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Kinderarmut

"Eines der beschämendsten Probleme"

Deutschland 2007: Diätenerhöhung im Deutschen Bundestag, exorbitante Managergehälter, sinkende Arbeitslosigkeit – und 2,5 Millionen Kinder, die unterhalb der Armutsgrenze leben.

Innerhalb von 40 Jahren hat sich die Zahl armer Kinder damit mehr als verzehnfacht – soweit das Resümee des Mitte November vom Kinderhilfswerk vorgestellten "Kinderreports Deutschland 2007". Während 1965 nur jedes 75. Kind unter sieben Jahren auf die Sozialhilfe angewiesen war, war im Jahr 2006 bereits jedes sechste Kind davon betroffen. Seit der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 hat sich die Zahl verdoppelt.

In einer ersten Stellungnahme nannte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) dies "eines der beschämendsten Probleme unseres Landes". "Wenn ein Problem erkannt wird, sollten auch zügig Lösungen gefunden werden", entgegnet Barbara Neusetzer, Erste Vorsitzende der Apothekengewerkschaft ADEXA. "Es ist jetzt höchste Zeit, die Notbremse zu ziehen und umzudenken!"

Die Armut manifestiert sich bereits nach kurzer Zeit physisch und psychisch. Betroffene Kinder ernähren sich schlecht, bewegen sich zu wenig und leiden oft an Übergewicht und den damit verbundenen Folgeerkrankungen. Der Studie zufolge hatte im Jahr 2004 jedes dritte Kind therapiepflichtige gesundheitliche Defizite, Entwicklungsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten gezeigt. Hinzu kommen gesundheitliche Folgen schlechter Wohngegenden mit überdurchschnittlich viel Lärm, Abgasen und Feinstaub, die Kinder besonders stark belasten. Eine kürzlich veröffentliche Studie zeigte beispielsweise, dass Kinder, die Verkehrsabgasen in starkem Maße ausgesetzt sind, weitaus häufiger an einer Mittelohrentzündung erkranken. Auch die schulischen Leistungen der Kinder leiden – und die Arbeitslosigkeit ist oft vorprogrammiert. Damit schließt sich der Teufelskreis zur nächsten Generation.

Nachhaltige Lösungen sind gefragt

Jürgen Borchert, einer der Autoren des "Kinderreports Deutschland 2007", nennt die "strukturelle Rücksichtslosigkeit des Steuer- und Abgabensystems" als einen der Gründe der Kinderarmut: Familien werden benachteiligt, da Sozialversicherungsbeiträge unabhängig von den Unterhaltskosten anfallen. Hinzu kommen die Besteuerung von Arzneimitteln und Konsumgütern und der hohe Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln.

Experten sind sich einig: An der Erhöhung der Regelsätze führt kein Weg vorbei. Neusetzer fordert: "Der Betrag für Kinder muss schnellstens erhöht werden!" Mit einem Hartz-IV-Satz von derzeit 208 Euro pro Kind sei es Eltern nicht möglich, die Existenz ihrer Kinder zu sichern. Die Antwort könne nur lauten: "Familien mit Kindern müssen finanziell besser entlastet werden." Wichtig seien "gute Bildungs- und Erziehungsangebote, also bezahlbare KiTa-Plätze, bessere Schulen und mehr Ganztagsschulen", so Neusetzer weiter.

Die Untersuchung des Kinderhilfswerkes zeigte, dass unter den armen Familien sehr viele Alleinerziehende – meist Mütter – sind. Um ihnen überhaupt die Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben, müssen die Kinderbetreuungsangebote ausgebaut werden. Barbara Neusetzer: "Dieser Personenkreis muss ein Recht auf einen KiTa-Platz bekommen. Nur so kann man die Familien aus der Armut holen."

Speziell zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation plant die Große Koalition eigentlich ein Präventionsgesetz. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) präsentierte einen Entwurf, der vorsieht, bundesweite Vorsorgeinitiativen besser zu koordinieren. Im Rahmen des Maßnahmenpakets ist geplant, eine Stiftung einzurichten und mit mehreren Millionen Euro von den Sozialversicherungen auszustatten. Am 14. November hat die CDU die Verhandlungen über den Gesetzentwurf jedoch abgebrochen. Neusetzer mahnt: "Die Gesetzesinitiative darf nicht weiter verzögert werden." Bereits vor drei Jahren war ein Vorstoß unter Rot-Grün am Widerstand der Unionsmehrheit im Bundesrat gescheitert.

Michael van den Heuvel
Auswüchse in der Apotheke anno 2007
Trinken verboten
Es war einmal ein Arbeitgeber, der seiner Angestellten das Trinken in der Apotheke während der Arbeitszeiten kategorisch untersagte …
Die Kollegin beginnt ihren achtstündigen Arbeitstag um 8.00 Uhr. Sie hat es sich zur Gewohnheit gemacht, sich morgens in der gegenüberliegenden Bäckerei einen Becher Kaffee zu holen – selbstverständlich vor Dienstbeginn! Diesen Becher Kaffee stellt sie in der Nähe ihres Arbeitsplatzes ab, um zwischendurch, den allgemeinen Apothekenbetrieb nicht störend, einen Schluck Kaffee zu sich zu nehmen.
Nun geschah eines Morgens Folgendes:
Als die Mitarbeiterin (sie hat eine 40-Stunden-Woche) dieses menschliche Bedürfnis namens Durst verspürte und einen Schluck Kaffee nahm, bekam ihr Chef einen cholerischen Wutanfall. Er schrie die Mitarbeiterin an (unter Zeugen), lief wütend durch sein Büro, und alles nur weil er die Auffassung vertritt, es sei eine Unverschämtheit, während der Arbeitszeit etwas zu trinken!!! Sie solle bitte zu Haus trinken!!! Dafür würde er sie schließlich nicht bezahlen!!! Ab diesem Datum verbot er ihr, während der Arbeitszeit etwas zu trinken.
Dies ist leider kein Märchen, sondern beruht auf einer wahren Begebenheit. Die Namen sind im ADEXA-Justiziariat bekannt.
Advent, Advent …
ADEXA wünscht allen Leserinnen und Lesern eine froheAdvents- und Vorweihnachtszeit. Bleiben Sie gelassen – allen Schnupfenviren, gestressten Kunden und schwierigen Geschenkeinkäufen zum Trotz.
Jedes sechste Kind in der Bundesrepublik lebt unterhalb der Armutsgrenze.
Quelle: Fotolia
Quelle: Pixelquelle

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