Aus Kammern und Verbänden

14. Jahrestagung der GAA

Für einen rationalen Einsatz von Arzneimitteln

Die 14. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e.V. (GAA) fand am 15. und 16. November 2007 in Frankfurt am Main statt. In 30 Vorträgen und Posterpräsentationen ging es um Projekte zur Qualitätssicherung der Pharmakotherapie, um Studien zum Arzneimittelverbrauch und um die Pharmakotherapie älterer multimorbider Patienten. Den 70 Teilnehmern wurde ein vielseitiges und praxisrelevantes Programm geboten, das zu zahlreichen Diskussionen anregte.

Prof. Dr. Joachim Szecsenyi, Heidelberg, stellte aktuelle Beispiele komplexer Interventionen zur Verbesserung der Versorgung vor. Unter anderem ging er auf die Durchführung und Evaluation datengestützter Pharmakotherapiezirkel ein.

Dr. Jörg Fuchs, Jena, berichtete über eine Untersuchung zum Teilen von Tabletten: Jeweils 20 Patienten teilten fünf verschiedene Fertigarzneimittel. Die Prüfung der Tablettenhälften auf die Gleichförmigkeit der Masse gemäß Europäischem Arzneibuch ergab, dass kein Präparat arzneibuchkonform geteilt worden war. Bedenklich ist die Verordnung von Tabletten, die vor der Einnahme geteilt werden müssen, bei

  • Wirkstoffen mit enger therapeutischer Breite und
  • Patienten mit eingeschränkter Feinmotorik und Kraft oder Sehbehinderung.

Übrigens garantiert auch eine Bruchkerbe nicht die gleichmäßige Teilbarkeit (oft ist sie eher eine "Schmuckkerbe").

Themen weiterer Vorträge waren: die Auswirkung einer leitliniennahen Therapie von Patienten mit akutem Herzinfarkt auf ihre Überlebenschance; die elektronische Arzneimittelverordnung zur Förderung der nahtlosen Versorgung zwischen ambulantem und stationärem Bereich; Art und Häufigkeit von Medikationsfehlern in Pflegeheimen; der Einfluss des Pseudo-Customer-Konzepts auf die Beratungsqualität in sächsischen Apotheken; die Entwicklung, Validierung und Nutzung von Indikatoren zur Bewertung der Verordnungsqualität.

Dr. Barbara Pietsch, Siegburg, gab einen Überblick über die Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses im Bereich Arzneimittel. Eine besondere – auch methodische – Herausforderung stellt die im GKV-WSG vorgesehen Kosten-Nutzen-Bewertung dar.

Arzneimittelverbrauch

Prof. Dr. Martin Schulz, Berlin, berichtete über die Entwicklung des Deutschen Arzneiprüfungsinstitutes "vom Labor zum Data-Warehouse" sowie über laufende und geplante Projekte und betonte, wie wichtig die Analyse von personenbezogen erhobenen GKV-Rezeptdaten ist. Dr. Katrin Schüssel, Eschborn, veranschaulichte die Nutzungsmöglichkeiten am konkreten Beispiel der Persistenz (Kontinuität) von Antihypertensivaverordnungen.

Falk Hoffmann, Bremen, präsentierte die Ergebnisse zweier Validierungsstudien, die die Korrektheit der von vier Rechenzentren erfassten Verordnungs- und Abgabedaten prüften. Vor allem hinsichtlich des Abgabedatums bestehen hier bei den einzelnen Rechenzentren unterschiedlich stark ausgeprägte Defizite. Wünschenswert wären mehr Transparenz und externe Qualitätssicherung.

Multimorbidität und Pharmakotherapie

Prof. Dr. Ferdinand Gerlach, Frankfurt, referierte über Problemfelder und Fehlerquellen in der hausärztlichen Pharmakotherapie. Rund 4 % der Krankenhausaufnahmen sind medikationsbedingt – mehr als die Hälfte davon wären vermeidbar. Dabei beruhen die Verordnungsfehler nur selten auf individuellem Versagen und häufig auf Systemversagen. Ein systemorientiertes Fehlermanagement, dessen konkrete Strategien und Werkzeuge es noch weiter zu entwickeln und zu erproben gilt, könnte die Risiken der Pharmakotherapie reduzieren.

Mit Inkonsistenzen zwischen Arzneimittelverordnung und -einnahme befasste sich Dr. Martin Beyer, Frankfurt. Eine Studie mit Hausärzten und ihren Patienten ergab, dass 96 % der Patienten in mindestens einem Punkt von den ärztlichen Anweisungen abwichen. Die Gründe sind u. a. Missverständnisse bei Medikationsänderungen und Unklarheit über die Bedarfsmedikation.

Die hausärztlichen Arzneimittelverordnungen bei multimorbiden Patienten ab 65 Jahren (mindesten drei chronische Erkrankungen und mindestens fünf verordnete Arzneimittel) wurden anhand von Beers-Listen (Listen der im höheren Lebensalter potenziell unangemessenen Wirkstoffe) überprüft. Demnach war bei 15 % der Patienten mindestens eine Verordnung unangemessen.

Dr. Katrin Janhsen, Bremen, Dr. Birgit Grave, Dortmund, Dr. Ingrid Schubert, Köln
Neuer Vorsitzender
Die GAA besteht seit 15 Jahren und setzt sich – neben einigen anderen Professionen – zu etwa gleichen Anteilen aus Ärzten/Ärztinnen und Apothekern/Apothekerinnen zusammen.
Auf der Mitgliederversammlung 2007 wurde Prof. Sebastian Harder (Klinische Pharmakologie, Universität Frankfurt) zum neuen Vorsitzenden der GAA gewählt. Er tritt die Nachfolge von Dr. Ingrid Schubert, Köln, an.
Die 15. Jahrestagung der GAA findet im November 2008 in Köln/Bonn statt.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie
Alle Abstracts der 14. Jahrestagung sind im Internet-Portal German Medical Science veröffentlicht: www.egms.de

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