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Studie zur Arzneimitteldistribution

Großhändler haben das Nachsehen

BERLIN (ks). Mehr als die Hälfte der heute über den Großhandel vertriebenen Pharmazeutika wird mittel- bis langfristig direkt von den Herstellern an die Apotheken vertrieben werden. Zu dieser Einschätzung kommt die Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton nach einer Befragung von Führungskräften der größten europäischen Pharmakonzerne.

Der Pharmavertrieb in Europa – und insbesondere auch in Deutschland – steht vor einem Umbruch: Die global agierenden Arzneimittelhersteller überdenken ihre europäischen Vertriebsstrategien grundsätzlich und justieren ihre Distributionskanäle neu. Beispiele sind das so genannte Free-Pricing-Modell im spanischen Markt und die in Großbritannien gängige Direct-to-Pharmacy-Strategie (DTP). Durch diese Neuorientierung der Pharmakonzerne gerät der Arzneimittelgroßhandel auch in Deutschland zunehmend unter Druck.

Nach den Zahlen von Booz Allen werden vom europäischen Umsatzvolumen von 136 Milliarden Euro (2006) aktuell knapp 75 Prozent über den Großhandel an Apotheken, Krankenhäuser und dispensierende Ärzte vertrieben. Dieser Anteil könnte sich aber bald auf weniger als 40 Prozent reduzieren. Der Booz Allen-Analyse zufolge spricht sich jede dritte Top-Führungskraft in der Pharmabranche für eine starke Ausweitung des Distributionskanals DTP aus, insbesondere für Massenarzneimittel und Generika. Auslöser hierfür sind zum einen die steigende Anzahl von Rabattverträgen zwischen Krankenkassen und Herstellern. "Die Branche ist dabei, die Grundlagen für innovative Vertriebskonzepte zu legen, um den sich nicht nur in Deutschland verändernden Regulatorien begegnen zu können", sagt Isabella Erb-Herrmann, Mitglied der Geschäftsleitung von Booz Allen Hamilton. Auch darüber hinaus hält Booz Allen den direkten Vertriebsweg für besonders effektiv: Er unterstütze die Sicherheit der Patienten und verringe das Risiko von Arzneimittelfälschungen – sofern Apotheken Produkte nur über diesen Kanal beziehen. Auch mit Blick auf eine weitere Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes ist man von dem Konzept überzeugt. "Wenn Apothekenketten ab voraussichtlich 2009 auch in Deutschland möglich sind, können Pharmaunternehmen einfacher flächendeckende Belieferungsverträge abschließen", so Erb-Herrmann.

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