Arzneimittel und Therapie

Hypersomnie

Modafinil hält bei chronischer Tagesschläfrigkeit wach

Eine übermäßige Schläfrigkeit kann zahlreiche Ursachen haben. Unangenehme bis gefährliche Folgen der exzessiven Müdigkeit sind plötzliche Schlafattacken, die eine hohe Unfallgefahr beinhalten. Mit Modafinil (Vigil®) kann in vielen Fällen die Leistungsfähigkeit der Betroffenen erhalten oder wiedererlangt werden.

Eine Nacht ohne Schlaf wirkt sich auf die Reaktionsfähigkeit genauso aus wie ein Blutalkoholgehalt von einem Promille. Menschen mit Narkolepsie kennen dieses Gefühl. Auch ohne dass sie übernächtigt oder betrunken sind, müssen sie permanent gegen ihr Schlafbedürfnis ankämpfen und sich wach halten, um ihre Arbeit zu verrichten. Dadurch sinkt die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz, Gedächtnis und Konzentration sind beeinträchtigt. Von einer exzessiven Schläfrigkeit spricht man, wenn trotz ausreichender Schlafdauer eine chronisch vermehrte Einschlafneigung in unangemessenen Situationen besteht. Beispiele sind das Einschlafen am Steuer oder während der Arbeit. Wie viele schwere Verkehrsunfälle auf das Konto des Sekundenschlafs gehen, ist nicht bekannt.

Eine Ursache für die ständige Übermüdung kann Schichtarbeit sein, weil sie ein Leben gegen die innere Uhr erzwingt. Etwa 10% der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten regelmäßig oder gelegentlich im Schicht- oder Nachtdienst. Manche Berufsgruppen müssen Tag und Nacht einsatzfähig sein.

Diese Erwerbstätigen sind zu einer Zeit aktiv, in der ihre innere Uhr Schlaf vorgibt, und sie sollen schlafen, wenn ihr Körper auf Wachsein eingestellt ist. Die Folgen dieser unnatürlichen Belastung sind eine verstärkte Müdigkeit und eine verschlechterte Aufmerksamkeit während der Nachtschicht: Bis zu zwei Drittel der Schichtarbeiter schlafen mindestens einmal pro Woche bei der Arbeit ein.

Bei etwa 10% der Schichtarbeiter führt das Leben gegen die innere Uhr zu gravierenden gesundheitlichen Problemen. Sie klagen während ihrer Arbeitsphase über exzessive Schläfrigkeit und/oder über Schlaflosigkeit am Tag, wenn sie eigentlich schlafen sollten. Dieses Krankheitsbild wird als Schichtarbeiter-Syndrom bezeichnet. Schlafstörungen bis hin zur Narkolepsie können die Folge sein. Besonders gravierend ist das unwillkürliche Einschlafen in Situationen, wo es nicht gewünscht wird, unpassend ist oder sogar keinesfalls passieren dürfte.

Aber nicht nur Menschen mit Schlafmangel oder Schichtarbeiter sind von der exzessiven Schläfrigkeit betroffen, auch verschiedene Erkrankungen können dazu führen, dass die Betroffenen stark übermüdet sind. Dazu gehört die obstruktive Schlafapnoe, die heute vor allem mit Atemmasken therapiert wird. Eine exzessive Müdigkeit kann auch bei unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen wie der multiplen Sklerose, Morbus Parkinson oder bei Depressionen auftreten. Weitere Ursachen sind Infektionen oder Krebserkrankungen.

Therapie sichert Leistungsfähigkeit

Um sich wach zu halten, können unterschiedliche Mittel eingesetzt werden. Das bekannteste ist Coffein, das zwar sehr gut wirkt, aber leider rasch zu einem Gewöhnungseffekt führt. Auch Theophyllin wirkt zentral stimulierend, und auch hier hält die Wirkung nicht lange an.

Als klassische Stimulanzien, Aufputschmittel, werden häufig Amphetamine wie Methylphenidat oder Ephedrin verwendet. Sie führen in 30 bis 50% der Fälle zur Toleranz- und zur Suchtentwicklung.

Eine andere Möglichkeit zur Behandlung der exzessiven Müdigkeit sind antriebssteigernde Antidepressiva, wie Clomipramin, der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Fluoxetin und MAO-Hemmer wie Selegilin.

Als Mittel der ersten Wahl bei den Stimulanzien wird heute Modafinil angesehen, Mittel der zweiten und dritten Wahl sind Methylphenidat und Natriumoxybat.

Modafinil unterscheidet sich in seinem pharmakologischen Profil grundlegend von herkömmlichen Stimulanzien wie den Amphetaminen und weist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch kein Sucht- oder Missbrauchspotenzial auf. Das Benzhydrylsulfinyl-Acetamid-Derivat verbessert in einer Dosis von 200 bis 400 mg ein- oder zweimal täglich die Vigilanz und abhängige Leistungsparameter weitgehend unabhängig von der zugrundeliegenden Ursache. Die Substanz aktiviert gezielt die Schlaf-Wachzentren des Gehirns und fördert so spezifisch die Wachheit, ohne zu einer generellen Stimulation des Zentralnervensystems zu führen und den gewollten Schlaf zu beeinflussen. Außerdem erhöht Modafinil den Blutdruck nicht.

Bei morgendlicher Einnahme wird der Nachtschlaf in der Regel nicht gestört. Unerwünschte Wirkungen treten bei der empfohlenen Tagesdosis von 200 bis 400 mg selten auf und bestehen in erster Linie aus leichten bis mäßigen Kopfschmerzen. Bei einer Suchterkrankung in der Vorgeschichte darf Modafinil nicht eingesetzt werden.

In Deutschland ist Modafinil zur Behandlung der Narkolepsie, der obstruktiven Schlafapnoe und dem Schichtarbeiter-Syndrom zugelassen. Die Substanz fällt unter das Betäubungsmittelrecht und muss auf einem entsprechenden Formular verordnet werden.

Quelle

Prof. Dr. Geert Mayer, Schwalmstad-Treysa; Prof. Dr. Göran Hajak, Regensburg; Prof. Dr. Sylvia Kotterba, Bochum; Prof. Dr. Martin Konermann, Kassel: "Wachen Sie auf: Medikamentöse Intervention bei Hypersomnie", Berlin, 14. September 2007, veranstaltet von der Cephalon GmbH, Martinsried.

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Wirkmechanismus ungeklärt
Modafinil (Vigil®) ist ein Arzneistoff zur Behandlung der Narkolepsie. Die Substanz gehört zu einer Gruppe psychostimulierender Medikamente, die sich in der Molekülstruktur von den Amphetamin-artigen Stimulanzien deutlich unterscheidet. Obwohl Modafinil nicht an α-adrenerge Rezeptoren bindet, beruht seine Wirkung wahrscheinlich zum Teil auf einer spezifischen Potenzierung der zerebralen α1 -adrenergen Aktivität. Ein Einfluss auf das autonome Nervensystem ist nach den pharmakodynamischen Eigenschaften von Modafinil wenig wahrscheinlich. Der genaue Wirkmechanismus konnte bisher noch nicht vollständig geklärt werden. Beim Tier steigert Modafinil die Wachheit und motorische Aktivität. Beim Menschen verbessert es dosisabhängig die Wachheit und die Vigilanz während des Tages.

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