Arzneimittel und Therapie

Kardiovaskuläre Erkrankungen

Senkung des Homocysteinspiegels wirkt nicht protektiv

Eine Senkung des Homocystein-Plasmaspiegels durch die Zufuhr von B-Vitaminen in Kombination mit Folsäure konnte bei schwer nierenkranken Patienten weder die Mortalität noch die Anzahl der kardiovaskulären Ereignisse senken. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass Homocystein zwar ein Marker für bestimmte Erkrankungen bzw. Erkrankungsverläufe ist, nicht aber deren Ursache.

Hohe Homocystein-Plasmaspiegel sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert. Folsäure, Vitamin B12 (Cobalamin) und Vitamin B6 (Pyridoxin) sind am Abbau von Homocystein beteiligt und senken daher die Konzentration von Homocystein im Plasma. Da Patienten, die an einer schweren Nierenerkrankung leiden, häufig stark erhöhte Homocystein-Plasmaspiegel und gleichzeitig manifeste vaskuläre Erkrankungen aufweisen, wurde der Nutzen einer Senkung des Homocysteinspiegels bei diesen Patienten in einer randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Studie untersucht.

In die HOST(Homocysteinemia in kidney and end stage renal disease)-Studie wurden 2056 Patienten mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung bzw. einer Nierenerkrankung im Endstadium, deren Homocysteinspiegel ≥15 µmol/l betrugen, eingeschlossen. Die Patienten wurden per Zufallsverfahren auf die Behandlungsgruppen Placebo (n = 1024) oder Einnahme von 40 mg Folsäure, 100 mg Vitamin B6 und 2 mg Vitamin B12 einmal täglich (n = 1032) verteilt. Die Behandlungsdauer betrug im Durchschnitt 3,2 Jahre. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum Tod jeglicher Ursache. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem die Zeit bis zum Eintritt eines Herzinfarkts, eines Schlaganfalls, einer Amputation an den unteren Extremitäten sowie eine kombinierte Zielgröße aus diesen drei Komponenten und der Mortalität.

Bei der Kontrolluntersuchung nach drei Monaten war die Homocystein-Plasmakonzentration in der Behandlungsgruppe um durchschnittlich 25,8% (p < 0,001) gesunken, während in der Placebogruppe keine signifikante Veränderung eingetreten war. Beim primären Endpunkt, der Mortalität, zeigte sich jedoch im gesamten Verlauf der Studie kein Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen. Am Ende der Studie waren 436 Patienten der Placebogruppe und 448 Patienten der Vitamingruppe gestorben (Hazard Ratio 1,04; 95%-KI: 0,91 bis 1,18). Ebenso wurde auch bei allen sekundären Endpunkten kein signifikanter Unterschied zwischen der Vitamin- und der Placebogruppe festgestellt. Damit konnte in dieser Studie keine therapeutische Wirksamkeit einer Senkung des HomocysteinPlasmaspiegels bei den untersuchten Hochrisikopatienten festgestellt werden.

Die vorliegende Studie ist nicht die erste Studie, die zeigte, dass die Supplementierung hoher Dosen Folsäure in Kombination mit B-Vitaminen zwar die Homocystein-Plasmaspiegel sinken lässt, sich daraus aber kein Nutzen in Bezug auf Mortalität und kardiovaskuläre Ereignisse ergibt. Homocystein scheint demnach ein Marker für bestimmte Erkrankungen bzw. Erkrankungsverläufe zu sein, nicht aber deren Ursache. Eine medikamentöse Senkung dieses Blutwertes durch Einnahme kombinierter B-Vitamine zur Senkung des ‚ Risikos kardiovaskulärer Ereignisse kann Patienten mit entsprechendem Krankheitsrisiko daher nicht empfohlen werden.

Quelle

Jamison RL, et al: Effect of homocysteine lowering on mortality and vasculr disease in advanced chronic kidney disease and end-stage renal disease. A randomized controlled trial. JAMA 2007;298:1163-1170

Baigent C, Clarke R: B vitamins for the prevention of vascular disease. Insufficient evidence to justify treatment. JAMA 298: 1212-1214.

Apothekerin Dr. Birgit Schindler

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