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Säuglingsernährung

Stillen bis zum sechsten Monat senkt das Zöliakie-Risiko

Möglicherweise können kleine Mengen Gluten gegen Ende der Stillzeit vorbelastete Säuglinge vor Zöliakie schützen. Diese These soll nun in einer EU-weiten Interventionsstudie überprüft werden.

Die Zöliakie beruht auf einer Unverträglichkeit des Organismus, speziell der Dünndarmschleimhautzellen, gegenüber Getreideproteinen (Gluten/Prolamin) aus Weizen, Dinkel (Grünkern), Roggen, Gerste und Hafer. Die orale Aufnahme des Klebereiweißes Gluten führt bei Zöliakie-Patienten zu einer toxisch-allergischen Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Die Unverträglichkeit bleibt lebenslang bestehen, sie ist teilweise genetisch determiniert und kann derzeit nicht ursächlich behandelt werden. Etwa 25% der deutschen Bevölkerung haben eine erbliche Veranlagung für Zöliakie, doch nur 0,5 bis 1% der Betroffenen erkranken tatsächlich daran. Neben der erblichen Vorbelastung scheint also noch ein zusätzlicher Auslöser von Bedeutung zu sein. Nach diesem Auslöser suchen nun unter anderem Gießener Wissenschaftler. Hintergrund für die Überlegungen, welche Bedeutung Muttermilch und Gluten bei der Entstehung von Zöliakie haben könnten, waren Beobachtungen aus Schweden. Dort wurde in den 1980er Jahren Müttern empfohlen, lediglich bis zum vierten Lebensmonat das Kind zu stillen und danach Beikost und somit auch glutenhaltige Getreideprodukte zuzufüttern. Kurz darauf nahm in Schweden die Zahl der Zöliakie-Patienten drastisch zu. Als die Stillempfehlung wieder auf sechs Monate angehoben wurde, ging die Zahl der Neuerkrankungen zurück. Daraus schlussfolgerte Professor Klaus-Peter Zimmer vom Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Gießen: "Offenbar ist der vierte bis sechste Lebensmonat ein entscheidendes Zeitfenster, in dem wichtige Immunprozesse reifen." Eine wichtige Rolle spiele dabei die Besiedlung des Darms mit wünschenswerten Bakterien, die durch das Stillen gefördert werde. Zimmer vermutet, dass dieser "probiotische" Faktor von großer Bedeutung sein könnte, wenn der Säugling das erste Mal mit Gluten in Kontakt kommt. Derzeit wird von Experten empfohlen, nicht vor Beginn des sechsten Lebensmonats mit glutenhaltiger Beikost zu beginnen. Ob tatsächlich eine präventive Wirkung von zunächst kleinen Glutenmengen im fünften und sechsten Lebensmonat und gleichzeitigem Stillen besteht, wird derzeit in einer Europa-weiten Interventionsstudie überprüft. In etwa drei Jahren ist mit den Ergebnissen zu rechnen. "Erst dann wird es offizielle Empfehlungen geben", so Zimmer. ka

Quelle: aid-PresseInfo

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