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Hilfe für Schwerstabhängige

Bundestag berät Diamorphin-Abgabe

BERLIN (ks). Der Bundestag soll sich in Kürze mit dem Gesetzentwurf der Bundesländer für eine kontrollierte Abgabe von synthetischem Heroin (Diamorphin) an Schwerstabhängige im Rahmen der GKV-Regelversorgung befassen. Das hat das Bundeskabinett am 21. November ohne Aussprache beschlossen – versehen ist der Entwurf jedoch mit einer Stellungnahme der Bundesregierung. Darin zeigt sich: Die Koalitionspartner haben in der Diamorphin-Frage nach wie vor nicht zusammengefunden.

Klaus Vater, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), erklärte nach der Kabinettssitzung, der Bundestag werde den Gesetzentwurf nun beraten und in die Ausschüsse überweisen: "Dann wird man sehen, was daraus wird". Ins Rollen gebracht wurde die Initiative von Ländern, in denen die Heroinstudie – ein Modellprojekt zur Diamorphin-Behandlung – durchgeführt wurde. Nach Auffassung der beteiligten Städte sowie des BMG waren die Studienergebnisse überzeugend. Sie fordern daher, die Projekte auf sicheren rechtlichen Boden zu stellen, um ihr Fortlaufen zu sichern.

Während das Gesetzesvorhaben von unionsgeführten Ländern initiiert und unterstützt wird, stellt sich die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag quer. Der CDU-Abgeordnete Jens Spahn will Vaters Äußerung daher nicht als Zustimmung der Bundesregierung zur Diamorphin-Vergabe verstanden wissen: "Tatsächlich zählt die am Mittwoch beschlossene Stellungnahme der Bundesregierung eine Reihe von Fragen auf, die vor einer Ausdehnung der Diamorphin-Vergabe geklärt werden müssen", sagte er. Dabei gehe es etwa um die Kostenbelastung für die Kassen, die psychosoziale Betreuung der Betroffenen, den Schutz vor Missbrauch sowie die Beschränkung der Vergabe auf Schwerstabhängige. Ähnlich äußerte sich auch die Drogenbeauftragte der Fraktion, Maria Eichhorn (CSU): "Auf Grundlage vieler, auch in der Stellungnahme des Kabinetts angesprochener ungeklärter Punkte, ist ein Übergang der Heroinabgabe in die Regelversorgung und damit zulasten der GKV nicht verantwortbar". Stattdessen plädiert Eichhorn dafür, die heroingestützte Behandlung Opiatabhängiger im Rahmen eines neuen Modellvorhabens weiterzuführen – und zwar mit dem Ziel, neue Erkenntnisse zu erlangen. Erst dann könnten die notwendigen Voraussetzungen für eine Überführung in eine Regelversorgung geprüft werden.

Unklare Kosten

Unstimmigkeiten gibt es auch hinsichtlich der zu erwartenden Kosten für die Diamorphin-Behandlung. Während die "Bild"-Zeitung von neuen GKV-Ausgaben bis zu einer Milliarde Euro im Jahr berichtete, geht das Ministerium von jährlichen Mehrkosten in Höhe von rund 21 Mio. Euro aus. Vaters Berechnung beruht auf der Annahme, dass 3000 Abhängige das Angebot nutzen würden. Die jährlichen Therapiekosten kosteten pro Patient 7000 Euro mehr als bisherige Behandlungen. Kassen und Ärzte meinen hingegen bis zu 70.000 Abhängige könnten die Therapie beanspruchen.

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