DAZ aktuell

VFA-Mitglieder-Umfrage

Neue Arzneien für über 100 Krankheiten in der Pipeline

BERLIN (ks). Bis Ende 2011 könnten forschende Pharmaunternehmen die Zulassung für 358 neue Medikamente oder neue Anwendungsgebiete für vorhandene Medikamente erhalten – so viele Entwicklungsprojekte laufen jedenfalls derzeit in den Mitgliedsunternehmen des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Wie der VFA-Vorsitzende Andreas Barner am 1. Oktober in Berlin erläuterte, richten sich die Arzneimittel gegen rund 110 Krankheiten.

Barner stellte eine aktuelle Umfrage des VFA unter seinen 45 Mitgliedsfirmen vor. Danach befassen sich 9% ihrer Entwicklungsprojekte mit schweren Erkrankungen: Ganz vorne liegen dabei Krebserkrankungen (26% der Projekte), gefolgt von Herz-Kreislauf-Krankheiten (18%), Infektionen (15%), entzündlichen Erkrankungen – z. B. Asthma und multiple Sklerose – (8%) und Diabetes Typ 2 (4%). Lediglich 7% der Entwicklungen betreffen Barner zufolge leichte körperliche Einschränkungen wie Schnupfen, Inkontinenz, Wechseljahrsbeschwerden oder Sexualstörungen.

Barner erwartet vor allem weitere Fortschritte in der Krebstherapie. Hier werde insbesondere an Impfstoffen gearbeitet. Diese neue Therapieform könnte schon bald bei Lungen-, Gebärmutterhals- und Schwarzem Hautkrebs zum Einsatz kommen. Auch bei der Entwicklung von Medikamenten gegen thrombosebedingte Erkrankungen ist der VFA-Vorsitzende zuversichtlich: Bis 2011 könnte "eine ganze Serie" neuer Gerinnungshemmer auf den Markt kommen. Sogenannte "orale Antithrombotika" sollen die Zuverlässigkeit niedermolekularer Heparine erreichen und zugleich so einfach einzunehmen sein wie die alten Vitamin-K-Antagonisten. Fünf Unternehmen arbeiteten zudem an Medikamenten gegen multiple Sklerose, die nicht mehr gespritzt werden müssen sondern als Tabletten oder Kapseln eingenommen werden können. Um zunehmend resistentere Bakterien zu bekämpfen, könnten Barner zufolge vier neue Antibiotika auf den Markt kommen. Zusätzlich seien vier weitere Präparate zur Behandlung bakterieller Infektionen in der Entwicklung. Gegen seltene Erkrankungen könnten bis 2011 insgesamt 40 Arzneimittel die Zulassung erlangen. Möglich ist außerdem, dass ein Impfstoff gegen Malaria für Kleinkinder auf den Markt kommt. Insgesamt sind zehn erfolgversprechende Medikamente gegen Krankheiten, die besonders in Entwicklungsländern auftreten, in der Entwicklung. Als besonders schwieriges Gebiet erweisen sich Barner zufolge allerdings die neurodegenerativen Erkrankungen – vor allem Alzheimer. Hier scheiterten noch immer viele Projekte in der klinischen Entwicklung, räumte er ein. Immerhin vier neue Präparate seien bei den VFA-Mitgliedsunternehmen aber noch "im Rennen".

Innovationen müssen Patienten auch erreichen

Zweifel am Innovationsgehalt neuer Arzneimittel will man beim VFA gar nicht erst aufkommen lassen. So verwies Barner darauf, dass der Kölner Pharmakologe Prof. Uwe Fricke im letzten Jahr 23 von 27 Neuheiten eine "innovative Struktur", ein "neuartiges Wirkprinzip mit therapeutischer Relevanz" oder jedenfalls eine Verbesserung bereits bekannter Wirkprinzipien attestiert hat. VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer beklagt dennoch, dass Innovationen in Deutschland im europäischen Vergleich einen bescheidenen Marktanteil haben; und das, obwohl Arzneimittel hierzulande unmittelbar nach ihrer Zulassung erstattungsfähig sind. Zufrieden zeigte sich Yzer, dass dieser erfreuliche – und nicht selbstverständliche – Umstand auch durch die neue Kosten-Nutzenbewertung nicht ausgehebelt werde. Allerdings werde man "Acht geben müssen, dass Erstattungsverzögerungen nicht doch noch durch die Hintertür eingeführt werden". Im Blick hat Yzer dabei das mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingeführte Zweitmeinungs-Verfahren: Danach sollen bestimmte teure Präparate nur noch zu Lasten der GKV abgegeben werden dürfen, wenn zuvor eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt wurde.

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