieren und das Blut zu ­verdünnen. [Quelle: Thews, G.; Mutschler, E.; Vaupel, P.: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. 6. Auflage, WVG, Stuttgart (2007).

Oraler direkter Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban

Ergebnisse aus klinischen Studien unterstreichen, dass der neue Gerinnungshemmer Rivaroxaban (Xarelto®) venösen Thromboembolien bei Patienten nach orthopädischen Eingriffen an den unteren Extremitäten signifikant wirksamer vorbeugt als die Standardtherapie Enoxaparin. Rivaroxaban ist ein oraler, direkter Faktor-Xa-Inhibitor der neuesten Klasse antithrombotischer Arzneimittel, der sich in der letzten klinischen Entwicklungsphase befindet: Im Oktober 2007 wurde bei der EMEA die Zulassung von Rivaroxaban beantragt.

Die venöse Thromboembolie – eine mit einem Blutgerinnsel in einer Vene beginnende Erkrankung – umfasst sowohl tiefe Venenthrombosen (DVT) als auch Lungenembolien (PE). Nach großen orthopädischen Eingriffen besteht bei den Patienten ein besonders hohes Risiko für venöse Thromboembolien (VTE), da während der Operation die großen Beinvenen, die das Blut zum Herzen zurücktransportieren, verletzt werden. Dadurch erhöht sich das Risiko für Gerinnsel und Thrombosen deutlich. Die Folge von wandernden Blutgerinnseln können Lungenembolien und Schlaganfall sein. Deshalb wird nach orthopädischen Operationen an den unteren Extremitäten eine Thromboseprophylaxe für mindestens zehn Tage empfohlen, nach einer totalen Hüftoperation sogar bis zu vier bis fünf Wochen. Während der 49. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in Atlanta wurden Daten aus den Studien Record 1 und Record 2 vorgestellt, die Rivaroxaban nach Hüftgelenksersatz-Operation bewerteten.

Rivaroxaban ist ein oraler, direkter Faktor-Xa-Inhibitor, der neuesten Klasse antithrombotischer Arzneimittel und befindet sich in der letzten klinischen Entwicklungsphase. Die Record-1-Studie hatte 4541 Patienten randomisiert. Ihre Thromboseprophylaxe bestand entweder aus Rivaroxaban 10 mg, beginnend sechs bis sieben Stunden nach der Operation und danach einmal täglich, oder aus Enoxaparin 40 mg einmal täglich, beginnend am Abend vor der Operation, und danach sechs bis acht Stunden nach der Operation. Primärer Studienendpunkt war das Auftreten von tiefen Venenthrombosen, nicht-tödlicher Lungenembolie und Tod. Als Sicherheitsendpunkt wurde das Auftreten von größeren Blutungen erfasst. Es zeigte sich, dass Rivaroxaban signifikant wirksamer war: Unter Enoxaparin kam es bei 3,7% der Patienten zu Zwischenfällen, die als erster Studienendpunkt definiert waren, bei Rivaroxaban dagegen nur in 1,1% der Fälle (p < 0,001). Bezüglich des Sicherheitsendpunkts kam es zwar unter Rivaroxaban auch etwas häufiger zu größeren Blutungen als unter Enoxaparin (0,27% vs. 0,09%). Diese Vorkommnisse waren aber selten, und der Unterschied war nicht statistisch signifikant. Auch in Bezug auf den sekundären Endpunkt, das Auftreten von venösen Thromboembolien, schnitt Rivaroxaban deutlich besser ab (0,2% vs. 2,0% bei Enoxaparin, p < 0,001).

Ebenso wurden Daten aus der direkten Vergleichsstudie Record 3 präsentiert, die ähnlich signifikante Resultate zugunsten von Rivaroxaban gegenüber Enoxaparin nach Kniegelenksersatz-Operation zeigten.

Anhand dieser drei Record-Studien hat Bayer HealthCare Ende Oktober 2007 bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA die Marktzulassung von Rivaroxaban (Xarelto®) in der EU als Prophylaktikum gegen venöse Thromboembolien nach größeren orthopädischen Operationen der unteren Extremitäten beantragt. Bei der FDA in den USA ist ein entsprechender Antrag für Rivaroxaban in einer vergleichbaren Indikation für 2008 geplant.

Die bisher zur Verfügung stehenden Antikoagulanzien haben das Ziel, die Koagulationskaskade herunter zu regulieren und das Blut so weit zu verdünnen, dass nicht gleichzeitig das Risiko besteht, unerwünschte Blutungen hervorzurufen. Diese Therapien (z. B. Heparine, Vitamin-K-Antagonisten) hemmen aber mehrere Angriffspunkte in der Gerinnungskaskade gleichzeitig und haben teilweise sogar Effekte außerhalb dieser. Bei sicher erfolgreicher Wirksamkeit haben diese Therapien auch Nachteile, wie Notwendigkeit einer parenteralen Applikation, unspezifischer Wirkmechanismus, Notwendigkeit eines engmaschigen Monitorings um sowohl Unterkoagulation als andererseits auch Blutungen zu vermeiden. Außerdem kommt es zu Interaktionen mit Nahrung und anderen Arzneimitteln.

Insofern werden in die Entwicklung von direkten Faktor-Xa-Inhibitoren große Hoffnungen gesetzt, weil mit dem Blutgerinnungsfaktor Xa ein ganz wichtiger Dreh- und Angelpunkt in der Gerinnungskaskade angegriffen wird (s. Grafik). Bei einer Hemmung des Faktor Xa kommt es nicht zu einer Umwandlung von Prothrombin zu Thrombin, und somit weder zu einer Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin, noch zu einer Thrombozytenaktivierung. Ein Molekül von Faktor Xa führt zur Bildung von über 1000 Thrombin-Molekülen.

Bei der oralen Applikation ist die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung gegeben. Außerdem kann möglicherweise bei dieser zielgerichteten Therapie auf ein engmaschiges Monitoring verzichtet werden.

Quelle

Eriksson, Bengt I.; et al.: Oral Rivaroxaban Compared with Subcutaneous Enoxaparin for Extended Thromboprophylaxis after Total Hip Arthroplasty: The RECORD1 Trial. Proc. Am. Hem. Vol. 110, No 11 abstr. 6 (2007).

Apothekerin Dr. Annette Junker
Unterschätzte Lebensgefahr
Melanie Bloom, nationale Fürsprecherin für die Coalition to Prevent DVT beleuchtet während der Special Session zu venösen Thrombosen während des ASH 2007 die Patientenperspektive.
Während der Irak Invasion 2003 rief der NBC Korrespondent David Bloom – oben auf einem Panzer liegend, in dem er mehrere Tage umher gefahren war, – seine Frau Melanie, an. Er flüsterte.
Melanie Bloom erzählt: "I asked why he whispered, and he said, ‚Oh, we‘re on the border of Baghdad, and we have to whisper because of the risk of ambush’, and I said, ‚Then why are you sleeping outside on top of the tank, not in the tank?‘ He said, ‚My legs have been cramping up, and I really have to stretch them out tonight.‘ It sounded so innocuous."
Zwei Tage später, am 6. April, verstarb der 39-jährige Bloom an einer Lungenembolie. Durch eine tiefe Beinvenenthrombose war ein Blutgerinnsel vom Bein zur Lunge gewandert. Zu tiefen Beinvenenthrombosen kommt es bei Menschen mit bestimmten Risikofaktoren kombiniert mit eingeschränkter Mobilität.
In Blooms Fall kamen einige solcher Faktoren zusammen: mehrere Langstreckenflüge zwischen New York und Kuwait zu Beginn des Krieges, eine genetische Disposition für Blutgerinnsel und letztlich eine Dehydratation und stundenlange Bewegungslosigkeit im Panzer.
Über zwei Millionen Amerikaner entwickeln jährlich eine tiefe Beinvenenthrombose und diese bringt 200.000 von ihnen um — mehr als Brustkrebs und Aids zusammen.

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