Deutscher Apothekertag 2007

Der schnelle Überblick

Das Wichtigste in Kürze

War war los auf dem Apothekertag? Worum ging‘s im Apothekerparlament? Hier erfahren Sie es kurz und bündig.

Politische Grußworte. Ob Bundes- oder Landespolitiker, ob CDU, CSU, SPD, FDP oder die Linke: Alle äußerten ihre Anerkennung für die Leistungen der Apotheker bei der Umsetzung der Rabattverträge. Auch beim Thema Fremd- und Mehrbesitz war man sich einig: Die inhabergeführte Apotheke ist konzerngelenkten Ketten allemal überlegen. Nur die Grünen sind da wohl anderer Meinung, aber sie waren gleich gar nicht gekommen. Und enttäuschend das Herumeiern der FDP: sie scheint nichts von der NRW-Initiative zu halten, sich für ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel einzusetzen. Driftet die FDP ab?

Lagebericht der ABDA. Nur mit Qualitätswettbewerb und unabhängiger Versorgung wird unser Gesundheitssystem zukunftssicher, nur die frei- und heilberuflich geführte Präsenzapotheke kann die zukünftige Arzneimittelversorgung sicherstellen – so die Botschaft, die ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf in seinem Bericht zur Lage vermitteln wollte. Wolf wehrte sich vehement gegen die Fremdkapitalisierung, gegen Versandhandel und Arzneimittelbelieferung durch Drogeriemärkte. Zustände wie in Norwegen und England dürfen sich nicht in Deutschland etablieren. Pharmazeutische Mehrwertleistungen wie Information und Beratung oder Nacht- und Notdienst können der Versandhandel und der Drogeriemarkt nicht erbringen. Bei den Rabattverträgen forderte der ABDA-Präsident maximale Flexibilität, eine angemessene Vergütung der Apotheker für den Mehraufwand und die Einbeziehung des pharmazeutischen Sachverstands. Politischen Handlungsbedarf sieht er beim Versandhandel und forderte die Unterstützung der Initiative des nordrhein-westfälischen Ministers Laumann, der den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten möchte. Die Presse und Öffentlichkeitsarbeit soll verstärkt, das rote Apotheken-A gestärkt werden.

Geschäftsbericht der ABDA. ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz konnte in seinem Geschäftsbericht nur wenig positive Perspektiven aufzeigen. Langfristig sinkende Apothekerentgelte zeichnen sich ab. Bei den Rabattverträgen tragen die Apotheken die Hauptlast der Umsetzung. Seitz forderte die Einführung der Zielpreisvereinbarung, damit der Apotheker gegebenenfalls ein nicht rabattiertes Arzneimittel abgeben kann, falls es pharmazeutisch geboten ist. Düstere Prognosen auch beim Versandhandelskomplex: Versandhändler arbeiten mit Partnern vor Ort zusammen, bauen Bestell- und Abholstationen auf. Da der Bestell- und Abholservice in Drogeriemärkten möglich ist, ist es nicht mehr ausgeschlossen, dass es künftig Arzneimittel an Tankstellen gibt. Seitz‘ Forderung: Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Kritisch sind auch die Liberalisierungsgedanken auf europäischer Ebene zu sehen. Mit der Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzes ist niemandem gedient. Immerhin – viele Experten prognostizieren der Apothekerposition bei der anstehenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gute Karten, so Seitz. Die inhaber- und heilberuflich geführte niedergelassene Apotheke ist auch weiterhin ein Erfolgsmodell.

Arbeitskreis 1: Leistungen für Patienten und Gesellschaft. Der erste Arbeitskreis ging der Frage nach, was die Apotheker in unserer Gesellschaft für die Patienten leisten können und sollen. Ein Schwerpunkt des Arbeitskreises war die Herstellung von Rezepturen – in Einzelfällen sind hier Verbesserungen auf Seiten der Apotheker notwendig. Das Plenum sprach sich dafür aus, dass Rezepturen jede Apotheke herstellen können muss. Die Apotheke sollte auch in Zukunft nicht darauf verzichten. Bessere Rezepturvorschriften und Qualitätsüberprüfungen sind wünschenswert.

Mehr Verantwortung in der Prävention, auch das könnte eine Zukunftsaufgabe der Apotheker sein, wobei zusätzliche Leistungen honoriert werden müssten. Vorstellbar ist auch, dass der Apotheker eine aktive Rolle bei der Ausstellung von Wiederholungsrezepten spielt. Der Arbeitskreis befasste sich auch damit, ob der Apotheker eine stärkere Rolle bei der Arzneimittelversorgung in der Palliativ-

medizin übernehmen könnte: Aufbau einer Palliativpharmazie.

Arbeitskreis 2: Verbraucherschutz braucht Sicherheit. Zum Verbraucherschutz gehört auch die qualifizierte und wohnortnahe Arzneimittelversorgung. Aber auch die Versandhandelskunden wollen Sicherheit, weshalb man verstärkt über Sicherheitsanforderungen in diesem Bereich diskutieren sollte. Das Urteil des OVG Münster hat Versuche, Versandhandelstätigkeiten näher zu regeln, aufgeweicht. Jetzt können Arzneimittel über Abgabestellen in Drogeriemärkten vertrieben werden. Interessant sei es zu klären, welche Leistungen der Versandhandel nicht bieten könne. Deutlich wurde, dass es letztlich nicht um ein Verbot des Versandhandels per se ginge. Dies sei nur Mittel zum Zweck. Vielmehr sollte das Herauskristallisieren beliebiger Arzneiabgabestellen verhindert werden.

Sorgen über den Rechtsstreit zum Fremdbesitzverbot bildeten einen zweiten Schwerpunkt. Arbeiten in Ketten sei das Umsetzen von Beschlüssen, eigenverantwortliches Arbeiten käme zu kurz. Leichter Optimismus zeigte sich in der Diskussion im Hinblick auf den Ausgang des Urteils beim EuGH zum Fremdbesitzverbot. Ketten führten zu einer vertikalen und horizontalen Konzentration, was nicht gewünscht sei. Auch der Vorschlag, die Niederlassungsfreiheit zu beschränken um den Fremdbesitz zu ermöglichen, sei absurd, weil Apotheker dann enteignet werden müssten.

Grußworte auf der Expopharm-Eröffnung. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, Hermann S. Keller, prangerte die Lieferengpässe an, die es nach wie vor noch bei rabattbegünstigten Arzneimitteln gebe, außerdem die Geheimhaltungsstrategie der Krankenkassen bei den Ergebnissen von Rabattverträgen.

Der Industrie graust es vor der nächsten Runde der Rabattverträge. Für ältere Patienten sei dies ein Angriff auf die Compliance. Der Phagro-Vorsitzende Dr. Thomas Trümper kritisierte, dass Rabattverträge ohne vernünftigen Dialog mit Großhandel und Apotheker zustande gekommen seien. Die Einsparungen der Kassen könnten nur aufgrund der Leistungserbringer Apotheker, Ärzte und Großhandel zustande gebracht werden.

Wie Prof. Dr. Michael Habs, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie, erklärte, müssen Rabattverträge ab einer bestimmten Schwelle europaweit ausgeschrieben werden. Habs prophezeite für die Zukunft steigende Preise. Für Dr. Peter Maag, Verband forschender Arzneimittelhersteller, sind die Rabattverträge in vielen Fällen ein Beleg, Medikamente im Off-label-use zu erstatten.

Der freie Heilberuf des Apothekers soll gestärkt werden. Vor diesem Hintergrund soll eine Anpassung der gesetzlichen Definition des Apothekerberufs an das moderne Berufsbild des Apothekers geprüft werden.

Das Inverkehrbringen gefälschter Arzneimittel wird verurteilt, Behörden und Gerichte werden aufgefordert mit aller Härte gegen derartige Rechtsverstöße vorzugehen.

Das Fremdbesitzverbot muss erhalten bleiben.

Der sich anbahnenden Beliebigkeit von Arzneimittelübergabestellen muss aktiv entgegen getreten werden.

Der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln soll verboten werden.

Der Apotheker soll im Präventionsgesetz verankert werden.

Der Apotheker soll sich stärker in die Versorgungsforschung einbringen, beispielsweise im Rahmen von wissenschaftlichen Symposien.

Rezepturen müssen auch weiterhin in jeder Apotheke hergestellt werden können.

Wenn Ärzte Rezepturen verordnen, sollten sie verstärkt standardisierte Rezepturen fördern.

Der Apotheker soll in Zukunft eine deutliche Rolle im palliativen Netzwerk spielen und stärker in die Palliativmedizin eingebunden werden (Fort- und Weiterbildung).

Die Hauptversammlung konnte sich nicht dazu entschließen, die Gründung einer Stiftung "Arzneimitteltest deutscher Apotheker" auf den Weg zu bringen.

An einen Ausschuss verwiesen wurde der Antrag, der sich dafür aussprach, dass sich Apotheker verstärkt in die evidenzbasierte Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln einbringen sollen.

Es soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die wirksame Instrumente zur Beobachtung des Selbstmedikationsmarktes entwickelt. Sinn ist es, Möglichkeiten zur Bewertung von Nutzen, Risiko, Risikominimierung der Präparate zu finden und die Transparenz gegenüber Verbrauchern zu verbessern.

Die Arzneimittelhersteller sollen aufgefordert werden, die Verfügbarkeit benötigter Arzneimittel sicherzustellen, um die Patienten zeitnah und ohne Therapiegefährdung versorgen zu können.

An einen Ausschuss ging der Antrag, dass die Behörden Einrichtungen, in denen Zytostatika hergestellt werden, besser überprüfen und überwachen sollen.

Der Gesetzgeber soll verbindliche Angaben zur Teilbarkeit und zur weiteren Verarbeitung von festen Arzneiformen in der Gebrauchs- und Fachinformation vorschreiben.

Die Deklaration von Daten auf Arzneimittel- und Medizinproduktepackungen soll einheitlich erfolgen (Verfalldatum, Chargennummer, PZN etc.).

Ein Ausschuss soll sich damit beschäftigen, ob das Aufbringen der Gebrauchsanweisung bei allen verordneten Arzneimitteln vorgeschrieben werden soll.

Arzneimittel zur Versorgung von Krankenhäusern sollen besonders gekennzeichnet werden.

Ein Projekt zur EDV-gestützten Pharmakovigilanz soll evaluiert und umgesetzt werden: Das Verfahren soll Daten zu Arzneimittelnebenwirkungen und -wechselwirkungen sammeln.

Die Rolle des Apothekers im Krankenhaus soll ausgebaut werden (Mitwirkung auf Station).

Wettbewerbsbedingungen im Gesundheitswesen sollen für alle Leistungserbringer fair strukturiert werden.

Beim Abschluss von Rabattverträgen sollen die Krankenkassen die Lieferfähigkeit der Hersteller besser beachten. Außerdem werden die Kassen aufgefordert, Zielpreisvereinbarungen abzuschließen.

Durch Rabattverträge darf die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung nicht gefährdet werden, die Versorgung chronisch Kranker darf nicht leiden.

Außerdem werden die Krankenkassen aufgefordert, den Apotheken die Mehrbelastungen aufgrund der Abgabe rabattierter Arzneimittel zu erstatten.

Die universitäre Ausbildung soll den geänderten naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen angepasst werden. Das Fach Klinische Pharmazie soll zur Verbesserung der Patientensicherheit beitragen. Und die kooperative Ausbildung mit anderen Heilberufen soll gestärkt werden.

Kein Gehör fand ein Antrag, der beabsichtigte, die Tätigkeit als Apothekenleiter an zusätzliche Zulassungsvoraussetzungen zu knüpfen.

Der Deutsche Apothekerverband soll sich dafür einsetzen, dass das Apothekerhonorar erhöht wird. Außerdem sollte der Betrag für die Abgabe von Betäubungsmitteln angemessen erhöht werden ebenso wie die Abgabepreise für in Apotheken hergestellte Rezepturen.

Apotheker sollen mit sozialen Netzwerken zusammenarbeiten. Ältere Apothekerinnen und Apotheker könnten sich in Seniorenbeiräte wählen lassen.

Die Kommunikation nach außen soll durch verschiedene Kampagnen gestärkt werden, um den Mehrwert der Apotheke herauszustellen.

Und last but not least: Die Bundesapothekerkammer soll sich dafür einsetzen, dass unsere Approbationsurkunden ein hübscheres Design bekommen. diz

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