Prisma

Diagnostik MP3-Player statt Stethoskop

Bei einem Kind mit familiärer Hypercholesterinämie ist mindestens ein Elternteil ebenfalls von dem Gendefekt betroffen. Da die Erkrankung keine Beschwerden verursacht und junge Erwachsene meist keinen Anlass sehen, ihre Cholesterinwerte untersuchen zu lassen, besteht die Gefahr, dass der Gendefekt erst erkannt wird, wenn eine Atherosklerose mit den verbundenen Organschäden vorliegt. Die Betroffenen haben – unbehandelt – ein bis zu 100fach erhöhtes Sterberisiko im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Das Screening der Kinder ist aus Sicht von David Wald vom Wolfson Institute of Preventive Medicine in London nicht nur für sie selbst sinnvoll, sondern derzeit auch ein guter Weg, um an die Eltern zu kommen. Auf lange Sicht könnten so alle Erkrankten bereits im Kindesalter erfasst werden. ral

Quelle: Wald, D., Brit. Med. J.: Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1136/bmj.39300.616076.55

Wissenschaftler der Harvard Universität haben gemeinsam mit Kollegen aus Leipzig herausgefunden, dass in viszeralem Fett das Protein RBP4 in höherer Konzentration gebildet wird als in Unterhautfettgewebe. Die Forscher analysierten Blutproben von 196 adipösen und normalgewichtigen Probanden. Dabei stellten sie fest, dass die Gene für RBP4 bei adipösen Studienteilnehmern mit hohem viszeralem Fettanteil bis zu 60 Mal aktiver waren als bei den Kontrollpersonen. Bei adipösen Probanden, deren Fett vor allem unter der Haut lokalisiert war, war die Genaktivität dagegen nur 12 Mal so aktiv. Die Studienautoren sehen in RBP4 einen guten Indikator für die Ermittlung des viszeralen Fettanteils und des damit verbundenen Risikos für Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall bei Übergewichtigen. ral

Quelle: Blüher, M. et al.: Cell Metabolism 6, 79-87 (2007).

Das veränderte Genmuster wirkt sich vor allem auf die Arbeit des Immunsystems negativ aus – was erklären würde, warum einsame Menschen häufiger krank sind als sozial gut integrierte Personen. Den Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Genaktivität haben Forscher von der Universität Kalifornien bei 14 Probanden festgestellt. Die Studienteilnehmer wurden anhand eines Fragebogens als sozial integriert oder einsam eingestuft und ihr Blut untersucht. Bei einsamen Menschen werden demnach Gene, die Entzündungen auslösen können, häufiger abgelesen, wohingegen Gene, die an der Virenabwehr beteiligt sind, schwächer reagieren. Noch ist aber unklar, ob das veränderte Genmuster einsam macht, oder Einsamkeit die Genaktivität verändert. ral

Quelle: Cole, S. et al.: Genome Biology 8, R189 (2007).

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler um Amy Kistler von der Universität Kalifornien Nasensekret von 53 Asthmatikern und 30 Kontrollpersonen, die alle unter einer Erkältung litten. Wie erwartet, fanden sich bei den Probanden vor allem Rhinoviren. Insgesamt 29 bereits bekannte Rhinoviren zählten die Studienautoren. Darüber hinaus entdeckten sie fünf bislang unbekannte Rhinoviren-Subtypen. Außerdem stießen die Forscher auf zwei erst kürzlich beschriebene Viren aus der Familie der Coronaviren, die bislang noch nicht mit Erkältungen in Verbindung gebracht worden waren. Zwei andere Coronaviren, die als Hauptvertreter dieser Virusgruppe bei Atemwegsinfektionen galten, kamen dagegen so gut wie gar nicht bei den Probanden vor. Interessant ist laut den Studienautoren vor allem die Feststellung, dass einer der neu entdeckten Coronaviren hauptsächlich bei Asthmatikern gefunden wurde. Für Asthmatiker sind Erkältungen besonders problematisch, da sie die Asthmasymptome verschlimmern. Die Erkenntnis, welche Virenarten bei Asthmapatienten im Rahmen einer Erkältung vorkommen und welche eher nicht, könnte zu neuen Strategien in Prävention und Therapie führen. Der Zusammenhang soll daher nun in weiteren Studien mit einer größeren Probandenzahl erforscht werden. ral

Quelle: Kistler, A. et al.: J. Infect. Diseas. 196, 817 (2007).

Bei freiwilligen Probanden testeten Neil Skjodt und William E. Hodgetts von der University of Alberta die Verwendbarkeit eines MP3-Players als Diagnoseinstrument. Indem sie den MP3-Player mit der Mikrofonöffnung zur Haut an den Brustkorb der Probanden setzten, konnten sie deren Atemgeräusche aufzeichnen. Die Analyse der Aufnahmen zeigte, dass jede ihre eigene spektrale Signatur aufwies. "Qualität, Klarheit und Reinheit der lauteren Geräusche waren besser als bei allem, was ich jemals durch ein Stethoskop gehört habe”, kommentierte Skjodt den Versuch vor Kurzem auf der Jahrestagung der European Respiratory Society in Stockholm. Ein weiterer Vorteil der digitalen Aufnahme sei, dass man sie mehrmals anhören, gemeinsam mit Kollegen diskutieren und zur elektronischen Krankenakte eines Patienten hinzufügen könne. Die elektronische Verarbeitung komplexer Geräusche bereitete den Medizinern allerdings Probleme. Auch eine Reihe angehender Lungenfachärzte, denen die Aufnahmen vorgespielt wurden, hatten Schwierigkeiten mit dem Erkennen der Geräusche. Pfeifen und andere einfache Geräusche erkannten die Jungmediziner problemlos, mit komplizierten oder leisen Atemgeräuschen taten sie sich jedoch schwer. Allerdings galt dies auch für die Arbeit mit dem herkömmlichen Stethoskop. Die Tatsache, dass jüngere Mediziner und Medizinstudenten mit dem Gebrauch des Stethoskops nur noch unzureichend vertraut sind, war ursprünglich der Anlass für den Versuch mit dem MP3-Player. Auch im Falle des "MP3-Stethoskops” sei wohl ein spezielles Training nötig, räumt Skjodt ein. Die übrigen Vorzüge sind seiner Ansicht nach jedoch so attraktiv, dass er weitere MP3-Versuche mit anderen Körpergeräuschen durchführen will. ral

Quelle: Skjodt, N. M., Hodgetts, W. E.: Präsentation auf der Jahrestagung der European Respiratory Society, Stockholm; #E1632

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