DAZ aktuell

Studie zu Präventionsprogrammen

Wirksamkeit nur selten nachweisbar

BERLIN (ks). Prävention und Gesundheitsförderung liegen hoch im Kurs. Doch bei der Qualitätssicherung und Evaluation der Programme liegt vieles im Argen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Instituts für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie (IGKE) an der Universität zu Köln. "Die allermeisten Ressourcen werden derzeit ohne Nachweis von qualitätsgesicherten Effekten ausgegeben", resümieren der IGKE-Leiter Professor Karl Lauterbach und Dr. Markus Lüngen in einer neuen Studie, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.

"In der Sekundärprävention wissen wir bereits recht genau, was wirkt", erklärte Lauterbach bei der Vorstellung der Studie am 22. Oktober in Berlin. Daher wurden beispielweise Disease-Management-Programme eingerichtet. Nun fragten sich die Wissenschaftler, ob es Grundlagen für ähnliche Programme in der Primärprävention gibt. "Wir wurden überrascht, dass so wenig bekannt ist", so Lauterbach.

In ihrer Studie werteten die Kölner Gesundheitsökonomen rund 120 Evaluations-Studien aus, die wiederum Präventionsprogramme aus 13 Staaten bewerteten. Einbezogen wurden Studien aus den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, den nordischen Ländern, Österreich und der Schweiz. Aufgrund der schier unüberschaubaren Anzahl von Präventionsprogrammen konzentrierten sich die Forscher exemplarisch auf vier Themen: Bewegungsprogramme im Betrieb und speziell für Mädchen und Frauen, Depressions-Prävention in der Schule, gute Ernährung für Schüler sowie Raucherentwöhnung bei Schwangeren.

Wirksamkeit meist nicht belegt

Das Ergebnis: Eine konsequente wissenschaftsgestützte Qualitätskontrolle bei der Prävention ist in den untersuchten Ländern eher selten. Keine einzige der untersuchten ausländischen Maßnahmen schaffte es, als "in hohem Maße empfehlenswert" eingestuft zu werden. Bei einem Teil lag das daran, dass sich die jeweilige Vorbeuge-Intervention nur als eingeschränkt effektiv erwies oder gar durchfiel. Dies gilt etwa für Plakate, mit denen Betriebsanghörige zum Treppensteigen animiert werden sollen. Solche Aktionen haben erwiesenermaßen kaum Einfluss auf das Verhalten der Zielgruppe und können somit aus Sicht der Wissenschaftler völlig unterbleiben. Häufiger kam es aber vor, dass die Qualität der Bewertungsstudien nicht ausreichte, um ein überzeugendes Urteil über die Wirksamkeit abzugeben. Insbesondere bleibt zumeist unklar, welche langfristigen Erfolge erzielt werden können. "Insgesamt ist die Zahl der Interventionen zwar extrem hoch, die Zahl der Evaluationen mit genügend hohem Qualitätsanspruch jedoch extrem klein", heißt es in der Studie.

Präventionsgesetz pragmatisch angehen

Um das Wissensdefizit zu verkleinern, empfehlen die Gesundheitsökonomen für das hierzulande geplante Präventionsgesetz einen pragmatischen Ansatz: Der Gesetzgeber soll auch neue, innovative Programme zur Prävention und Gesundheitsförderung zulassen – allerdings müssten für öffentlich geförderte Aktivitäten methodisch hochwertige Evaluationen vorgeschrieben werden. Zudem raten Lauterbach und sein Team, alle Präventionsprogramme zunächst zeitlich zu befristen. Grund: Da die empirische Studienlage derzeit nicht ausreiche, würden "absehbar auch nicht wirksame Interventionen durchgeführt."

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