DAZ aktuell

Mehr Beratung

(diz). Eine „Focus“-Meldung von dieser Woche sorgte für Verunsicherung: Nach Ansicht des Gesundheits- und Sozialministeriums Sachsen-Anhalt könnten künftig „mobile Apotheken“ in Form eines Apotheken-Busses die Arzneimittelversorgung in dem Bundesland unterstützen.

Kommt bald die „Apotheke im Bus“?

Nach Ansicht der Staatssekretärin Prof. Dr. Christiane Dienel könnten laut dem Bericht des Magazins rezeptfreie und rezeptpflichtige Arzneimittel in den fahrbaren Verkaufsräumen durch pharmazeutisches Personal abgegeben werden. Mit solchen mobilen Apotheken könnte die Arzneimittelversorgung in besonders dünn besiedelten Gebieten sichergestellt werden.

Die DAZ fragte bei der Apothekerkammer von Sachsen-Anhalt nach. Wie Frau Dr. Heinrich, die Geschäftsführerin der Kammer, erklärte, sei die Idee, mobile Apotheken einzusetzen, ein Vorstoß von Frau Dienel gewesen, der vermutlich nicht abgestimmt war. Auch mit der Kammer sei hierüber bisher noch nicht gesprochen worden. Ein Gespräch über die Verbesserung der Versorgung in dünn besiedelten Gebieten findet erst am heutigen Donnerstag, 13. Dezember, zwischen Kammer und Ministerium statt. Nach Aussage von Frau Heinrich besteht allerdings kein Bedarf in Sachsen-Anhalt, Apotheken-Busse auf den Weg zu schicken. In dünn besiedelten Gebieten wie beispielsweise der Altmark gebe es ausreichend Rezeptsammelstellen. Sie hofft, dass sich dieses Thema rasch aus der Welt schaffen lässt.

Das Ministerium bestätigte auf Nachfrage der DAZ, dass die Idee der mobilen Apotheke zunächst eine von mehreren Ideen sei, die Arzneimittelversorgung im Land zu verbessern. Bevor man hier konkreter werde, müssten noch Gespräche mit der Apothekerkammer und dem Verband geführt werden darüber, wie man der demografischen Entwicklung, vor allem in ländlichen Regionen, Rechnung tragen könne. Der Apotheker-Bus sei ein mögliches vorweggenommenes Ergebnis. Aber: "Hier ist noch nichts in Stein gemeißelt", so ein Ministeriumssprecher, "wir als Land schicken keinen Bus los." Es wäre nun Sache der Apotheker, ein solches Modell aufzugreifen, wenn sie es für sinnvoll erachteten. Das Ministerium halte es im Sinne einer ordnungsgemäßen Arzneiversorgung nicht für gut, wenn im ländlichen Raum nur noch Rezeptsammelstellen zu finden seien, das Medikament dann per Post zugestellt werde ohne fachkundige Beratung. Der Briefkasten sei hierfür zu anonym, so der Ministeriumssprecher. Man wolle über dieses Thema mit den Apothekern ergebnisoffen ins Gespräch kommen.

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Die "fliegenden Apotheker" in ihren rollenden Bussen werden wohl nicht am Ende der Diskussion in Sachsen-Anhalt stehen – das dürften nur Gedanken des Brainstormings einer Staatssekretärin gewesen sein. Was das Ministerium wirklich will, das ist eine verbesserte Beratung bei der Abgabe von Arzneimitteln. Die Arzneimittelversorgung über Rezeptsammelstellen, fast anonym und ohne dass die Patienten jemals eine Apothekerin oder einen Apotheker zu Gesicht bekommen – das kann es nach Ansicht des Ministeriums nicht sein. Solche Andeutungen aus dem Ministerium für Gesundheit und Soziales von Sachsen-Anhalt hört man gerne.
Hier möchte man dem Ministerium zurufen: Bitte noch weiterdenken! Wie sieht es eigentlich mit der anonymen Arzneimittelversorgung durch Versandapotheken aus? Das ist kein bisschen besser als bei den Rezeptsammelstellen. Eher noch im Gegenteil, da Rezeptsammelstellen meist ein regionales Einzugsgebiet haben. Der Patient könnte hier schon mal die Apotheke, die die Rezeptsammelstelle betreibt, aufsuchen.
Versandapotheken dagegen sitzen irgendwo im Land, im besten Fall irgendwo in Deutschland. Da kann der Patient nur eigeninitiativ tätig werden, anrufen oder eine Mail schreiben, wenn er etwas wissen will. Wie wär’s, wenn Sachsen-Anhalt die nordrhein-westfälische Initiative unterstützt, den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über Versandapotheken zu verbieten?
Apropos Sachsen-Anhalt: In diesem Bundesland arbeitet in Halle die Versandapotheke Zur Rose, die von sich selbst sagt, zur Schweizerischen Zur Rose-Gruppe zu gehören. Vielleicht schaut sich das Ministerium bei dieser Gelegenheit mal die Besitzverhältnisse genauer an. Noch ist in Deutschland der Fremdbesitz verboten.
Peter Ditzel

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