Arzneimittel und Therapie

Arteriosklerose

Triglyceride nach dem Essen sind aussagekräftiger

Arteriosklerose scheint ein postprandiales Phänomen zu sein: In zwei großen Kohortenstudien wurde der Zusammenhang zwischen Triglyceridwerten, die im nicht-nüchternen Zustand gemessen wurden, und kardiovaskulären Ereignissen untersucht. Nach den Ergebnissen dieser Studien scheinen postprandiale Triglyceridwerte zur Abschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos besser geeignet zu sein als im nüchternen Zustand gemessene Werte.

Die Kombination aus erhöhten Triglyceridwerten, niedrigen HDL- und erhöhten LDL-Cholesterolwerten wird als "atherogener Lipoproteinphänotyp" bezeichnet. Eine derartige Störung des Lipoproteinmetabolismus begünstigt die Ausbildung von Plaques und leistet damit einer Arteriosklerose Vorschub.

Triglyceridwerte werden normalerweise im nüchternen Zustand bestimmt. Bei dieser Messung werden allerdings triglyceridreiche Remnant-Lipoproteinpartikel, die als äußerst atherogen gelten, nicht erfasst. Da die überwiegende Zeit eines 24-Stunden-Tages im nicht-nüchternen Zustand verbracht wird, liegt die Vermutung nahe, dass diese postprandial auftretenden Lipoproteine eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Arteriosklerose spielen könnten.

Ob die Messung postprandialer Triglyceridspiegel zur Abschätzung des Arterioskleroserisikos geeignet ist, wurde in zwei großen, prospektiven Kohortenstudien an zwei unterschiedlichen Personenkollektiven untersucht.

Für die Copenhagen City Heart Studie wurden 7587 Frauen und 6394 Männer aus der Kopenhagener Allgemeinbevölkerung (durchschnittliches Alter zu Studienbeginn ~52 Jahre) rekrutiert und durchschnittlich 26 Jahre lang beobachtet. Zielereignisse waren Myokardinfarkt, ischämische Herzkrankheit und Tod. Die Auswertung der in nicht-nüchternem Zustand (Abstand zur letzten Mahlzeit: maximal sechs Stunden) abgenommenen Blutproben zeigte, dass das Risiko für das Eintreten eines der Zielereignisse deutlich mit der Höhe der postprandialen Triglyceridwerte anstieg. Dieser Zusammenhang war bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern. Eine Post-hoc-Analyse ergab, dass der Zusammenhang zwischen postprandialen Triglyceridwerten und Herz-Kreislauf-Risiko bei jungen Männern mit mäßigem Alkoholkonsum mit den Ergebnissen bei Frauen vergleichbar war. Bekannt ist, dass der Konsum größerer Mengen Alkohol häufig zu erhöhten Triglyceridwerten führt, die sich allerdings von den triglyceridreichen, postprandialen Remnant-Lipoproteinpartikeln unterscheiden.

Die andere Studie basiert auf Daten der Women`s Health Studie (Boston, USA). 26.509 ursprünglich gesunde Frauen (durchschnittliches Alter zu Studienbeginn ~55 Jahre) wurden durchschnittlich 11,4 Jahre lang beobachtet. Zu Beginn der Studie wurden die Triglyceridwerte von 20.118 Frauen in nüchternem Zustand bestimmt und von 6391 Frauen im nicht-nüchternen Zustand (Abstand zur letzten Mahlzeit: maximal acht Stunden). Sowohl für die nüchtern bestimmten als auch für die postprandialen Triglyceridwerte wurde ein Zusammenhang mit kardiovaskulären Ereignissen festgestellt. Nach vollständiger Adjustierung –auch auf metabolische Parameter, die als kardiovaskuläre Risikofaktoren bekannt sind (Cholesterolwerte, Insulinresistenz) – war der Einfluss der nüchtern bestimmten Triglyceridwerte auf das Herz-Kreislauf-Risiko kaum mehr nachweisbar, während der Zusammenhang bei den postprandialen Werten bestehen blieb. Eine zusätzliche Datenanalyse ergab, dass Triglyceridwerte, die zwei bis vier Stunden nach der letzten Mahlzeit bestimmt wurden, den deutlichsten Zusammenhang mit kardiovaskulären Ereignissen zeigten.

Die Daten aus diesen beiden Kohortenstudien geben deutliche Hinweise darauf, dass

postprandial gemessene Triglyceridwerte ein geeigneter Parameter zur Abschätzung des Arterioskleroserisikos sind. Somit könnte in Zukunft der Bestimmung postprandialer Triglyceridwerte ein größerer Stellenwert zukommen.

Quellen

Bansal S, et al. Fasting compared with nonfasting tiglycerides and risk of cardiovascular events in women. JAMA 2007;298:209-316.

McBride PE. Triglycerides and risk for coronary heart disease. JAMA 2007;298:336-338.

Nordestgaard BG, et al. Nonfasting triglycerides and risk of myocardial infarction, ischemic heart disease, and death in men and women. JAMA 2007;298:299-308.

Apothekerin Dr. Birgit Schindler, Freiburg
Triglyceride als Risikofaktor
für Arteriosklerose
Erhöhte Triglyceridwerte sind sowohl mit einem gestörten Lipoproteinmetabolismus als auch mit anderen Risikofaktoren für Arteriosklerose wie Adipositas, Insulinresistenz, Diabetes und erniedrigten HDL-Cholesterolwerten assoziiert. Die Frage, ob die erhöhten Triglyceridwerte die metabolischen Veränderungen verursacht haben oder umgekehrt, erinnert an die Frage: "Was war zuerst da: die Henne oder das Ei?"
In der Praxis ist es letztendlich nicht wichtig zu wissen, was der ursprüngliche Auslöser war, sondern lediglich, welchen Aussagewert bestimmte Messwerte haben. Neben den als Risikofaktoren für ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko anerkannten Cholesterolwerten, scheinen nach den Ergebnissen der zwei vorgestellten Studien auch Triglyceridwerte, die zwei bis vier Stunden nach einer Mahlzeit gemessen werden, aussagekräftig zu sein.
Postprandiale Triglyceridwerte scheinen zur Abschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos besser geeignet zu sein als im nüchternen Zustand gemessene Werte.
Foto: Imago

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