Prisma

Genforschung

Musik liegt in den Genen

Der Volksmund weiß: Aus Schaden wird man klug. Warum dies nicht auf jeden zutrifft, haben deutsche Wissenschaftler herausgefunden. Menschen mit einer bestimmten Genvariante fällt es demnach schwerer, aus negativen Erfahrungen die richtige Konsequenz zu ziehen.

Die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen, lässt sich möglicherweise auf eine beeinträchtigte Dopamin-Verarbeitung im Gehirn zurückführen. Durch Veränderungen im Erbgut stehen dem Neurotransmitter weniger Rezeptoren als normal zur Verfügung. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, die negativen Folgen ihres Handelns einzuschätzen und sind anfälliger für Sucht- und Zwangserkrankungen, wie eine Studie ergab. In ihr sollten 26 Probanden lernen, Symbole mit positiven oder negativen Konsequenzen zu verbinden. Gleichzeitig wurden ihre Gehirnströme per Magnetresonanztomografie aufgezeichnet. Bei den Trägern der Genvariante zeigte sich eine deutlich geringere Aktivität in jenen Gehirnarealen, die für die Kontrolle der Ergebnisse bestimmter Handlungen zuständig sind und eine mögliche Verhaltensänderung anregen. Ihnen fiel es schwerer, aus schlechten Erfahrungen zu lernen. war

Quelle: Klein, T. et al.: Science 318, 642 (2007).

Ein natürlich im Körper vorkommendes Protein könnte die Zellen des Herzmuskels nach einem Infarkt vor dem Absterben bewahren und somit eine lebensverlängernde Wirkung für die Patienten haben.

Schon lange ist bekannt, dass der Nervenwachstumsfaktor (NGF) eine schützende und regenerierende Wirkung auf Nervenzellen hat. Wissenschaftler des Bristol Heart Institutes um Costanza Emanueli haben nun herausgefunden, dass dieses natürlich im Körper vorkommende Protein auch eine schützende Wirkung auf Herzzellen entfaltet. Diese Eigenschaft könnte zu einem neuen Behandlungsansatz bei Herzinfarkt führen. Das Forscherteam führte erste Versuche mit Ratten durch und injizierte diesen nach einem Herzinfarkt den Nervenwachstumsfaktor (NGF). Dieser war in der Lage, die Herzzellen vor dem drohenden Zelltod zu bewahren. "Andere Wachstumsfaktoren werden bereits zur Behandlung verschiedener Krankheiten eingesetzt. Unsere Studie zeigt, dass NGF ein neuer Ansatz zum Schutz des Herzens sein kann", so Emanueli. el

Quelle: Emanueli C. et al.: Cell Death Diff., Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1038/sj.cdd.4402263

Bekommen zwei Menschen gleiche Aufgaben mit unterschiedlicher finanzieller Belohnung im Wettbewerb gestellt, so ist der Erfolg offenbar noch eine größere Motivation als das Geld.

Zu diesem Ergebnis kamen Christian Elger und Armin Falk an der Universität Bonn. In ihrem Versuch mit 38 Männern mussten jeweils zwei Teilnehmer eine Anzahl von Punkten auf einem Bildschirm schätzen. Bei richtiger Lösung erhielten beide eine unterschiedlich hohe Belohnung zwischen 30 und 120 Euro. Mit Hilfe eines Magnetresonanztomografen untersuchten die Forscher dabei die Hirnaktivität und stellten fest, dass sowohl eine höhere Belohnung als auch der Erfolg bei richtiger Lösung zu einer stärkeren Aktivität im Belohnungszentrum, dem ventralen Striatum, führte und damit auch die Motivation steigerte. Bei einem zweiten Durchgang waren die Männer am meisten motiviert, die bei der ersten Aufgabe richtig getippt hatten, während sich ihre Mitspieler verschätzt hatten. "Dieses Ergebnis steht im klaren Widerspruch zur traditionellen ökonomischen Theorie", so Falk. "Zumindest Männer scheinen eine große Motivation aus dem Wettbewerb zu ziehen." el

Quelle: Falk, A. et al.: Science 318, 1305-1308 (2007)

Ein Spiegel, so geschickt positioniert, dass der Patient meint, sein amputierter Körperteil sei noch vorhanden, kann Phantomschmerzen deutlich reduzieren. Dies fanden amerikanische Mediziner um Jack Tsao heraus.

Der Phantomschmerz, unter dem etwa 90 Prozent der Patienten mit Amputationen leiden, könnte auf einem Wahrnehmungskonflikt beruhen, vermuten die Wissenschaftler. Der Betroffene fühlt den fehlenden Körperteil zwar noch, kann ihn aber nicht mehr visuell wahrnehmen.

Auf dieser Theorie basiert die Spiegeltherapie. Ein Spiegel wird dabei so geschickt vor dem Patienten positioniert, dass für ihn die Illusion entsteht, der amputierte Körperteil wäre noch vorhanden. Dadurch wird der Wahrnehmungskonflikt aufgehoben und die Schmerzen verschwinden.

Zu diesem Ergebnis führte die Mediziner ein Versuch mit 18 Patienten, denen ein Fuß amputiert wurde. Sie teilten die Patienten in drei Gruppen ein: Sechs sollten versuchen, den fehlenden Fuß vor einem Spiegel zu bewegen, der ihnen die Illusion gab, er sei noch da und könne tatsächlich bewegt werden. Bei weiteren sechs wurde der Spiegel mit einem Vorhang bedeckt, und die restlichen sechs sollten sich nur vor ihrem geistigen Auge vorstellen, den amputierten Fuß zu bewegen.

Über vier Wochen unterzogen sich die Patienten 15 Minuten lang ihrer Therapie und beschrieben die empfundenen Schmerzen. Alle Patienten mit der Spiegeltherapie hatten nach dieser Zeit deutlich weniger Schmerzen. Bei den meisten Patienten in den Kontrollgruppen verschlimmerten sich die Schmerzen. Nur wenige berichteten über eine leichte Besserung. el

Quelle: Tsao J. et al.: New Engl. J. Med. 357, 2206 (2007).

Eine Studie von 39 afrikanischen Kulturen hat ergeben, dass die Gene eng mit den Liedern verbunden sind, die die Völker singen. Musik hat, subsumieren die Forscher um Floyd Reed von der University of Maryland, tiefere biologische Verbindungen zwischen Menschen als andere Charakteristiken wie etwa Sprache.

Sprachen ändern sich schnell, wenn eine Kultur auf eine andere trifft, berichtet die Fachzeitschrift "Nature" in ihrer Online-Ausgabe über die Studie. "Auch andere Aspekte der Kultur dieser Völker haben sich in den vergangenen Jahren massiv und rapide verändert", erklärt der Populations-Genetiker Reed. Die Musik hingegen scheine Bestand zu haben. Die Arbeit von Reed verbindet moderne genetische Daten mit einer Sammlung von Musikaufnahmen. Die Sammlung wurde vom Ethnologen Alan Lomax in den 1950er und 1960er Jahren gemacht und umfasst rund 5500 Lieder von 857 verschiedenen Kulturen. Lomax hat gemeinsam mit dem Ethno-Musikforscher Victor Grauer ein System namens Kantometrik entwickelt. Dabei werden Gesänge nach strukturellen Prinzipien klassifiziert. Grauer hatte auch die Idee geboren, die kantometrische Datenbank mit den Erkenntnissen der modernen Genetik zu vergleichen. Daraufhin befassten sich die beiden Genetiker Sarah Tishkoff und Reed mit dem Projekt.

Für die Beurteilung wurde die kantometrische Datenbank in ein zweidimensionales Streudiagramm konvertiert. Jeder Punkt repräsentiert eine Kultur. Je näher die Punkte im Diagramm aneinanderlagen, desto ähnlicher war die Musik. Als Reed die Ähnlichkeiten der Musik mit jener der Genotypen verglich, fand er eine Korrelation zwischen den Genen und der Musik. "In anderen Worten heißt das, dass Kulturen, die starke Ähnlichkeit in ihrer Musik haben, auch genetische Marker miteinander zu teilen scheinen." Dabei war diese Verbindung stärker als die Korrelation zwischen Liedern und der Geographie, denn Kulturen, die Tür an Tür lebten, wiesen weniger Ähnlichkeiten auf als Kulturen mit ähnlichen Genotypen. ral

Quelle: Nature online, DOI:10.1038/news.2007.359
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