Arzneimittel und Therapie

Erster Integraseinhibitor

Die Integrase ist neben der Reversen Transkriptase und der Protease eines von drei Enzymen, die für eine erfolgreiche Replikation des HI-Virus notwendig sind. Mit Raltegravir wurde in den USA der erste Integraseinhibitor zugelassen.

Quelle: Vollmar, A.; Dingermann, Th.: Immunologie. Grundlagen und Wirkstoffe. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart (2005).

Raltegravir in den USA zugelassen

Raltegravir (vorgesehener Handelsname Isentress®) hemmt mit der HIV-Integrase ein viruseigenes Enzym, sodass das genetische Material des HI-Virus nicht in die humane DNA eingebaut werden kann. Bei HIV-Infinzierten werden so die Replikation des Virus und damit neue Infektionszyklen verhindert. Raltegravir wurde von der amerikanischen Food and Drug Administration am 12. Oktober 2007 in einem Fast-track-Verfahren zur Behandlung von HIV-Patienten für die Kombinationstherapie zugelassen, wenn andere Therapien versagt haben. Außerhalb der USA steht es bisher nur im Rahmen von Studien zur Verfügung.

Ein Charakteristikum von Retroviren ist es, dass sie ihre genetische Information von der RNA in DNA umschreiben. Diese DNA wird dann in das Genom der humanen Wirtszelle integriert und anschließend neue virale DNA von der integrierten DNA transkribiert. Letztere Schritte sind schon Ziel von antiviralen Wirstoffen: Reverse-Transkriptase- oder ProteaseInhibitoren werden in der HIV-Therapie erfolgreich eingesetzt.

Die viruseigene Integrase wurde bisher noch nicht anvisiert. Sie besteht aus 288 Aminosäuren und ist für die Vermehrung von HI-Viren essenziell. Das Enzym ist bei der Integration viraler DNA in die Wirts-DNA im Zellkern involviert, die über mehrere Schritte verläuft, die theoretisch alle durch verschiedene Integrasehemmer inhibiert werden können: So wird die Integrase im Zytoplasma an die virale DNA gebunden, sodass ein relativ stabiler sogenannter Präintegrationskomplex entsteht. In einem ersten katalytischen Schritt schneidet dann eine Integrase ein Dinukleotid an beiden Enden der viralen DNA heraus und produziert nun neue Hydroxylenden innerhalb des Präintegrationskomplexes. Nach dem der so veränderte Präintegrationskomplex in den Zellkern eingeschleust wurde, bindet die Integrase an die Wirts-DNA. Dabei vermittelt sie das Andocken und die irreversible Bindung der Hydroxylenden der viralen DNA an die Phosphodiesterbrücken der Wirts-DNA. Dieser als Strangtransfer bezeichnete Schritt wird durch den neuen Integrasehemmer Raltegravir gehemmt.

Integrasehemmer werden als Kombinationstherapie zusammen mit Substanzen aus anderen Medikamentenklassen bei vorbehandelten HIV-infizierten Patienten nach einem Versagen anderer Therapien eingesetzt. Bisher sind noch keine Kreuzresistenzen mit anderen antiretroviralen Substanzen beschrieben worden. Merck and Co., Inc., (in Deutschland die MSD Sharp & Dohme GmbH) hat für Raltegravir von der Food and Drug Administration die Zulassung für die USA erhalten. Derzeit werden weitere Zulassungsanträge in einigen Ländern außerhalb der USA gestellt. Zurzeit steht Raltegravir in Europa innerhalb von sogenannten ExpandedAccess-Programmen für HIV-Patienten mit begrenzten oder keinen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Solche Programme sind nicht von Zulassungsbehörden vorgeschrieben, werden aber von den meisten Arzneimittelbehörden unterstützt. So können Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen, die nicht ausreichend mit Therapienalternativen oder verfügbaren Medikamenten behandelt werden können, möglicherweise einen Nutzen aus einer Behandlung mit einem noch nicht zugelassenen Medikament ziehen. Zurzeit nehmen über 5000 Patienten weltweit an Expanded-Access-Programmen mit Raltegravir teil.

Quelle

FDA Approval of Isentress (Raltegravir), Pressemitteilung der Food and Drug Administration, 12. Oktober 2007.

Grinsztejn, B.; et al.: Safety and efficacy of the HIV-1 integrase inhibitor raltegravir (MK-0518) in treatment-experienced patients with multidrug-resistant virus. Lancet 2007; 369: 1261.

ck
Integrasehemmer Raltegravir - Sprunginnovation in greifbarer Nähe?
Med Monatsschr Pharm 2007;30(11):419-21

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