Deutscher Apothekertag 2007

Links statt grün

Premiere in Düsseldorf: Mit Martina Bunge richtete erstmalig eine Vertreterin der Linken bei der Eröffnung des Apothekertages ein Grußwort an die Hauptversammlung. Bunge ist gleichzeitig Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Gesundheit und erhielt für ihre Ausführungen vom Auditorium freundlichen Beifall. Mit deutlichen Worten sprach sie sich gegen Apothekenketten und -konzerne und für die Beibehaltung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes in Deutschland aus. Kritisch äußerte sich Bunge zur Freigabe des Versandhandels (und zum hieraus abgeleiteten dm -Vertriebskonzept) und betonte die gefährliche Entwicklungsdynamik einer Kombination von Versandhandel, Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbotes und - von interessierter Seite geforderten - Deregulierungen im Apothekenbereich. Enttäuscht zeigte sich Bunge von den lückenhaften und kursorischen Antworten, die ihre Fraktion Ende Juli auf eine Kleine Anfrage zum Versandhandel mit Medikamenten von der Bundesregierung erhalten hatte. Diese Bundestagsanfrage blieb bislang ebenso folgenlos wie ein weiterer Antrag, mit dem die Linke bereits vor einem halben Jahr eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln auf sieben Prozent gefordert hatte.
Im Hinblick auf die anstehende Novellierung der Apothekenbetriebsordnung sprach sich Bunge für die Beibehaltung hoher Ausstattungsstandards in Apotheken (Laborpflicht, Mindestgröße) aus und plädierte für einen Ausbau der pharmazeutischen Informations- und Beratungspflichten. Allerdings müssten auch die Bedingungen für diskrete Beratungsgespräche in der öffentlichen Apotheke verbessert werden – eine Forderung, mit der die Vertreterin der Linken bei ABDA und BAK offene Türen einrennt. Die Zukunft des Apothekers sieht Bunge im Ausbau heilberuflicher Kompetenzen in der öffentlichen Apotheke. – Balsam von links für die Apothekerseele! Wer hätte das gedacht?
Dagegen hatten es die Grünen vorgezogen, in Düsseldorf erst gar nicht anwesend zu sein. Was hätte uns Biggi Bender auch sagen sollen? Dass sie – man kennt sich - bei Celesio/Gehe ein- und ausgeht und "Arzneimittel genau so verkauft werden können wie Schuhcreme"? Dass der Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbotes endlich Schluss macht mit den "kleinteiligen Strukturen" im Apothekenbereich und mit Apothekenketten "Wirtschaftlichkeitsreserven von bis zu zwei Milliarden Euro" mobilisiert werden könnten (Das wäre mehr als die Halbierung aller Distributionskosten einschließlich des Großhandels!)? Nein, Sachverstand klingt anders. Man kann sich ob des inhaltlichen Verfalls der Grünen in der Gesundheitspolitik nur die Augen reiben. Die Anbiederung bei Ketten und Konzernen, die Diffamierung kleinteiliger und dezentraler Versorgungsstrukturen und die Umwidmung von Arzneimitteln zu bloßen Konsumgütern nimmt inzwischen bizarre Züge an. Wenn das die ParteigründerInnen gewusst hätten …
So gesehen hatte Biggi Bender gute Gründe, das Düsseldorfer Terrain zu meiden. Schlimm war das nicht. Es gibt ja Alternativen.
Christian Rotta

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